selbst gedacht ...
DIE EVANGELISCHE FASTENAKTION „7 WOCHEN OHNE"
Mehr als drei Millionen Menschen lassen sich jährlich mit „7 Wochen Ohne“, der Fastenaktion der evangelischen Kirche, aus dem Trott bringen. Sie verzichten nicht nur auf Schokolade oder Nikotin, sondern folgen der Einladung zum Fasten im Kopf: sieben Wochen lang die Routine es Alltags hinterfragen, eine neue Perspektive einnehmen, entdecken, worauf es ankommt im Leben. Seit mehr als 30 Jahren lädt „7 Wochen Ohne“ dazu ein, die Zeit zwischen Aschermittwoch und Ostern bewusst zu erleben und zu gestalten. Dieses Jahr unter dem Motto: "Selber denken! - Sieben Wochen ohne falsche Gewissheiten“.
Immer auf das Bauchgefühl zu hören, das gilt als unreflektiert. Auf unseren Kopf verlassen wir uns dagegen ganz gerne. Wer vor dem Reden das Gehirn einschaltet, wie es ein alter Kalauer empfiehlt, weiß, was er sagt und tut.
Das aber ist gar nicht so gewiss: Wie viele ungeprüfte Gemeinplätze lagern da so in unserem Oberstübchen? Worauf berufen wir uns, wenn wir bekannte Regeln und Argumente zitieren? Bahnfahren ist ökologisch sauberer als Autoverkehr, Kinder verbringen zu viel Zeit am Bildschirm und von Süßigkeiten bekommt man Pickel – das klingt alles richtig und ist schnell mehrheitsfähig. Aber stimmt das – und wie will ich das selber handhaben?
Selber denken!7 Wochen ohne falsche Gewissheiten – das Motto klingt so selbstverständlich, erweist sich aber in der Praxis als Herausforderung. Denn wenn wir uns in der Fastenzeit darin üben wollen, geht es nicht um sieben Wochen Vernunftherrschaft. Es kann, im Gegenteil, ganz schön unvernünftig sein, selber zu denken. Das Bild vom „Denken ohne Geländer“ hat Hannah Arendt geprägt. Es kann nämlich durchaus gefährlich sein, Denkverbote zu ignorieren und den Chef auf einen Fehler hinzuweisen. Mut braucht es auch, Gewohnheiten und Traditionen infrage zu stellen – im Job, in der Familie oder in der Kirche. Und wer gern nörgelt über zu wenig Grün in der Stadt oder blöde Kandidaten zur Wahl, sollte mal den Zuschauerraum verlassen und selber etwas auf die Beine stellen. Dafür muss man den eigenen Kopf gebrauchen – und zunächst mal einen haben!
Das Geländer vermeintlicher Gewissheiten, kritisch geprüft, erweist sich gelegentlich als morsch – und verzichtbar. Das können wir riskieren, weil wir uns auch freihändig gehalten wissen dürfen: Zur Freiheit hat uns Christus befreit! So steht nun fest und lasst euch nicht wieder das Joch der Knechtschaft auflegen!, ruft Paulus seinen Gemeinden zu (Gal 5,1). In dieser Freiheit können sich nicht nur neue Denkräume öffnen, sondern auch Spielraum für Worte und Taten.
So geht es dabei um einen neuen, eigenen Blick auf die Dinge – um vielleicht denkend sich selber und die Welt neu zu entdecken. In gut aufklärerischer Tradition heißt das: „Ich denke, also bin ich“ (René Descartes). Die Bibel benennt es noch existenzieller: Mehr als auf alles andere achte auf deine Gedanken, denn sie entscheiden über dein Leben (Sprüche 4,23). Wir wünschen Ihnen dafür Entdeckergeist, Ketzermut und viel Freude an eigenen Denk-Abenteuern!
Arnd Brummer, Geschäftsführer der Aktion „7 Wochen Ohne“
SELBER DENKEN ! - siehe dazu auch das verwandte Kirchentagsmotto 2015:"damit wir klug werden" ...
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7 Wochen Ohne - Was ist das ... ???
7 Wochen Ohne ist eine bundesweite Fastenaktion der Evangelischen Kirche in Deutschland, die jedes Jahr in der Passionszeit stattfindet. Sie beginnt stets am Aschermittwoch und endet immer am Ostersonntag. Die Fastenaktion gilt in Deutschland mit jährlich mehr als 2 Millionen Teilnehmern als bekannteste kirchliche Aktion nach Brot für die Welt.
1983 beschloss in Hamburg eine Gruppe von Journalisten und Theologen, sieben Wochen lang – von Aschermittwoch bis Ostern – zu fasten. Auf einen Aufruf in einer Kirchenzeitung der Nordelbischen Evangelisch-Lutherischen Kirche meldeten sich 70 Teilnehmer. Ein Jahr später nahmen 300 Menschen teil. Die Idee breitete sich rasch aus, so dass die Koordination 1992 von der Nordelbischen Evangelisch-Lutherischen Kirche an das bundesweit tätige Gemeinschaftswerk der Evangelischen Publizistik in Frankfurt am Main übertragen wurde. 1989 beteiligten sich bereits rund 500.000 Menschen an der kirchlichen Fastenaktion.
Mittlerweile nehmen laut einer Emnid-Umfrage jährlich mehr als 3 Millionen Menschen in Deutschland an der Fastenaktion „7 Wochen Ohne“ teil, wobei die Gesamtzahl der Bundesbürger, die während der Fastenzeit auf bestimmte Nahrungs- und Genussmittel verzichten wollen, gemäß einer forsa-Umfrage von 2007 für das Magazin stern bei rund 11,5 Millionen Menschen liegt.
Das Gemeinschaftswerk der Evangelischen Publizistik organisiert, betreut und unterstützt die Fastenaktion, zum Beispiel durch Medieninformationen, Fastenkalender, Fastenbegleitbriefe und weitere Materialien sowie durch einen eigenen Internetauftritt. Seit 1983 haben sich in Kirchengemeinden, Schulen und Vereinen Tausende von Fastengruppen gebildet, die sich mit lokalen Angeboten an der Aktion beteiligen. Über die jährliche Fastenaktion wird regelmäßig in den Medien berichtet, wie zum Beispiel in Rundfunk-, Fernseh- und Zeitungsbeiträgen.
Nachdem von den Reformatoren das Fasten ganz oder doch zumindest als gutes Werk (vgl. Rechtfertigung) abgelehnt wurde, war der Brauch in den protestantischen Kirchen über die Jahrhunderte in Vergessenheit geraten. Die Aktion hat die ursprünglich gemeinchristliche Tradition im deutschen Protestantismus wieder populär gemacht.
Ziele
Ziel ist die bewusste Gestaltung der Passionszeit. Die Aktion lädt Menschen ein, Alltagsgewohnheiten zu überdenken: Sie verzichten zum Beispiel auf Genussmittel wie Alkohol, Nikotin oder Süßigkeiten oder andere Bequemlichkeiten wie Fernsehkonsum, Fertiggerichte oder Internet. Dadurch schaffen sie Platz für Veränderungen, entwickeln neue Perspektiven und stellen fest, was Lebensqualität ausmacht. Ein weiteres Motiv ist, durch Konsumverzicht Solidarität mit Benachteiligten zu zeigen. Dabei folgt die Aktion der Einsicht „Weniger ist mehr“ und stellt heraus, „7 Wochen OHNE sind auch 7 Wochen MIT“. Denn wo Verzicht ist, sei auch Platz für Neues.
Unterschiede zur römisch-katholischen Fastentradition
Im Gegensatz zur römisch-katholischen Tradition ist das Fasten in den protestantischen Kirchen nicht mit dem Bußsakrament verbunden. Damit fehlt der Heil stiftende Charakter der Buße und mithin die allgemeine Verpflichtung für die Gemeindemitglieder, am Fasten teilzunehmen. Gleichwohl hat die Passionszeit als Zeit der Besinnung und innerer Einkehr ihre Bedeutung in der protestantischen Welt bis heute behalten.
Die Aktion 7 Wochen Ohne steht in dieser Tradition. Sie unterscheidet sich vom traditionellen römisch-katholischen Fastengebot darin, dass es zum einen keine konkreten (Speise-)Vorschriften und zum anderen keine allgemeine Verpflichtung zur Teilnahme gibt. Der Fastenbegriff ist weiter gefasst und beschränkt sich nicht darauf, auf bestimmte Speisen und Genussmittel zu verzichten (traditionell tierische Produkte wie Fleisch und Milch sowie Speiseöl). Er wird ausgedehnt auf die Enthaltsamkeit von persönlichen Gewohnheiten, auf das Umwerfen der eigenen Ordnung im Alltag, um sich frei zu machen von den Zwängen des Alltags, um das eigene Leben neu auf die eigenen inneren Wertvorstellungen und auf Gott auszurichten. Weil es den einzelnen Gläubigen freigestellt ist zu fasten, ist die Teilnahme an der Fastenaktion freiwillig.
Wirkungsgeschichte
Als Ergänzung zur evangelischen Aktion „7 Wochen ohne“ hat die Selbständige Evangelisch-Lutherische Kirche die dezidiert ökumenisch ausgerichtete Aktion „7 Wochen mit“ gestartet. Diese Aktion versteht sich nicht als Konkurrenz, sondern als Weiterentwicklung der evangelischen Fastenaktion. Ziel der Aktion „7 Wochen mit“ ist es, den Fokus weniger auf den Verzicht, sondern auf den Inhalt der Passion Christi zu lenken. Ähnlich verhält es sich mit der Aktion „7 Wochen anders leben“ des ökumenischen Vereins Andere Zeiten in Hamburg. Er verschickt wöchentliche Fastenbriefe und betreibt jeweils von Aschermittwoch bis Ostern eines der bundesweit größten Internetforen zum Thema Fastenzeit. (WIKIPEDIA)