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Dresdner Rede 2012 | Ingo Schulze | Eine Partikelschau | Folge 7

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Am 26. Februar 2012 - also vor gut einem Jahr - hat der Schriftsteller Ingo Schulze im Rahmen der “Dresdner Reden 2012” im Dresdner Schauspielhaus eine Rede unter der Überschrift “Unsere schönen neuen Kleider | Gegen die marktkonforme Demokratie – für demokratiekonforme Märkte” gehalten. Die vollständige Rede gibt es als pdf bei den Nachdenkseiten zum Download. Die 26 Seiten durchzulesen lohnt sich auf jeden Fall. Ingo Schulze übernimmt in diesem Text die Rolle des Kindes aus dem Märchen “Des Kaisers neue Kleider”, das ausruft: “Aber der hat doch nichts an”. Er spricht eine Wahrheit aus, die niemand gern hören will. 
Ich werde auch in den nächsten Tagen plakativ einige Kernsätze dieser Rede hier ins Blog posten und mit meinen Möglichkeiten versuchen, sie zu illustrieren ... - einfach um Sie neugierig zu machen - aber auch um Sie aufzuschrecken, denn klammheimlich scheint es unserer noch jungen Demokratie in Deutschland an den Kragen zu gehen ...

Beispiele für die "neuen Kleider" unseres Gemeinwesens ließen sich auf jedem Gebiet unseres Lebens finden. Es gibt kaum einen Bereich, der vor der Privatisierung und damit vor derKommerzialisierung, also vor Gewinnstreben, geschützt wäre.
 Besonders bitter ist das im Gesundheitswesen und in der Bildung. Die neuen Selbstverständlichkeiten, die zu Beginn der neunziger Jahre zur Hegemonie gelangten, gelten heute unverändert weiter. Aus einer Welt ohne Alternative leitet sich eine Politik ab, die den logischen Unsinn von „alternativlosen Entscheidungen“ propagieren darf. 
 Mit Märkten sind doch in diesem Fall die Börsen und Finanzmärkte gemeint, damit also jene Akteure, die im eigenenInteresse oder im Auftrag anderer spekulieren, um möglichst viel Gewinn zu machen. 
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Sind das nicht jene, die das Gemeinwesen um unvorstellbare Milliarden erleichtert haben? Um deren Vertrauen sollen unsere obersten Volksvertreter ringen? 
Eigentlich muss man Angela Merkel dafür dankbar sein, dass ihr der Begriff der„marktkonformen Demokratie“ entschlüpft ist. Denn damit hat sie unsere demokratische Verfasstheit auf den Punkt gebracht. Die Analogie zu Putins „gelenkter Demokratie“ erleichtertdas Verstehen. 
Wären die großen Medien aufmerksamer gewesen, hätten sie die Bundeskanzlerin bitten können, diesen Begriff zu erklären. Aber nicht einmal das wurde ihr abverlangt. MarktkonformeDemokratie ist das allerschönste unserer neuen demokratischen Kleider, an dem öffentlich meines Wissens noch niemand Anstoß genommen hat. 
Es gilt als Selbstverständlichkeit, dass die Demokratie auf den Kopf gestellt wird. Müssten nicht die Akteure an den Börsen versuchen, das Vertrauen des Gemeinwesens zurückgewinnen? Undgeht es nicht statt um marktkonforme Demokratie um demokratiekonforme Märkte?Demokratiekonforme Märkte wären Märkte, auf denen eben nicht alles erlaubt sein darf, was Geld bringt, vom dubiosen Finanzprodukt bis zur Spekulation mit Lebensmitteln. 
Das auszusprechen entlarvt mich – Sie wissen es bereits – als "unverzeihlich dumm", von meiner Eignung zu einem Amte ganz zu Schweigen.

Ingo Schulze in der "Dresdner Rede 2012" 
(Fortsetzung folgt)



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