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Der Theologe Klaus-Peter Jörns zu
TOD UND AUFERSTEHUNG
Gedanken zu Karfreitag-Nachmittag und Ostermorgen
Was unsere Zukunft angeht, ist für mich entscheidend, dass zusammen mit dem sich entfaltenden Geist auch die gelebte Liebe nicht verloren geht, wenn wir sterben. Denn unsere Angst vor dem Tod hängt mit der Angst zusammen, es könnte wirklich »alles aus sein«, nichts bleiben von Liebe und Geist, wenn (geliebte) Menschen sterben und verwesen (oder verbrannt werden).
S!NEDi|photo|graphic: Karfreitag - Todesstunde |
Betrachten wir die Abfolge, in der biologisches Leben wird, stirbt und neu wird, können wir die Hoffnung denken, dass sich auch in unserem Sterben eine Metamorphose vollzieht. In ihr wird alles vergehen, was konkrete »leibliche« Gestalt geworden ist. Die Gestalt schaffenden Potenzen Geist und
Liebe aber werden nicht vergehen, sondern mitwirken an der Entstehung neuer Gestalten von Leben »danach«. Sie sind ja die Kraft, aus der »alles« geworden ist.
Für diese gewisse Zuversicht steht für mich »Auferstehung« als bewegtes Bild. Auferstehung ist also Teil der Creatio continua des Geistes. Deshalb kann sie nicht in den sterblichen Leibern dieses Lebens gedacht werden (1. Korinter 15,42). Eine leibliche Auferstehung retten zu wollen, indem man ein undenkbares Geschehen als »Geheim« bezeichnet, nimmt die Schöpfung nicht ernst.
Denkt man Auferstehung als fortdauernde Schöpfung, kann man aber darauf vertrauen, dass auch alles, was in einem sterblichen Leben unvollendet geblieben ist, »nur« gedacht, erhofft und ersehnt worden ist, nicht verloren geht, sondern zu dem gehört, was ein Mensch als seinen Beitrag in die Evolution des Geistes einbringen wird. Auferstehung sorgt also dafür, dass wir nicht auf ewig auf das festgelegt bleiben, was wir verwirklicht oder erreicht haben. Denn das ist nur eine Perspektive.
Aperspektivisch verstanden ist Auferstehung das Entweichen aus jeder endgültigen Festlegung von Menschen und Bedeutungen, die wir mithilfe unserer Wertskalen und Bedeutungsspektren vornehmen. Und in diesem Sinn ist es wirklich zeichenhaft zu nehmen, dass trotz der erfolgten Grablegung kein Leichnam Jesu dingfest gemacht und zur Anbetung eingemauert wurde.
Wohin sein Leichnam auf der Erde auch gekommen und wo er verwest sein mag - das »leere Grab« signalisiert, dass die Menschwerdung des Menschen über den Tod der irdischen Lebensgestalt hinaus weitergeht, weil wir »eingebettet« bleiben in die Evolution des Geistes. So besehen sind alle unsere Gräber als Kenotaphe zu verstehen, als Grabdenkmäler für Menschen, die anderswo »eingebettet« sind.
»Vater, in deine Hände befehle ich meinen Geist« (Lukas 23,46), war eins der letzten Worte Jesu am Kreuz. Es sagt, wohin wir »gehen«.
Wenn bildhaft von Jesu Auferstehung und schließlich seiner Auffahrt geredet wird, so geht es zuerst darum, die Grenze zu durchbrechen, die von Jesu Gegnern mit seiner Hinrichtung gezogen werden sollte. Das Kreuz sollte Jesus nicht nur töten, sondern sollte ihn - der Titulus »Jesus der Nazarener, König der Juden« spricht davon - auf die Sicht seines Todes »festnageln«, die seine Richter hatten: dass er als Hochverräter und religiöser Aufrührer zu Recht verurteilt worden ist. Dem ist er durch die Auferstehung entkommen.
S!NEDi|photo|graphic: Ostermorgen: Jemand hat den Stein vom Grab weg gewälzt ... |
Theologisch sollte dieser Tod durch die Sicht der apostolischen Tradition auch festgelegt werden: als Sühnegeschehen. Dieser einseitigen Festlegung ist er durch die mit der Kreuzestheologie konkurrierende Theologie der Menschwerdung des außerweltlich gedachten Gottes entgangen. In dieser Theologie ist der Tod, den Jesus gestorben ist, die letzte Beglaubigung seines Menschseins. Denn wäre er nicht gestorben, wäre er auch kein Mensch gewesen.
Insofern mit dem Wort Auferstehung aber die Vorstellung vom Aufstehen eines Leibes vom Totenlager im Grab verbunden ist, ist der Begriff nicht mehr hilfreich. Denn er bindet die Zuversicht im Blick auf eine Metamorphose wieder an irdische Gestalt zurück. Deshalb ist es angemessener, einen Begriff zu benutzen, der in eine offene Zukunft weist: »Wir werden verwandelt werden« (1. Korinther 15,52).
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EIN BESINNLICHES OSTERFEST
S!NEDI|photo|graphic: Ostermorgen - "Auferstehung" |
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Klaus-Peter Jörns |
Der Text meines diesjährigen
Impulses zum Osterfest
stammt aus dem Buch:
Klaus-Peter Jörns
UPDATE FÜR DEN
GLAUBEN
Denken und leben können,
was man glaubt
Gütersloher Verlagshaus 2012