CORNELIUS GURLITT IST TOT
Cornelius Gurlitt ist im Alter von 81 Jahren in München gestorben. Sein Vater, der in Geschäfte mit den Nationalsozialisten verwickelt war, hatte ihm eine spektakuläre Kunstsammlung vermacht. Vor Wochen sagte er dem SPIEGEL: "Mehr als meine Bilder habe ich nichts geliebt in meinem Leben".
Über die Beschlagnahmung der Gemälde in seiner Wohnung sagte Gurlitt damals: "Die hätten doch warten können mit den Bildern, bis ich tot bin."
Nun ist es also soweit: Der Kunstsammler Cornelius Gurlitt ist tot. Er starb am Dienstagvormittag in seiner Wohnung in München-Schwabing. Ein Arzt und ein Pfleger waren bei ihm. Gurlitt war seit Monaten schwerkrank - nachdem der ganze Trubel über ihn hereingebrochen ist. Er wurde 81 Jahre alt.
Erst Anfang April hatte Gurlitt der Bundesregierung und dem Freistaat Bayern vertraglich zugesichert, seine Sammlung von Experten untersuchen zu lassen und unter Nazi-Raubkunstverdacht stehende Werke gegebenenfalls zurückzugeben. Daraufhin hatte die Staatsanwaltschaft sämtliche beschlagnahmten Gemälde wieder freigegeben - allerdings sind sie nicht mehr zu dem alten Herrn zurückgekehrt ...Gurlitt starb, ohne seine geliebte Kunstsammlung noch einmal gesehen zu haben.
Wenn Kulturstaatsministerin Monika Grütters (CDU) nun Gurlitt - nach seinem Tod - für seine Rolle beim Schwabinger Kunstfund würdigt - : Er habe noch jüngst der Provenienzrecherche und freiwilligen Rückgabe von Werken aus seiner Sammlung zugestimmt,und mit diesem Bekenntnis zur moralischen Verantwortung habe Gurlitt ein Zeichen für faire und gerechte Lösungen bei der Rückgabe von NS-Raubkunst gesetzt - so bleibt doch ein schaler Beigeschmack, denn Gurlitt war seit der Hausdurchsuchung ein gebrochener, hilfloser Mann.
Am 28. Februar 2012 waren unter Führung der Augsburger Staatsanwaltschaft Dutzende Ermittler und Experten in Gurlitts Wohnung in München gekommen und hatten 1280 Bilder beschlagnahmt.
Hintergrund der Durchsuchung war eine Routine-Kontrolle gewesen. Zollbeamte hatten bei Gurlitt 9000 Euro gefunden, als er aus der Schweiz nach München zurückkehrte. Doch die Vorwürfe gegen ihn, er habe beim Verkauf von Bildern im Ausland Steuern hinterzogen, konnte die Staatsanwaltschaft trotz großem Aufwand inklusive Telefonüberwachung und Observation nicht wirklich erhärten. Anfang April hoben die Ermittler die Beschlagnahme der Kunstsammlung dann schließlich wieder auf. Der fast zweijährige Entzug der Bilder war nach Expertenmeinung zumindest unverhältnismäßig, wenn nicht gar rechtswidrig gewesen.
Die Vereinbarung zwischen Gurlitt, dem Freistaat Bayern und der Bundesregierung ist allerdings weiter gültig, sie dürfte auf die Erben Gurlitts übergehen.
Doch wer sind diese Erben? Ob Gurlitt, der nach dem Tod seiner Schwester keine direkten Angehörigen mehr hatte, seine entferntere Verwandtschaft bedacht hat, blieb zunächst offen. Im Umfeld Gurlitts heißt es, dass der Kunstsammler ein notariell beglaubigtes Testament hinterlassen habe - in dem vor allem eine "Institution in der Schweiz" begünstigt würde.
Wenn dem so sein sollte, beginnt jetzt in dem komplizierten Fall ein ganz neues Kapitel. Und es ist noch viel zu tun. Bislang wurde noch kein einziges der Bilder, bei dem sich ein Raubkunst-Verdacht bestätigt hat, zurückgegeben. Die Suche nach Gerechtigkeit hat gerade erst angefangen.
Mit seinem Tod endet nun auch das Ermittlungsverfahren, heißt es in einer Mitteilung, die unter anderem von Gurlitts Sprecher unterzeichnet ist.
Bis er in das Zentrum der wohl spektakulärsten Kunstsensation der vergangenen Jahrzehnte geriet, hatte Gurlitt ein zurückgezogenes Leben in seiner Schwabinger Wohnung und seinem Haus in Salzburg geführt - wo weitere wertvolle Kunstgegenstände gefunden wurden.
"Mehr als meine Bilder habe ich nichts geliebt in meinem Leben", sagte Gurlitt Ende 2013 im Gespräch mit dem SPIEGEL. Die Aufregung um seine Person konnte er nicht nachvollziehen: "Ich bin doch nicht Boris Becker, was wollen diese Menschen nur von mir? Ich bin doch etwas ganz Stilles. Ich habe doch nur mit meinen Bildern leben wollen."
Erbe einer spektakulären Kunstsammlung
Gurlitt war der Sohn des Kunsthändlers Hildebrand Gurlitt. Der hatte nach 1933 Geschäfte mit den Nationalsozialisten gemacht - und seinem Sohn eine spektakuläre Sammlung von Kunstwerken vermacht. Im Februar 2012 war diese in der 100 Quadratmeter großen Schwabinger Wohnung von Cornelius Gurlitt gefunden und beschlagnahmt worden. Unter den rund 1300 Werken waren auch Bilder von Marc Chagall, Max Beckmann, Franz Marc, Pablo Picasso und Henri Matisse. Bis Ende dieses Jahres sollte die Herkunft der Gemälde weitgehend erforscht sein.
"Ich bin doch etwas ganz Stilles"...
Unter Verwendung von Textpassagen aus: SPIEGEL-ONLINE | aar/dpa/AFP/Sven Röbel und Michael Sontheimer
Cornelius Gurlitt + | S!NEDi|photo|graphic |
Cornelius Gurlitt ist im Alter von 81 Jahren in München gestorben. Sein Vater, der in Geschäfte mit den Nationalsozialisten verwickelt war, hatte ihm eine spektakuläre Kunstsammlung vermacht. Vor Wochen sagte er dem SPIEGEL: "Mehr als meine Bilder habe ich nichts geliebt in meinem Leben".
Über die Beschlagnahmung der Gemälde in seiner Wohnung sagte Gurlitt damals: "Die hätten doch warten können mit den Bildern, bis ich tot bin."
Nun ist es also soweit: Der Kunstsammler Cornelius Gurlitt ist tot. Er starb am Dienstagvormittag in seiner Wohnung in München-Schwabing. Ein Arzt und ein Pfleger waren bei ihm. Gurlitt war seit Monaten schwerkrank - nachdem der ganze Trubel über ihn hereingebrochen ist. Er wurde 81 Jahre alt.
Erst Anfang April hatte Gurlitt der Bundesregierung und dem Freistaat Bayern vertraglich zugesichert, seine Sammlung von Experten untersuchen zu lassen und unter Nazi-Raubkunstverdacht stehende Werke gegebenenfalls zurückzugeben. Daraufhin hatte die Staatsanwaltschaft sämtliche beschlagnahmten Gemälde wieder freigegeben - allerdings sind sie nicht mehr zu dem alten Herrn zurückgekehrt ...Gurlitt starb, ohne seine geliebte Kunstsammlung noch einmal gesehen zu haben.
Wenn Kulturstaatsministerin Monika Grütters (CDU) nun Gurlitt - nach seinem Tod - für seine Rolle beim Schwabinger Kunstfund würdigt - : Er habe noch jüngst der Provenienzrecherche und freiwilligen Rückgabe von Werken aus seiner Sammlung zugestimmt,und mit diesem Bekenntnis zur moralischen Verantwortung habe Gurlitt ein Zeichen für faire und gerechte Lösungen bei der Rückgabe von NS-Raubkunst gesetzt - so bleibt doch ein schaler Beigeschmack, denn Gurlitt war seit der Hausdurchsuchung ein gebrochener, hilfloser Mann.
Am 28. Februar 2012 waren unter Führung der Augsburger Staatsanwaltschaft Dutzende Ermittler und Experten in Gurlitts Wohnung in München gekommen und hatten 1280 Bilder beschlagnahmt.
Hintergrund der Durchsuchung war eine Routine-Kontrolle gewesen. Zollbeamte hatten bei Gurlitt 9000 Euro gefunden, als er aus der Schweiz nach München zurückkehrte. Doch die Vorwürfe gegen ihn, er habe beim Verkauf von Bildern im Ausland Steuern hinterzogen, konnte die Staatsanwaltschaft trotz großem Aufwand inklusive Telefonüberwachung und Observation nicht wirklich erhärten. Anfang April hoben die Ermittler die Beschlagnahme der Kunstsammlung dann schließlich wieder auf. Der fast zweijährige Entzug der Bilder war nach Expertenmeinung zumindest unverhältnismäßig, wenn nicht gar rechtswidrig gewesen.
Die Vereinbarung zwischen Gurlitt, dem Freistaat Bayern und der Bundesregierung ist allerdings weiter gültig, sie dürfte auf die Erben Gurlitts übergehen.
Doch wer sind diese Erben? Ob Gurlitt, der nach dem Tod seiner Schwester keine direkten Angehörigen mehr hatte, seine entferntere Verwandtschaft bedacht hat, blieb zunächst offen. Im Umfeld Gurlitts heißt es, dass der Kunstsammler ein notariell beglaubigtes Testament hinterlassen habe - in dem vor allem eine "Institution in der Schweiz" begünstigt würde.
Wenn dem so sein sollte, beginnt jetzt in dem komplizierten Fall ein ganz neues Kapitel. Und es ist noch viel zu tun. Bislang wurde noch kein einziges der Bilder, bei dem sich ein Raubkunst-Verdacht bestätigt hat, zurückgegeben. Die Suche nach Gerechtigkeit hat gerade erst angefangen.
Mit seinem Tod endet nun auch das Ermittlungsverfahren, heißt es in einer Mitteilung, die unter anderem von Gurlitts Sprecher unterzeichnet ist.
Bis er in das Zentrum der wohl spektakulärsten Kunstsensation der vergangenen Jahrzehnte geriet, hatte Gurlitt ein zurückgezogenes Leben in seiner Schwabinger Wohnung und seinem Haus in Salzburg geführt - wo weitere wertvolle Kunstgegenstände gefunden wurden.
"Mehr als meine Bilder habe ich nichts geliebt in meinem Leben", sagte Gurlitt Ende 2013 im Gespräch mit dem SPIEGEL. Die Aufregung um seine Person konnte er nicht nachvollziehen: "Ich bin doch nicht Boris Becker, was wollen diese Menschen nur von mir? Ich bin doch etwas ganz Stilles. Ich habe doch nur mit meinen Bildern leben wollen."
Erbe einer spektakulären Kunstsammlung
Gurlitt war der Sohn des Kunsthändlers Hildebrand Gurlitt. Der hatte nach 1933 Geschäfte mit den Nationalsozialisten gemacht - und seinem Sohn eine spektakuläre Sammlung von Kunstwerken vermacht. Im Februar 2012 war diese in der 100 Quadratmeter großen Schwabinger Wohnung von Cornelius Gurlitt gefunden und beschlagnahmt worden. Unter den rund 1300 Werken waren auch Bilder von Marc Chagall, Max Beckmann, Franz Marc, Pablo Picasso und Henri Matisse. Bis Ende dieses Jahres sollte die Herkunft der Gemälde weitgehend erforscht sein.
"Ich bin doch etwas ganz Stilles"...
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Unter Verwendung von Textpassagen aus: SPIEGEL-ONLINE | aar/dpa/AFP/Sven Röbel und Michael Sontheimer