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(m)ein wort zu karfreitag & ostern -80: Der barmherzige Padre ...

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Flüchtlingshilfe in Spanien

Der barmherzige Padre von Algeciras

Von Angelika Stucke | Algeciras | SPIEGEL-ONLINE

Jedes Jahr versuchen Tausende afrikanische Flüchtlinge, über die Straße von Gibraltar Spanien zu erreichen. Wer es schafft und bei Mönch Isidoro Macías landet, hat großes Glück gehabt.


Die Mission von Isidoro Macías begann mitten in der Nacht. Sie begann mit einem lauten Klopfen an der Tür. Macías wachte auf, verwundert stand er auf, warf hastig seine Kutte über, eilte die alte Holztreppe hinab und öffnete. Vor ihm standen zwei Polizisten, in ihrer Mitte ein Mann, der zitterte am ganzen Körper, über sein Gesicht liefen Tränen.

Isidoro Macías ist Mönch, ein Franziskanerbruder. Er lebt in Algeciras, Südspanien, einer Küstenstadt an der Meerenge von Gibraltar. Die Beamten brachten ihm einen Afrikaner, der die gefährliche Fahrt im kleinen Flüchtlingsboot überlebt hatte. "Können Sie den vorerst aufnehmen?", fragten die Beamten. Bruder Isidoro nickte ohne lange zu überlegen. "Selbstverständlich."
"Das war mein erster Kontakt mit illegalen Einwanderern", erinnert er sich an die Nacht von vor fast zwanzig Jahren. Seither kümmert er sich um Menschen, die versuchen, irgendwie nach Europa zu kommen und dabei oft genug ihr Leben riskieren oder gar verlieren.

In den letzten Jahren nahm er vor allem Schwangere und Mütter mit kleinen Kindern bei sich auf. Mehrere hundert sind es schon gewesen. "Zweihundert, dreihundert?
Ich weiß es nicht. An die genaue Zahl kann ich mich nicht erinnern. "




"Die können doch den Kindern nicht sagen: ihr bekommt nichts zu essen"

Padre Patera, Pater Flüchtlingsboot, nennen sie ihn in Algeciras, der Name ist mittlerweile in ganz Spanien bekannt. Zurzeit ist er für ein Ehepaar mit einem Kind, eine Frau mit zwei Kindern und zwei Frauen mit je einem Kind verantwortlich.

Das Haus, in dem die Schwarzafrikaner untergebracht sind, ist eng, für jede Familie steht nur ein Zimmer zur Verfügung. Die Küche und das Bad benutzen sie gemeinsam. Bruder Isidoro träumt von einem größeren Haus, das ist dank Spenden sogar schon fast bezugsfertig. "Aber es fehlen leider auch noch Genehmigungen." Er vertraut darauf, dass seine Schützlinge in diesem Jahr endlich umziehen können.

Als er beladen mit Einkaufstüten bei den Einwanderern ankommt, laufen die fünf Kinder sofort auf ihn zu: "Papa, Papa!" rufen sie und hängen sich an seine an manchen Stellen bereits etwas abgewetzte Kutte. "Hast du uns was mitgebracht?"

Der Franziskanerbruder kauft fast täglich für "seine" Familien ein, sieht nach dem Rechten, verteilt Kleidung, hilft bei Behördengängen. Von seinen Gästen hat bisher nur eine Frau die Aufenthaltsgenehmigung für sich und ihr Kind erhalten. Gerade führt er einen Kampf mit der Schulverwaltung, die pro Kind vier Euro für das Schulessen einnehmen möchte. "Die können doch den Kindern nicht sagen: ihr bekommt nichts zu essen, weil eure Eltern kein Geld haben", sagt er und schüttelt den Kopf.

Handeln statt reden

Mehrmals ist er selbst schon verhaftet worden, weil er illegale Einwanderer versteckt. "Mich kümmern die Gesetze nicht", beteuert er. "Für mich gilt nur ein Gesetz: das der Nächstenliebe." Nie kommt ein wirklich böses Wort über die Behörden über seine Lippen. Im Gegenteil. "Oft genug bringen die Beamten mir die Schwangeren, weil sie nicht wissen, wohin mit ihnen, oder weil die Frauen den Beamten leid tun. Das sind gute Männer," berichtet er.

Sowohl die Guardia Civil als auch die Nationale Polizei Spaniens haben den Pater in der Vergangenheit für seine soziale Arbeit ausgezeichnet. Und auch der spanische König, Juan Carlos I, wollte den Padre Patera während eines Besuches in Algeciras kennenlernen. Das Bild dieser Begegnung hängt in Bruder Isidoros Büro im Franziskanerhaus zusammen mit anderen Preisen für seine Wohltätigkeit. Die Zeitschrift "Times" kürte ihn 2003 sogar zusammen mit 19 weiteren Europäern zu einem der Helden des Jahres.

Die Auszeichnungen, sagt Bruder Isidoro, würden helfen, dass über seine Arbeit berichtet wird, wodurch "vielleicht mehr gespendet wird". Täglich hat er es mit Leid zu tun - und meist liegt ein Lächeln auf seinem Mund, sprühen seine Augen vor Energie. Nur wenn er nach den Erfahrungen "seiner" Frauen gefragt wird, fällt ein Schatten über sein Gesicht. "Die meisten haben sich prostituieren müssen, um die Überfahrt zu finanzieren", berichtet er. "Aber sie erzählen nicht viel." Einmal habe er eine Frau direkt gefragt, die habe nur geantwortet: Du bist Europäer, ich bin Afrikanerin. Da habe er begriffen, dass er besser handeln als reden solle.


So kommen die Flüchtlinge manchmal in Südspanien an - Foto: periodistadigital.com

Dem Himmel sei Dank | Tarifa, Spanien | Mit der Bibel in der Hand dankt einer von 27 Immigranten, die in drei aufblasbaren Booten die Südküste Spaniens erreichen wollten, dass sie von Seenotrettern in Sicherheit gebracht wurden. © A.Carrasco Ragel/DPA -












Auch Spanier suchen Hilfe bei ihrem Pater

Überhaupt hält Bruder Isidoro nicht viel vom Predigen. "Ich versuche lieber, ein Beispiel zu leben statt jemanden zu überzeugen." Er weiß, dass manche der Frauen, die ihre Papiere erhalten haben und ausziehen, zurück in die Prostitution gehen. "Manchmal, weil sie keine andere Arbeit finden, manchmal, weil sie noch Schulden von der Überfahrt bei den Mafias haben und vielleicht auch, weil ihnen mit Voodoo-Ritualen Angst gemacht wurde."

"Trotzdem sehen diese Menschen in Europa das Paradies", berichtet der Padre. Im Jahr 2011 waren allein an Spaniens Küsten 5.441 illegale Einwanderer gezählt worden, für das Jahr 2012 meldete das Innenministerium einen Rückgang auf 3804 Flüchtlinge.
Doch weniger Arbeit hat der Mönch deswegen noch lange nicht: Nicht nur illegale Einwanderer, auch immer mehr Spanier suchen Hilfe bei ihrem Padre Patera. "Heute früh kamen zwei Spanierinnen und baten mich um Essen", erzählt er. "Natürlich habe ich auch denen etwas gegeben. Zum Glück erhalten wir ja auch viele Spenden."

Mit der Krise wachse die Zahl der Bedürftigen, sagt Macías. "Eigentlich ist es schlimm, dass ich noch immer so viel Arbeit habe." Der 67-Jährige lächelt etwas schief, dann verabschiedet er sich mit seinem Lieblingsspruch, einem Zitat, das der Heilige Johannes vom Kreuz zu der Heiligen Teresa von Ávila gesagt haben soll: "Seien wir beide gut, dann gibt es zwei Gauner weniger auf der Welt."




Kontakt: http://www.padrepatera.net/



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