»In der Mystik liegt eine große Kraft«
Der Liedsänger Max Raabe
über seine evangelisch-katholische Erziehung
und die Kirchenmusik
Mit Musik im Stil der 20er- und 30er-Jahre begeistern Max Raabe und sein Palast-Orchester das Publikum im In- und Ausland. Der 51-jährige Bariton war Messdiener und im Kirchenchor, besuchte ein kirchliches Internat und schätzt Gotteshäuser. Geprägt wurde er auch von seiner evangelischen Mutter und der evangelischen Kirchenmusik. Tobias Wilhelm sprach mit ihm über seinen Glauben.
Herr Raabe, in Ihrer Erziehung haben Glaube und Religion eine große Rolle gespielt. Welche christlichen Werte sind Ihnen besonders nahegebracht worden?
Raabe: Meine Eltern haben auf ganz bestimmte Sachen geachtet. Wenn ich zum Beispiel Kuchen oder Süßigkeiten bekommen habe, hat meine Mutter immer gesagt: Gib den anderen Kinder aber was ab, sonst blutet denen das Herz. Mit dieser Haltung bin ich erzogen worden, das zog sich in einem durch, und ich glaube, dass ist eine grundlegend christliche Haltung, die man aber natürlich auch in anderen Religionen findet.
Sie besuchen auf Reisen gerne die Kirchen vor Ort - was reizt Sie daran?
Raabe: Die Atmosphäre, das Licht, die Gerüche - all das erinnert mich stark an meine Kindheit! Ich war Messdiener, mein Bruder auch. Wir haben immer am Sonntag gedient - auch unter der Woche oder, wenn es nötig war, bei Beerdigungen. Es war ein fester Bestandteil meiner Kindheit. Und natürlich wurden auch die Feiertage in der Kirche begangen. Deshalb ist da eine große Vertrautheit: Egal, in welcher Ecke der Welt ich auch bin - die Sinneseindrücke sind immer dieselben. Und wenn ich einen Gottesdienst besuche, weiß ich, was Sache ist, selbst wenn ich die Sprache nicht verstehe - weil der Ritus eben gleich ist.
Gibt es Gotteshäuser, die Ihnen besonders am Herzen liegen?
Raabe: Ich bin ein Freund der Devise: je älter, desto besser. Ich mag es, wenn eine Kirche als Gebäude eine Geschichte erzählt, wie sie gewachsen ist und sich die Architektur fortentwickelt hat. Etwa im Trierer Dom, in dem ja ganz unterschiedliche Epochen ihre Spuren hinterlassen haben. Hier die Romanik, dort die Renaissance, die mit ihren Stilmitteln glänzt, dann die Bischofsgräber, die schönen Kanzeln und Orgeln. Das ist alles schon ganz spektakulär.
Sind Sie ein gläubiger Mensch?
Raabe: Ja, das würde ich sagen. Ich bin gläubiger Christ. Wobei ich sagen muss, dass sich der Gottesdienstbesuch auf ein sträfliches Maß reduziert hat. Ich schieb das ein bisschen auf den unsteten Lebenswandel. Aber ich sehe, dass andere, die einen ähnlichen Beruf ausüben, das hinbekommen. Im Grunde bleibt das schlechte Gewissen. In Berlin gibt es aber verschiedene Kirchen, in die ich gerne gehe. Ich experimentiere mich so von Gemeinde zu Gemeinde, bis ich die richtige gefunden haben, in die ich immer gehen kann.
Sie haben einmal gesagt, Ihr Beruf sei ein Geschenk. Betrachten Sie Ihr Talent als eine Gabe Gottes?
Raabe: Auf jeden Fall. Deswegen wird man von mir nie Worte wie Stolz hören. Ich bin dankbar, dass ich so beschenkt bin, dass ich mit dem, was mir Freude macht, mein Geld verdienen kann. Natürlich ist das auch anstrengend, man muss was dafür tun - aber es gibt ja viele Leute, die sehr viel tun und trotzdem nicht weiterkommen. Dieses Quäntchen, dass es doch was wird - das ist das Geschenk, und darauf kann ich mir nichts einbilden.
Sie haben bereits im Kinderchor Ihrer Gemeinde gesungen und von klein auf viel geistliche Musik gemacht. Was sind Ihre kirchenmusikalischen Lieblingsstücke?
Raabe: Ich mag die mittelalterliche Kirchenmusik sehr gern. Das alte Notenbild und die gregorianischen Gesänge fand ich immer sehr beeindruckend - aber vor allem als Ausführender, weil momentan leider zu viel dummes Zeug geliefert wird von Leuten, die herumreisen, sich als Mönche verkleiden oder, wenn es noch schlimmer kommt, sogar welche sind. Ich finde das fremd. Und natürlich führt kein Weg an Bach vorbei. Die schönsten Kirchenlieder kommen aus der protestantischen Ecke, das muss man sagen. Meine Mutter war übrigens auch evangelisch, gleichwohl sie mich katholisch erzogen hat - und hatte es im katholischen Westfalen damit nicht leicht. In meinem Umfeld waren Frotzeleien weitverbreitet. Uns war aber allen klar, dass man das nicht so ernst nehmen darf.
Stichwort Kirchenmusik: Sie haben einmal gesagt, Sie bedauern, dass klassische Hymnen wie »Großer Gott, wir loben dich« nur noch so selten gesungen würden.
Raabe: Ja, das finde ich sehr schade. Ich bin kein großer Freund der neuen Kirchenlieder, mit wenigen Ausnahmen. Ich finde sie musikalisch oft, na ja, schwer nachvollziehbar. Und ich bin auch kein großer Freund von Blockflötenauswüchsen während festlicher Hochämter. Gerade in der Osternacht oder zu Weihnachten sollte man die Gemeinde viel mehr singen lassen - und zwar Lieder, die man kennt.
Sind Ihnen viele Gottesdienste heute nicht mehr feierlich genug?
Raabe: Ich finde, das Mystische, das Heilige kommt oft zu kurz. Die Stärke der Liturgie liegt vor allem darin, die Mystik des Glaubens zu unterstützen. Der ganze Glaube ist ja Mystik, keine Wissenschaft. Und dann finde ich es komisch, wenn die Gottesdienste anfangen, rational zu werden und eine gewisse Beliebigkeit zu bekommen. Gerade in der Mystik liegt doch ein großer Vorteil, eine große Kraft. Wir müssen uns darauf verlassen. Aber vielleicht sehne ich mich auch nur nach diesem Ritus aus meiner Kindheit, der heute überkommen wirkt. Es ist die Sehnsucht, dass sich nichts verändert - aber das tut es eben dann doch.
Im Bezug auf die »Neuen Geistlichen Lieder« haben Sie mal das Wort »Lagerfeuerliedchen« benutzt. Können Sie ihnen so gar nichts abgewinnen?
Raabe: Ich will da jetzt kein miesepetriges Pauschalurteil fällen - es ist jedoch selten, dass sie mir gefallen. Wenn sie aber vielen ein musikalischer Ausdruck sind, haben sie ja ihren Zweck erfüllt. Ich habe übrigens - sozusagen versehentlich - auch ein Kirchenlied komponiert. Auf der aktuellen Platte gibt es das Stück »Mir kann nichts passieren« - das könnte eigentlich auch an Kirchentagen gesungen werden.
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Stichwort neue CD. Die heißt ja »Für Frauen ist das kein Problem«. Für viele Katholikinnen ist es ein Problem, dass Frauen in ihrer Kirche keine Weiheämter ausüben dürfen. Könnten Sie sich Diakoninnen oder Priesterinnen vorstellen?
Raabe: Wenn Jesus Frauen an seiner Seite hatte, die gelehrt haben, was offenbar der Fall war, warum nicht? Ich kann mir Frauen vorstellen, denen ich das nicht abnähme, aber ich kann mir auch Frauen vorstellen, denen ich gerne zuhören würde. Aber das ist ein schwieriges Kapitel, das die Fachleute untereinander ausbaldowern müssen. Ich bin gespannt, wie sich das entwickelt.
Quelle: Sonntagsblatt Bayern
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Mir Kann Nichts Passieren
Songtext Max Raabe
Wenn die Welt morgen unter geht,
nach einem ewigen Plan,
bin ich trotzdem froh,
dass wir zusammen waren.
Wenn die Welt morgen unter geht
und uns niemand vermisst,
bin ich trotzdem froh
und nehme wie es ist.
Mir kann nichts passieren,
solang du bei mir bist.
Mir kann nichts passieren,
weil es Liebe ist.
Was auch in den Sternen steht,
wer auch uns über wacht,
hat doch bisher alle richtig gemacht.
Ich glaub' ich kenn dich schon.
Tausend Jahr und ein Tag
und es ist so wie ich es sag.
Mir kann nichts passieren,
solang du bei mir bist.
Mir kann nichts passieren,
weil es Liebe ist.
Mehr Songtexte: http://www.songtextemania.com/mir_kann_nichts_passieren_songtext_max_raabe.html
Alle Infos über Max Raabe: http://www.musictory.de/musik/Max+Raabe
Ich habe überlegt: Da besingt dieser Max Raabe seine Gewissheit: "Mir Kann Nichts Passieren" ... Und damit spornt er an und macht Mut ... In diesem Urvertrauen, wie es uns geschenkt ist, wird der Mensch ganz stark und unabhängig ... - ja - eben weil er Vertrauen fassen kann ... Die "andere" Seite ist "von Haus aus""sauber" - da passiert nichts... - Besser als jeder Auslands-Kreditkarte...- die ja oft - im entscheidenden Augenblick im Ausland als "gesperrt" gemeldet wird ...Wenn die Welt morgen unter geht
und uns niemand vermisst,
bin ich trotzdem froh
und nehme wie es ist.
Wer will mir was wollen - solange ich diese Gewissheit in mir trage - die hier von Max Raabe besungen wird ...