Ja - da habe ich neulich einen SPIEGEL-Beitrag kommentiert, aus dem hervorgeht, inwieweit Angela Merkel über das Bundespresse-"Amt" Meinungsumfragen extra in Auftrag gibt und interpretiert, um dem Volk eine "wohlgefällige""marktgerechte""Politik" butterweich und nur fad gewürzt sowie leicht verdaulich zu reichen ... - manchmal jedoch stellt sich Sodbrennen ein ...
Und das Wörtchen (Bundespresse-)"Amt" habe ich mal lieber in Anführungsstrichelchen gesetzt, weil dieses Wort ansonsten vorgaukelt, es sei eine von meinen Steuergeldern mitfinanzierte Bundesbehörde, die als Behörde neutral, überparteilich und ohne persönliche Interessen von wem auch immer, das Meinungs- und Pressewesen der Medien allparteilich zu dokumentieren hat - und allen Bürgern und Parteien offensteht ... - Aber ich glaube - da täusche ich mich - und mit eben meinen Steuergeldern lotet diese Regierung mit ihren beteiligten Parteien ihre ureigensten und eigennützigsten "parteilichen" Interessen mit diesem "Amt" aus - "PR-Abteilung der Bundesregierung" wäre eine zeitgemäßere Bezeichnung - finanziert von den in der Regierung beteiligten Parteien ...:
Zuerst die Meinung zu irgend etwas einholen - dann erst eine genau dem entsprechende Verlautbarung absetzen mit Tremolo und "Weitblick" und Demoskopen-Souffleur als "kleinem Mann im Ohr" - und immer nur Lächeln und immer vergnügt ...: besser gehts nicht ...
Nun finde ich genau dazu in meiner Roman-Lektüre von Frédéric Beigbeder: "39,90" aus dem Jahr 2000 (dt. Rowohlt 2001) doch tatsächlich folgende Passagen - zunächst auf Seite 32 - dann weiter Seite 36 ...:
«Zwanzig Käuferinnen wurden befragt, und sie haben von Ihren Spinnereien kein Wort begriffen: Text-Erinnerungswert null. Was sie wollen, ist Info, sie wollen das Produkt und den Preis sehen, Punkt, Ende. Und wo bleibt mein Key Visual? Ihre kreativen Ideen sind ja ganz nett, aber ich stehe im Wettbewerb, ich brauche etwas, das man in Aktionen am Selling Point umsetzen kann! Und wie mache ich Werbung im Internet? Die Amerikaner erfinden SPAM und verschicken ihre Promotion jetzt per E-Mail. Ihre Denke ist doch zwanzigstes Jahrhundert! Aber darauf fall ich nicht rein! Ich bin durch eine harte Schule gegangen! Auf die Basis kommt es an! Ich bin durchaus bereit, Ihnen etwas Überraschendes abzukaufen, aber ich habe gewisse Sachzwänge zu berücksichtigen!»
Ich tat mein Bestes, um die Contenance zu wahren.
«Darf ich Ihnen eine Frage stellen, Monsieur? Wie wollen Sie eigentlich Ihre Konsumentinnen überraschen, wenn Sie sie vorher nach Ihrer Meinung fragen? Fragen Sie Ihre Frau auch, womit sie zum Geburtstag überrascht werden möchte?»
«Meine Frau hasst Überraschungen.»
«Hat sie Sie deshalb geheiratet?»
Und dazu auf Seite 36 - noch klarer:
«Politiker haben nichts mehr zu sagen; die Wirtschaft regiert ["marktgerechte Demokratie"]. Marketing ist eine Perversion der Demokratie — das Orchester dirigiert den Dirigenten. Umfragen bestimmen die Politik, Tests die Werbung, Panels die Platten, die im Radio gespielt werden, Sneak Previews das Ende von Kinofilmen, Einschaltquoten das Fernsehprogramm... Keiner ist mehr verantwortlich ...
...Big Brother is not watching you, Big Brother is testing you.
Der Marktforschungsfetischismus ist purer Konservatismus. Eine Abtretung. Kein Angebot, das Ihnen WOMÖGLICH nicht gefallen könnte. So wird jede Innovation, Originalität, Kreativität und Rebellion erstickt. Daraus ergibt sich alles weitere.
Unsere geklonten Existenzen ... unsere mechanische Stumpfheit ... die Isolation der Menschen ... die betäubende Hässlichkeit allenthalben ... Nein, das ist keine harmlose Besprechung. Es ist das Ende der Welt in Bewegung.Man kann die Welt nicht verändern, wenn man sich ihr unterwirft.
Eines Tages werden die Kinder in der Schule lernen, wie die Demokratie sich selbst zerstört hat.»