... verstehe ich echt nicht ... -
... kann und will ich nicht verstehen ... -
... das verstehe wer will ... -
oder auch:
"Wie es in den Wald hineinschallt - so schallt es auch heraus ..."
„Meine Gedanken sind nicht eure Gedanken, und eure Wege sind nicht meine Wege, spricht der Herr, sondern so viel der Himmel höher ist als die Erde, so sind auch meine Wege höher als eure Wege und meine Gedanken als eure Gedanken“Ein Amerikaner irrt in einem Wald umher und trifft einen Indianer. Sie versuchen sich mit Handzeichen zu verständigen.
Jesaja 55,8-9
· Der Indianer zeigt mit dem Zeigefinger auf ihn (Fingerzeig)
· Der Weiße macht schnell das Peace-Zeichen (V-Zeichen).
· Der Indianer schaut etwas verunsichert, formt dann aber ein Dach mit den Händen(Dach).
· Der Weiße bewegt winkend die Hand auf und ab (Wink-Wellen), dreht sich um und geht schnell weg.
Haben Sie verstanden, über was sich die beiden ausgetauscht haben? Es ist wirklich nicht so einfach.
Der Weiße, als er nach Hause kommt, erzählt aufgeregt:
· „Ich hab einen gefährlichen Indianer im Wald getroffen! Ich wollte ihn nach dem Weg fragen, aber er drohte mir gleich, er will mich erschießen“ (Fingerzeig).
· „Ich habe dann schnell das Peace-Zeichen gemacht“ (V-Zeichen).
· Aber er meinte nur: „Zieh bloß ab nach Hause“ (Dach).
· „Ich hab schnell gewunken (Wink-Wellen), damit er sieht, dass ich keinen Streit will, und bin gegangen.“
Ob der Weiße die Zeichen richtig verstanden hat?
Als der Indianer nach Hause kommt, erzählt er zuhause am Lagerfeuer ebenfalls von dieser seltsamen Begegnung und zwar so:
· „Ich hab heut einen Weißen im Wald getroffen: Völlig verrückt! Ich frag ihn: Wer bist Du?“ (Fingerzeig).
· Darauf er: Eine Ziege! (Peace-Zeichen).
·
Ich dachte „Huch!“, wollte aber nicht unhöflich sein. Frag: „Hausziege?“ (Dach).
· „Nein“, sagt er: „Flussziege“ (Wink-Wellen) und geht.
Fröhliche Stimmung am Lagerfeuer.
Für beide ist dieses Erlebnis fast wie die "Unheimliche Begegnung mit der Dritten Art" gewesen, die Steven Spielberg in seinem Science-fiction-Film schildert, wo Menschen auf Aliens von weit her aus dem All treffen - und auch kaum Möglichkeiten einer irgendwie gearteten Verständigung haben: Hier ist es für den Weißen eine höchst aufregende und abenteuerliche Begegnung. Und für den Indianer ein äußerst kurioses Treffen da im Wald.
Aber ein wirkliches Zusammenkommen - ein gegenseitiges Verstehen - eine tatsächliche Begegnung - geschweige denn Annäherung - ist beiden nicht gelungen. Sie waren nicht in der Lage herauszufinden, was der andere wirklich mit seinen jeweiligen Handzeichen denn meinte. Ist mit diesem V-Zeichen der abgespreizten Zeige- und Mittelfinger ein Gruß gemeint, mit dem man aussagen möchte, dass man in friedlicher Absicht kommt oder möchte man tatsächlich damit bekunden, dass man eigentlich eine Ziege ist? Beide sind in ihren jeweiligen Vorstellungen so festgelegt und viel zu sehr in ihren eigenen Sichtweisen gefangen, dass sie nicht zueinanderfinden können.
Dabei handelt diese Geschichte ja eigentlich von uns allen - von unseren zwischenmenschlichen Begegnungen - von unserem Aufeinanderzugehen. Auch wir schaffen es viel zu selten mit anderen auf ein "Level", auf eine gemeinsame Verständigungsebene oder auf die gleiche Wellenlänge, auf die gleiche Frequenz zu kommen.
Wann haben Sie sich zum letzten Mal so richtig in allen Nuancen verstanden gefühlt? Wo konnten Sie froh und frei erzählen und hatten das Gefühl, jemand denkt sich mit in Sie hinein, fragt nach, wie Sie das gemeint haben oder hat ein Interesse daran, wie es Ihnen gerade geht- an was Sie gerade "herumdoktorn", was Sie beschäftigt?
Oft genug geschieht ja genau das: Wir kommen - wie die beiden Gentleman aus der Geschichte - mit einer Person nicht zusammen und fragen uns nach einer Begegnung: „Hat der mich denn überhaupt verstanden und mir zugehört?“ oder: „Was hat sie gerade tatsächlich gesagt oder auszudrücken versucht? Ich habe es gar nicht richtig mitbekommen. Ich bin in Gedanken ganz woanders gewesen.“
Nicht nur mit anderen Menschen ist es schwer zusammenzukommen, sondern auch mit sich selbst.
Vor lauter Alltagstrott, mit dem wir die Wochen ziemlich gleichmäßig und in Routine abspulen - vielleicht auch in mancherlei Zwängen, in denen wir uns viel zu häufig anpassen - reflektieren wir für uns selbst viel zu selten: „Du - S!NEDi - wie geht es dir eigentlich? Ich habe lange nichts von dir gehört? Was möchtest du eigentlich? Was ist aus deinen Plänen und Zielen von einst geworden? Und was ist aus dir selbst geworden? Wer bist du eigentlich? Manchmal bist du mir ganz schön fremd?“
Zusammenkommen: mit anderen Menschen - mit sich selbst - und auch mit Gott - das ist oft gar nicht so einfach.
Vor allem dann, wenn man sich gerade "im falschen Zug" wähnt. Die Richtung müsste eigentlich ganz entgegengesetzt gehen. Aber diese eine nun bekannt gewordene Tatsache hat manches verändert und diese eine Information hat vieles, was einem gewiss und zuverlässig erschien, völlig ins Wanken gebracht. Alle Bitten, die man nach oben oder nach innen - eben zu Gott - gerichtet hat, sind verhallt oder ins Leere gelaufen. Und eigentlich wünscht man sich nichts lieber als darin wieder ein Stück weit Gewissheit zu bekommen: „Wie kann ich mit diesem paradoxen ewig nahen und ewig fernen Gott zusammenkommen und mein Leben in seinen guten Händen wissen? - Was kann ich von ihm erhoffen, worin bei ihm ganz sicher sein? - Ist es Absicht, wenn etwas zu Ende geht? Oder einfach nur Zufall? Und worauf kann ich mich bei Gott fest verlassen?“
Und dann diese "Antwort" aus dem Munde bzw. dem Federkiel des Propheten Jesaja: „Meine Gedanken sind nicht eure Gedanken, und eure Wege sind nicht meine Wege, spricht der Herr, sondern so viel der Himmel höher ist als die Erde, so sind auch meine Wege höher als eure Wege und meine Gedanken als eure Gedanken“ (Jesaja 55,8-9).
Der Prophet Jesaja hat es schon damals realistisch gesehen. Die Momente, in denen wir das Gefühl haben, mit Gott so nah zusammenzukommen, dass wir beruhigt und gelassen in die Zukunft schauen können, sind eher selten. Seine Gedanken sind eben nicht unsere Gedanken. „Seine Wege“ sind anders als „unsere Wege“. Und wir müssen damit auskommen, dass wir auf manche große Frage unseres Lebens vielleicht niemals eine "befriedigende" Antwort bekommen. Unsere Gedanken werden immer hier unten auf der Erde kreisen und wir werden manche Zusammenhänge niemals entschlüsseln können.
Aber dann murmelt es beim Propheten weiter:
„Denn gleichwie Regen und Schnee vom Himmel fällt und nicht wieder dahin zurückkehrt, sondern die Erde feuchtet und sie fruchtbar macht und wachsen lässt, dass sie Samen gibt zu säen und uns [das täglich] Brot zu essen, so soll das Wort, das aus meinem Munde geht, auch sein: Es wird nicht wieder leer zu mir zurückkommen, sondern wird tun, was mir gefällt, und ihm wird gelingen, wozu ich es sende. Ihr sollt in Freuden ausziehen und im Frieden geleitet werden.“Jesaja 55,10-12a.
Also - auch wenn ein himmelweiter Unterschied zwischen Gott und uns besteht, so gibt es doch eine Verbindung, eine Leiter, eine unendliche Datenbahn, mit der Gott auf der Festplatte unserer Lebensgeschichte immer wieder neu die eine Gewissheit speichert: Jedes Wort, das von Gott kommt, das wir hören und wahrnehmen, wird etwas bewirken. Es gibt uns "Sinn". Es will uns immer mehr gewiss machen, dass Gott mit uns in unserem Leben Hand-in-Hand unterwegs ist. Auch wenn nicht alles nach Plan verläuft, sollen wir das wissen. Es ist Gottes großer Wunsch, mit uns immer wieder neu zusammenzukommen, damit wir mit „Freude ausziehen und im Frieden geleitet“ werden. Und es ist Gottes großes Anliegen, dass wir auf diesen Wegen zusammenkommen - mit anderen, mit uns selbst, und so auch mit ihm – auch wenn es manchmal dauern kann.
aus Michelangelo: Sixtinische Kapelle |
Die Weite Gottes, die umfassender und höher und tiefer ist als alles menschliche Verstehen, bewahre unsere Herzen und Sinne.
Mit allerlei Textbausteinen aus einer Predigt von Pfarrer Thomas Volk, Ochsenfurt und Marktbreit, Anfang 2013