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Photography: Jörg Sasse | Malerphotograph = großes Vor-Bild für S!NEDi

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Malerei und Fotografie in den Arbeiten Jörg Sasses

9994, 2001 | 120 x 200 cm | 47.2 x 78.7 inch - Detail - Kategorien:  Berge    Grün    Pflanze    Rot    Struktur    Wasser
Ein Stück 'Wirklichkeit' oder 'Außen' haftet allen Fotos an und zwingt ihre Erzeuger wie auch ihre Betrachter in eine gewisse Distanz. Genau diese Entfernung entzieht sie der Kontrolle und unterscheidet sie von Bildern, wie sie die Malerei hervorzubringen vermag. Die Arbeiten Sasses sind keine Fotografien. Ihnen haftet dennoch etwas von Fotografien an und sie bestimmen ihre Entstehung mit. Schnappschüsse werden mittels digitaler Bildbearbeitung in ein anderes Medium überführt und mit diesem gelingt die Verwandlung in 'Malerei'. 9994, 2001 (120 x 200 cm) Dabei geht die Kontrolle über das entstehende Bild wieder an die Hand zurück. Analog zur Hand des Malers, die den Pinsel führt, führt sie nun die Maus. Ihre Herstellung verdanken sie einer Umkehrbewegung: statt eine weiße Leinwand zu füllen, wird ein aus fremdem Kontext entnommenes Foto durch Wegnahme und Veränderung des Vorhandenen in ein Bild verwandelt. Das als 'Wirklichkeit' Festgehaltene des Fotos wird zum Material, aus dem die Wirklichkeit des Bildes entsteht. 

Das Ergebnis ist den Bildern, die Malerei erzeugen kann, nahe. Dennoch ist es nicht Malerei mit anderen Mitteln. Es hat sich etwas von dem eingeschlichen, was das Foto von allen anderen Bildmedien unterscheidet und sich auch in seinen Derivaten Film, Fernsehen, Video und Internet erhalten hat. Es sind kontrollierte Bilder, denen das Herausfallen aus der Kontrolle anzusehen ist. Damit haben diese Bilder die Tendenz, 'Wirklichkeit' zu transportieren: als das Unvorhersehbare, Zufällige, das sich manchmal spät erst und überraschend äußert. Beim Foto nehmen immer zwei wahr. Der Fotograf, der bemüht ist den Ausschnitt und damit das Bild zu kontrollieren, und die gleichgültige Mechanik der ablichtenden Kamera, durch die sich ein Stück Unkontrolliertes auf das Bild zeichnet. Nicht nur die Amateurfotografien zeigen Dinge, die unbemerkt im breiten Strom des Wahrgenommenen mitschwimmen. Nach Benjamin erfahren wir durch sie vom Optisch-Unbewußten. Es ist klar, was das ist: ein unkontrolliert Wahrgenommenes, das im Foto zu einem Wahrgenommen wird, das sich unserer ordnenden Kontrolle entzieht. Daher kann es neugierig machen, befremden, beunruhigen, überraschen.

Mit Sasses medialen Transformationen wird aus dem Multiplen und Wiederholbaren, das dem Amateurfoto eignet, das Unwiederholbare, Einzigartige, das ein Bild definiert wie es die Malerei anstrebt. Doch ist die Umkehrung tiefer, denn sie verwandelt das vermeindlich als 'wirklich' festgehaltene und sich als utopische Konvention entpuppende 'Augenblicksbild' zum Einblick in die verstellte 'Wirklichkeit' unserer Zeit, in die Unzugänglichkeit von 'Wirklichkeit'. Das kennzeichnet auch die Umkehrung oder wechselseitige Durchdringung von Malerei und Fotografie in Sasses Arbeit am Bild. Der festgehaltene Augenblick wird zum dauernd Flüchtigen gewandelt. Um das zu zeigen, bedarf es der Schönheit. Es ist die Glätte der bildnerischen Lösung, die uns verführt, diese Bilder zu genießen, die aber darum nicht davor bewahrt, das Verschwinden des 'Wirklichen' als deren eigentliches Thema zu bemerken. Es sind dies aufdeckende Kräfte, die seine Bilder denen der Fotografie ähnlich machen. Doch ist die Art des Aufdeckens verschieden. Die Malerei deckt auf, um ein Ganzes oder die Totalität zu zeigen, die Fotografie deckt auf, um mit der Herauslösung aus der Totalität der Dissoziation ansichtig zu werden. Die wechselseitige Durchdringung der Medien gibt Einblicke in unser Verhältnis zur Welt. Dabei zeigt sich in Sasses Arbeiten die Aporie des fotografischen Bildes mit den Mitteln der Malerei als Aporie unseres Verhältnisses zur 'Wirklichkeit', die wir seit langem schon vor allem durch Bilder wahrnehmen.

Thomas A. Lange, 2002 - 


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Jörg Sasse | bearbeiteter Ausschnitt aus: WIKIPEDIA | Hochgeladen von Hpschaefer


Jörg Sasse(* 1962 in Bad Salzuflen) ist ein deutscher Fotograf und bildender Künstler. Er gilt als Vertreter der Düsseldorfer Fotoschule.

Er lebt und arbeitet in Brandenburg. Sasse studierte als Meisterschüler bei Bernd Becher an der Kunstakademie Düsseldorf. Dort hatte er von 1988 bis 1989 einen Lehrauftrag. Anschließend folgten diverse Projekte und Vorträge an verschiedenen Hochschulen. Ab 2003 war Sasse Professor für Dokumentarfotografie an der Universität Duisburg-Essen (heute Folkwang Universität der Künste), die er auf eigenen Wunsch nach fünf Jahren Lehrtätigkeit wieder verließ.

Jörg Sasse ist im traditionellen Sinne kein Fotograf. Fotografien Anderer aus sehr unterschiedlichen und zufälligen Quellen wie Fotoalben (Aufkauf von Nachlässen) und Flohmärkten dienen ihm als Vorlagen, die als Grundlage für neue Bilder dienen. Diesen Prozess des Collagierens und Veränderns betreibt Sasse am Computer. Jörg Sasse verändert eine Vielzahl der vorgefundenen Elemente der Fotografien: Ausschnitt, Perspektive, Farbe, Schärfe usw. Es entstehen Bilder, deren Ursprung oft nicht mehr erkennbar ist. Sie präsentieren eine perfekte neue Realität, die aber Sprünge besitzt. In seinem Spiel mit der Wirklichkeit bzw. der fotografisch dargestellten Realität gelingt es Sasse, dass für die Betrachter bei genauerem Hinsehen Irritationen entstehen, die aus Widersprüchen zwischen Alltagserfahrung und -wahrnehmung herrühren (z. B. in dem er die Zentralperspektive scheinbar aufhebt). Die Bildtitel generiert Sasse in der Regel als vierstellige Zahlenkombinationen, so dass Verweise auf die Gegenstände der verwendeten Fotografie ebenso fehlen wie auf einen intendierten neuen Gegenstand.

Sasse beschäftigt sich in seiner fotografischen Arbeit mit dem Alltag, der Alltagskultur, die in den Werken von Amateurfotografen abgebildet ist. Ausgangspunkte waren der frühe Beginn einer Sammlung von Amateurfotografien, sowie die seit den 1980er Jahren selbstfotografierten alltäglichen Inneneinrichtungen, entsprechende Details und Schaufenster. Angesichts der Möglichkeiten der Computertechnik konzentrierte er sich seit ca. 1990 schließlich zunehmend auf das Bearbeiten fremder Fotografien, 1993 veröffentlichte er sein erstes auf diese Weise entstandenes Bild, ein sogenanntes „Tableau“.

2004 stellte er erstmals seine „Skizzen“ vor, digital bearbeitete Aufnahmen in kleineren Formaten. Die aus Skizzen entstehenden Arbeiten bezeichnet er als „Tableaus“, sie bilden seit den 1990ern den Schwerpunkt seines Werkes. Es handelt sich um großformatige Bilder, die teilweise stark verfremdet sind und sich von der Auseinandersetzung mit dem Alltag entfernen (siehe hierzu das Plakat auf dem Porträt Sasses, das einen Ausschnitt aus einem seiner Tableaus wiedergibt). Sie zeichnen sich aus durch eine Art malerische Komponente.

Sasses 2008 erstmals im Musée National d’Art Moderne in Paris ausgestellte Arbeit Speicher I ist eine 3-dimensionale Skulptur, die 512 Bilder beinhaltet. Die Arbeit ist die Analogisierung einer komplexen digitalen Datenbank, die es ermöglicht, zu 56 unterschiedlichen Kategorien die verschiedenartigsten Hängewände zu erzeugen. Die Arbeit ist seit 2010 im Kunstmuseum Bonn in einem eigenen Raum zu sehen.

Der Speicher II, der das erste Mal in Essen im Rahmen der RUHR.2010 – Kulturhauptstadt Europas gezeigt wurde, umfasst ebenfalls 512 Bilder. Das Ausgangsmaterial für den Speicher II stammt jedoch gänzlich aus dem Ruhrgebiet aus den Jahren zwischen Mitte der 1950er Jahre bis 2009.

Neben den „Tableaus“ entsteht seit dem Jahr 2009 die Serie der „Lost Memories“, deren fotografischer Ursprung nicht sofort ersichtlich ist. Wie auch bei den „Tableaus“ werden hier bei der Bearbeitung am Computer alle Entscheidungen zum Bild im Prozess getroffen. Die oftmals in anderen Arbeiten erzeugte Erinnerung an etwas zuvor Gesehenes wird bei den „Lost Memories“ überführt in den Spannungsraum zwischen der Wahrnehmung fotografischer Farbräume und die mit organischen Strukturen verbundenen Assoziationen. WIKIPEDIA

zu den hier erwähnten aber nicht abgebildeten Arbeiten  siehe Homepage von Jörg Sasse

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Also: Haargenau die gleiche Photographier- und Bearbeitungs-Philosophie wie im Aufsatz oben von Thomas A. Lange über die Arbeiten Jörg Sasses geschildert, vertrete ich bei meinen Arbeiten hier in diesem Blog, soweit die Themen oder die im Netz "gefundenen" Photo-Vorlagen oder die eigenen Knipsereien das zulassen ...
Ich male mit photographischen Elementen - und es entsteht immer ein eigenständiges Werk, das ich auch nicht genau vorherplane, sondern dass sich allmählich im Prozess mit den verschiedenen Photoshop-/u.a. Bearbeitungsfiltern ergibt - und aus meiner jeweiligen Sichtweise je nach Stimmung ...
Hier nun 5 einschlägige Arbeiten von S!NEDi in einer kleinen Extra-Photo-Gallery - sozusagen nach "Sasse-Art" - (natürlich muss ich noch üben...):


S!NEDi | glubsch  | von 2009

S!NEDi | rote frau mit hund | von 2015

S!NEDi | heimatkunde | von 2011
S!NEDi | red house | von 2015

S!NEDi | heimatkunde ii | von 2011





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