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das pferd am krankenbett - foto: dpa
Pferd besucht Frau am Sterbebett

Eine sterbende Patientin hat Besuch von ihrem früheren Pflegepferd bekommen. Es sei der "Herzenswunsch" der schwerkranken Frau gewesen, das Tier noch einmal zu sehen. Das Team der Palliativ-Station am bayerischen Klinikum Fürth habe nicht gezögert und das Treffen auf dem Hof der Klinik möglich gemacht. Die Besitzerin brachte das Pferd mit dem Hänger ins 15 Kilometer entfernte Fürth und die Frau konnte ihre Dana ein letztes Mal streicheln. Danas Besitzerin sagte nach der Anfrage sofort zu: "Es war überhaupt keine Frage, das zu machen", sagte sie. 

© 2017 Neue Westfälische, Freitag 08. September 2017




"geht nicht - gibt's nicht" - war der slogan einer großen baumarktkette. und unter diesem motto lud das team der palliativ-station am bayerischen klinikum fürth das pferd dana zu einer sterbenden frau ein, die diesen wunsch geäußert hatte. und das ging dann plötzlich - hygiene-vorschriften hin oder her - es wurde einfach menschlich gehandelt - über alle bedenken hinweg ...

solche "guten" nachrichten werden in den medien viel zu selten verbreitet, denn sie machen vielleicht ja auch mut, um sonst ganz legal etwas gutes zu bewerkstelligen - über alle kleinteiligen und ängstlichen bedenken hinweg.

und wenn dieser begriff der "in-klusion" tatsächlich seine bewandtnis hat, dann eben auch mit solchen aktionen - über alle "geschöpfgrenzen" hinweg ...: wir kennen ja schon die "therapiehunde", die in vielen alten- und behindertenheimen gern gesehene besucher sind - und sehr viel unvoreingenommener freude- und liebevoll die menschen begrüßen und begleiten als viele menschen das können.

ja - da sagt man ja manchmal tatsächlich - der mensch sei die "krone der schöpfung", weil er denken könne, schlüsse ziehen und gefühle zeigen ... den tieren sprach und spricht man das einfach ab - weil man dann ruhigen gewissens die massentierhaltung ganz menschlich gefühllos fortsetzen kann - und auch die massentötungen in den schlachthöfen, die wohl nicht immer "waidgerecht" vonstatten gehen ...

und unten habe ich noch eine ähnliche begebenheit in 2014 aus den niederlanden dokumentiert ...  - da bin ich im weitesten sinne regelrecht "be-geistert" ... S!

Trauriger Abschied: Eine Giraffe hat im Diergaarde Blijdorp Zoo in Rotterdam Abschied von ihrem todkranken Tierpfleger genommen. 

Giraffe »küsst« todkranken Tierpfleger

Jahrzehntelang arbeitete Marius Eijs, ein 54-Jähriger - laut Bild-Zeitung - geistig behinderter Mann ehrenamtlich im Zoo von Rotterdam – bis bei ihm ein Hirntumor im Endstadium diagnostiziert wurde – die Ärzte geben ihm nur noch wenige Wochen. Der Tierpfleger hat daraufhin nur noch einen Wunsch: Er will sich von seinen Tieren verabschieden. Sein letzter Wunsch war ein Besuch im Zoo. Aber aus eigener Kraft hätte der todkranke Tierpfleger das nicht mehr geschafft. Doch dann kam Hilfe - und der Pfleger und seine Tiere konnten sich verabschieden. Die niederländische Organisation „Stiching Ambulance Wens“ hat das möglich gemacht und den Mann in den Zoo gebracht. Sie bringt Sterbende im Krankenwagen an den Ort ihrer Wünsche, wenn sie ihn aus eigener Kraft nicht mehr erreichen können.

Im Krankenbett erreicht Herr Eijs den Zoo. Dort ist er seinen Lieblingen noch ein letztes Mal nah. Eine der Giraffen, die er in den vergangenen Jahren gepflegt hat, merkt, dass mit dem Tierpfleger etwas nicht stimmt, dass etwas Besonderes in der Luft liegt. Sie schreitet auf den Todkranken zu, beugt sich mit ihrem langen Hals über ihn – und gibt ihm einen sanften Kuss - und dankt ihm so auf herzzerreißende Weise... Zum allerletzten Mal ist der Tierpfleger ganz nah bei seinen Lieblingen...

„Ich spürte, dass diese Abschiedsrunde durch den Zoo für Marius etwas ganz Besonderes war“, sagt seine Schwester Petra, die ihren Bruder pflegt und auch an diesem Tag an seiner Seite war. „Er kann nicht mehr sprechen, aber ich sah in seinen Augen, dass ihm das sehr viel bedeutet hat, sich von seinen Kollegen und vor allem von seinen Tieren zu verabschieden.“

Zuerst wurde Marius Eijs in seinem Krankenbett zu den Eisbären gefahren, dann ging es zu den Affen und am Ende besuchte er seine Lieblingstiere, die Giraffen. Hier entstand das rührende Foto, das um die Welt ging.

„Es war, als spürte die Giraffe, das ist einer, der immer gut zu uns war“, sagt die Schwester und beschreibt den Moment, als sich die Giraffe zu ihrem Bruder beugte und sein Gesicht mit der Schnauze berührte, als gäbe sie ihm einen Abschiedskuss.

„Nach diesem Tag wird man sich immer an meinen Bruder Marius und seine Liebe zum Zoo erinnern, auch wenn er bald nicht mehr bei uns ist.“

owl - am sonntag | Artikel vom 23.03.2014 

focus.de - bild.de







Man spricht ja leichthin in Volkes Meinung den meisten geistig behinderten Menschen eine solche Gefühlsnähe einfach ab - oder hält sie für infantil. Mijnheer Marius Eijs ist nach den Berichten der BILD-Zeitung ein geistig behinderter Mann, der in den Niederlanden als "ehrenamtlicher Tierpfleger" jahrelang seinen Dienst im Rotterdamer Zoo versehen konnte - und - was man ihnen ja oft selbst heutzutage noch gar nicht immer zugesteht - der eine innige Beziehung zu seinen Tieren gepflegt hat, die ihn jetzt in seinem letzten Wunsch zum Abschied noch einmal zu ihnen führte ...: Neben dem eigentlichen Giraffen-"Kuss" darf man diesen Aspekt der Geschichte nicht zu gering bewerten - in Deutschland wäre eine ähnliche Geschichte von den äußeren Umständen her kaum möglich, weil diese Art der Inklusion - bis hinein in den sogenannten "Ersten Arbeitsmarkt" - und dann noch einhergehend mit Emotionen und Zuneigungen  - hier noch völlig in den Kinderschuhen steckt ... ...

Nun will ich diese herzzerreißende Episode aus dem Rotterdamer Zoo auch nicht überbewerten - in dem Video oben sieht man schon, dass vor dem "Kuss" ein Pfleger die Giraffe regelrecht "anfüttern" musste ... - aber durch das ausgestreute Futter in unmittelbare Bettnähe kam der Kopf auf dem langen Hals des Tieres erst überhaupt einmal herunter - in Augenhöhe: Face to Face - wurde zunächst einmal die Aufmerksamkeit des Tieres geweckt - und dadurch konnte es den bettlägrigen Marius Eijs überhaupt erst wahrnehmen - und vielleicht ja auch erkennen ... Und dass dann die hilflose Lage von der Giraffe richtig registriert wurde - und sie so versucht hat, Marius mit einem "Kuss" zu aktivieren, dass hätte sie bei einem jungen neugeborenen wackeligen Giraffentier ja wahrscheinlich "instinktiv" auch versucht ... = das ist eben durchaus tierisch-menschlich: "Hey komm - steh auf ..." - alles also eigentlich ganz normal ... - Ähnliche Phänomene werden ja auch bei den Delphinen im Umgang mit schwerstbehinderten Menschen - aber auch bei den Alpakas, Lamas - und - anders - auch bei Therapie-Pferden beobachtet - die jeweils nach ihrer Art Beziehungen knüpfen - und ganz "einfühlsam" zu gemeinsamen Aktivitäten anregen - vom "gängigen" Therapie- bzw. Blindenhund mal ganz abgesehen ...

Und es ist schon okay, dass man hier den "Kuss" als solchen und in seiner gängigen Symbolik in Gänsefüßchen setzt: Und doch - wer hat wohl den menschlichen Kuss von wem abgeschaut: War das entwicklungsgeschichtlich vielleicht doch eher vom Getier ... Anthropologen haben inzwischen herausgefunden, dass der Kuss nicht nur beim Menschen existiert, sondern auch bei unseren Urahnen ... die Primaten haben schon ein Kussritual entwickelt und die Erklärung dazu mutet recht animalisch an: "Die Vorfahren der Menschen haben sich bei Begegnungen gegenseitig am Hinterteil beschnüffelt und beleckt (sieht man ja heute bei Hunden auch noch ...). Als aus den Vierbeinern aufrechtgehende Zweibeiner wurden, wanderte der Kuss gewissermaßen mit nach oben", erklärt die Anthropologie und Sexualwissenschaft. Ebenso kann man ein Küssen bei den Vögeln beobachten, besser bekannt unter dem früher so genannten "Schnäbeln", das aber inzwischen besser erforscht ist und dem Kuss weitaus verwandter ist, als früher angenommen - und ganz aktuell vermutet die Hormonforschung sogar eine unmittelbare bio-physiologische Bedeutung des Kusses, um durch ein wenn auch heute oft unbewusstes "Erschnüffeln" des Anderen die "Harmonie-Balance" zwischen zwei Küssern einzuschätzen.

Und natürlich denken Tiere dabei wie wir - wenn auch nicht immer so kompliziert ... - wir haben uns als Säuger ja erst allmählich in der Evolution aus ihnen allen entwickeln dürfen ... Wir sind also weniger die Krone - als vielmehr der letzte Schwanz der Schöpfung - als alles andere Getier längst schon da war  ... - und sich umeinander tummelte ...

In der Diskussion um "Inklusion" muss man mal einfach konstatieren: dass die Giraffen da kulturell viel "weiter" scheinen - als wir Menschen ... - S!

lady in blue

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S!NED!|art: lady in blue

Wähler - trefft eure Entscheidung - un gutt is ...

6:20 - Shortlist für den Deutschen Buchpreis

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Buchpreis: Sechs Titel für die Shortlist nominiert

Frankfurt/Main - Die Autoren Gerhard Falkner, Franzobel, Thomas Lehr, Robert Menasse, Marion Poschmann und Sasha Marianna Salzmann haben es auf die Shortlist für den Deutschen Buchpreis geschafft.

«Kühnes Denken: das ist es, was die Texte der Shortlist miteinander verbindet», sagte Jury-Sprecherin Katja Gasser am Dienstag. Nach der Lektüre bestehe kein Zweifel: die Idee Europa stehe auf dem Spiel.

«Das Floß der Medusa» des Österreichers Franzobel erzählt vom Überlebenskampf auf See, Lehrs «Schlafende Sonne» entwirft ein Geschichts-Labyrinth, Menasse erzählt in «Die Hauptstadt» von Europa als Institution, Salzmanns Debütroman «Außer sich» begleitete eine Familie auf der Flucht von Moskau nach Deutschland. Auch auf der Liste stehen Poschmanns poetische «Kieferninseln» und Falkners Schriftsteller-Abenteuer «Romeo oder Julia».

Aus 200 Romanen hatte die Jury zunächst 20 auf die Longlist gesetzt. Viele bekannte und erfolgreiche Autoren sind in der zweiten Runde ausgeschieden, darunter Ingo Schulze, Sven Regener und Feridun Zaimoglu. Vergeben wird der Buchpreis am 9. Oktober zu Beginn der Frankfurter Buchmesse. Der Sieger erhält 25 000 Euro, die übrigen fünf Autoren der Shortlist je 2500 Euro.












Romeo oder Julia

Dem Schriftsteller Kurt Prinzhorn geschehen in diesem Buch des Autos Gerhard Falkner merkwürdige Dinge. Dass jemand in seiner Abwesenheit ein Bad in der Hotel-Wanne genommen zu haben scheint, ein Schlüsselbund verschwindet und weitere Seltsamkeiten machen den Autor stutzig. Schließlich aber ergeben die einzelnen Teile ein Gesamtbild, das den Autor in die eigene Biografie zurückführt. Kurz darauf wird eine tote Frau ganz in seiner Nähe gefunden.











Das Floß der Medusa

1816 entdeckt der Kapitän der Argus vor der Westküste Afrikas ein Floß mit ausgemergelten, nackten Gestalten Gestalten. Es sind die letzten 15 von ursprünglich 147 Menschen, die den Untergang der Fregatte Medusa zwei Wochen auf offener See überlebt haben. Weil in den Rettungsbooten zu wenig Platz war, wurden sie einfach ausgesetzt. Der Roman des Autors Franzobel basiert auf dieser historisch belegten Geschichte und fragt nach dem Kern des Menschlichen.














Schlafende Sonne

Der Roman von Thomas Lehr erzählt von den historischen Katastrophen und den privaten Verwicklungen dreier Menschen und führt von den Schlachtfeldern des Ersten Weltkrieges bis ins Berlin der Gegenwart. Damit bringt Lehr Themen, die Jahrzente auseinanderliegen, in unmittelbare Nachbarschaft zueinander.














Außer sich

In ihrem Debütroman erzählt Sasha Marianna Salzmann von Zwillingen, die nicht mehr haben als den jeweils anderen und sich gemeinsam durchs Lebens kämpfen. Als der Zwillingsbruder verschwindet, macht sich die Zwillingsschwester auf die Suche nach ihm, aber auch nach einem Gefühl von Zugehörigkeit jenseits von Vaterland, Muttersprache und Geschlecht.














Die Hauptstadt

In dem Buch von Robert Menasse soll eine Beamtin das Image der Europäischen Kommission aufpolieren. Ein Referent bekommt den Auftrag, dafür eine Idee zu entwickeln. Diese Idee nimmt die Gestalt eines Gespensts aus der Geschichte an, das für Unruhe in den EU-Institutionen sorgt.














Die Kieferninseln

Als ein Privatdozent und Bartforscher erfährt, dass seine Frau ihn betrügt, ist er schockiert. In der Geschichte von Marion Poschmann steigt der Mann daraufhin in das erstbeste Flugzeug und reist nach Japan, um Abstand zu gewinnen. Wie die alten Wandermönche möchte auch der Mann dort den Mond über den Kieferninseln sehen.


Quelle: neue westfälische

meine tante mit 18 ...

lamm-fromm

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eine lamm-fromme tischrunde - mit   a l l e n  konfessionen ....

[ggf. auch deutsche Übersetzung der Untertitel einschalten ...]

Unser Kreuz hat keine Haken - SWR-Dokumentation zur Wahl: Christen und die AfD - rbb: kirchentag und afd

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"Danke - für das gute Essen ... - Amen"

Martin wählen ... - lasst ihn nicht hängen ... - er ist mehr als Merkels "heiße Luft" ...

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Schulz im Wahlkampf

SssssssssPD

Eine Woche vor der Wahl sieht es finster aus für die Sozialdemokraten. Wie konnte es so weit kommen?

VON NILS MINKMAR - Autor im SPIEGEL-Kulturressort


Bevor Martin Schulz Ende Januar Sigmar Gabriel an der SPD-Parteispitze ablöste und Kanzlerkandidat wurde, drohte den Sozialdemokraten in Umfragen der Absturz unter die 20-Prozent-Marke. Acht Monate und ein Umfragehoch später ist die politische Stimmung ähnlich: Im aktuellen ARD-Deutschlandtrend kommt die SPD nur auf 20 Prozent, im ZDF-Politbarometer liegt sie bei 23 Prozent. 

Wie ist der historische Absturz der SPD in den Umfragen zu erklären?

Drei Gründe: 

  • Merkel hat nahezu alle Differenzen zu Sozialdemokraten und Grünen abgeräumt, regiert wie die vierte sozialdemokratische Kanzlerin und bietet die Garantie, dass die Linke außen vor bleibt. Das ist vielen Sozialdemokraten wichtig. 
  • Zweitens ist die SPD zu spät gekommen. Einen Spitzenkandidaten muss man über Jahre aufbauen. Bis heute ist Martin Schulz nicht bekannt, damit nicht vertrauenswürdig genug. 
  • Und Drittens fehlt das entscheidende Argument für einen Kanzlerwechsel. Die sind in unserer stabilitätsverliebten Republik selten: In fast siebzig Jahren verloren nur drei Kanzler - Kurt Georg Kiesinger , Helmut Kohl und Gerhard Schröder - ihr Amt nach einer Bundestagswahl.












Welche Rolle spielt dabei Martin Schulz?

Schulz hat mit demselben Problem zu kämpfen, das schon Willy Brandt plagte: Die Partei macht ihn schlichter, als er ist.

Der empathische Gerechtigkeitsprediger aus dem Rathaus Würselen hat keine Chance gegen eine weltgewandte Bundeskanzlerin. Aber Martin Schulz kennt die Politiker der Welt ebenso gut wie die Kanzlerin, ist ein weit gereister und äußerst belesener Mann, der in den letzten Jahren half, Europa zusammenzuhalten.

Von dieser professionellen, intellektuellen Seite des Kandidaten haben die Wähler nur wenig zu sehen bekommen. Seine mitfühlende Art wurde betont, aber weit weniger diejenige, die ihn im europäischen Parlament erst berühmt machte, nämlich seine Fähigkeit, einem Silvio Berlusconi, Nigel Farage oder anderen Irrlichtern deutliche Ansagen zu machen und Grenzen zu setzen.

Das ist eine Qualität, die der Kanzlerin nicht zu eigen ist, nach der sich aber viele sehnen, in Zeiten von Putin, Trump und Erdogan. Schließlich ist es ein Wahnsinn, in Zeiten, in denen in jedem ambitionierten Unternehmen im Team gearbeitet wird, alles auf eine Person zu setzen.

Schulz hätte von Anfang an von Mistreitern aus einem breiten zivilgesellschaftlichen und politischen Spektrum umgeben sein müssen. Stattdessen zog er alleine los. Viele Persönlichkeiten, die ihn unterstützen wollte, drangen gar nicht zu ihm durch, wurden nicht zurück gerufen.

Gibt es für den enttäuschenden Wahlkampf Gründe innerhalb der SPD?

Eine Volkspartei funktioniert wie eine Familie, und die SPD spielt "Buddenbrooks". Oder eine Variante davon. Immer noch haben zwei verfeindete Brüder einen großen Anteil an der Schwäche des Lagers "diesseits der Union", wie Willy Brandt es nannte.
Gerhard Schröder und Oskar Lafontaine haben noch beträchtlichen Einfluss und verhindern unter Verweis auf ihre unversöhnlichen Gegensätze die Konzeption einer tragfähigen rot-rot-grünen Koalition auf Bundesebene. Eine Familienaufstellung, zur Not auch einfach eine Kommission, die mal die letzten Jahre aufarbeitet, wäre dringend geboten. Oder es findet sich eine Gruppe, die die Altvorderen einfach vergisst.

In ganz Europa haben es sozialistische und sozialdemokratische Parteien schwer – ist ihre Zeit vorbei?

Eine Partei ist nicht nur die Summe aus Idee und Organisation, sondern vor allem ein Klub von Menschen, die über viele Jahre Höhen und Tiefen miteinander erleben. Das geht manchmal zulasten der Offenheit. Man bleibt gern unter sich.

Tatsächlich arbeiten, essen, leben und lieben wir anders als in der Mitte des 20. Jahrhunderts – haben aber noch dieselben Parteien. Die dazugehörigen Lager, die sozialen Schichten und Werte haben sich aber transformiert. Industriearbeiter sind nicht mehr die Verdammten der Erde, und nicht alle Katholiken wählen, was der Pfarrer empfiehlt.

Die SPD hat noch vor sich, was andere Säulen der Bundesrepublik - wie der Suhrkamp Verlag oder Karstadt - schon hinter sich haben: ihre Attraktivität und Nützlichkeit auch für jene beweisen, die die gute alte Zeit nicht erlebt haben.

Wozu wird die SPD denn noch gebraucht?

Um die Arbeit zu machen. In der Sozialdemokratie ist die Arbeit eine Form der Religion. Das schätzt auch die Kanzlerin, die eine ähnliche protestantische Arbeitsethik pflegt. In der Flüchtlingskrise hatte kein Genosse das Mobiltelefon ausgeschaltet, das erlaubte sich nur CSU-Chef Seehofer.

Sollte sich die SPD in der Opposition  erneuern?

Schöne Idee, wird aber nicht funktionieren. In der Opposition wird die Partei im innerfamiliären Zwist versinken, und die Wähler werden sie vergessen.

Dann ist sie reif für das Museum der einst glorreichen, aber untergegangenen Parteien, zwischen italienischen Christdemokraten und französischen Kommunisten.

Was könnte helfen?

Personen, die unter Verzicht auf eigene Ambitionen den Übergang zu einer neuen Generation organisieren. So wie der große Hans-Jochen Vogel in den Achtzigerjahren den Transfer der Brandt- und Schmidt-Partei zu jener von Lafontaine und Schröder möglich machte.

Und eine Frau an der Spitze.

und nochmal die spd - diesmal mit oskar ...

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Interview 

„Wieso ist die SPD so hasenfüßig?“ 

Der Grandseigneur der Linken, Oskar Lafontaine, über die Bedingungen für eine neue Politik jenseits der Großen Koalition 

Jakob Augstein | der Freitag


der Freitag: Was wäre anders geworden, wenn Sie Kanzler geworden wären?

Lafontaine: Da könnte ich jetzt viel erzählen. Die deutsche Einheit wäre anders verlaufen, wenn ich die Möglichkeit gehabt hätte, das zu gestalten. Ganz entscheidend ist, dass der Abbau des Sozialstaates mit mir nicht zu machen gewesen wäre.



nach einem der freitag-foto

Welche Fehler hätten Sie als Kanzler vermieden?
Ein wichtiger Fehler war die Währungsunion. Im Saarland war die Wirtschaft in den französischen Markt integriert und es wäre unvernünftig gewesen, die saarländische Wirtschaft von einem Tag auf den anderen auf den deutschen Markt zu verweisen. Also hat man eine Übergangsphase von vier Jahren gewählt und hat auch noch den Franc als Zahlungsmittel dort gelassen.

Das war klug ...
Richtig, weil damit die Wirtschaft Zeit hatte, sich umzustellen. Mit Blick auf die DDR-Wirtschaft musste doch klar sein: Wenn man so eine schwache Wirtschaft mit der härtesten Währung der Welt konfrontiert, ist das ein brutaler Fehler mit schlimmen Folgen. Wenn man einer schwachen Wirtschaft eine harte Währung aufdrückt, dann macht man sie platt.

Sie haben damals für den Euro gestimmt und gesagt: Währungssysteme sind keine Ideologie, sie sind Mechanismen, die funktionieren oder sie funktionieren nicht. Das ist sehr nüchtern.
Ich habe, als ich zum SPD-Vorsitzenden gewählt wurde, gesagt: Der Euro kann nur funktionieren, wenn es eine Lohnstückkostenkoordination gibt. Das heißt, wenn sich Löhne und Produktivität im Währungsraum ähnlich entwickeln. Wenn das nicht passiert, wird er zum Rohrkrepierer.

Warum wählen die Leute nicht in größeren Scharen links?
Das müsste man die Leute fragen.

Die Frage müsste auch für Sie von vitalem Interesse sein.
Es gibt eine ganze Reihe von Erklärungen. Eine simple wäre, dass sie uns genauso einordnen wie die übrigen Parteien. Das höre ich auch oft: Ihr seid genauso wie die anderen, wenn ihr dran seid, macht ihr denselben Mist. Nun muss man aber sehen, dass die Linke nicht nur in Deutschland, sondern überall von der herrschenden Öffentlichkeit systematisch diffamiert wird. Orwell hat gesagt, wenn die Lüge immer wieder wiederholt wird, wird sie zur Wahrheit.

Trotzdem erwarten sie sich von den Linken keine Linderung. Da kann doch nicht nur die Presse schuld sein.
Ja, das wäre zu einfach. Uns wird unter anderem das sogenannte SED-Erbe ewig vorgehalten. Das wabert noch heute bei jeder Diskussion mit. Bei der Wahl im Saarland kam ein Dorfbewohner zu mir und sagte: Ich war gerade beim Notar, der meinte, die Linke will dir das Häuschen wegnehmen. Die alten Klischees werden permanent gegen uns verwandt. Insofern hat die deutsche Linke es schwerer als die französische, die spanische oder die griechische. Nirgendwo ist Anti-Kommunismus so tief im Bewusstsein der Bevölkerung verankert wie in Deutschland.

Warum lassen sich die Leute leichter zu Ressentiments gegen Fremde mobilisieren als dazu, das eigene ökonomische Wohlbefinden zu mehren?
Das hängt zusammen. Man kann nicht übersehen, dass es eine Konkurrenz im Niedriglohnsektor gibt, die die davon Betroffenen ängstigt. Der Unternehmerverband ist immer dafür, möglichst viele ausländische Arbeitskräfte hereinzulassen. Um Löhne zu drücken!

Warum schaffen die Rechten etwas, was Linken nicht gelungen ist, nämlich etablierte Parteien vor sich herzutreiben, den öffentlichen Diskurs zu bestimmen?
Man kann das am besten in Frankreich beobachten. Dort ist der Parti Socialiste inzwischen marginalisiert. Weil er, wie alle traditionellen europäischen Arbeiterparteien, die Seiten gewechselt hat. Und der Front National versprach: Wir schützen euch vor den Gefährdungen der Globalisierung. Das ist das große Problem! Jetzt können wir die Parallele zu Deutschland ziehen. Die SPD war jahrzehntelang der Ansprechpartner der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer – hat aber seit Schröder die Seite gewechselt.

Martin Schulz’ Steuerkonzept sieht so aus: Entlastung für die Mitte, moderate Erhöhung für die Wohlhabenden, eine Reichensteuer. Klingt gut, oder?
Das klingt gut, ist aber nur ein Schrittchen in die richtige Richtung. Das reicht noch nicht, wenn man wirklich etwas verändern will. Vor der letzten Wahl haben die Sozis erzählt, sie wollten die Vermögenssteuer einführen. Gabriel hat später gesagt, dass das nicht so gemeint gewesen wäre. Sie haben ein Erbschaftssteuergesetz mit verabschiedet, bei dem man Milliarden-Vermögen praktisch ohne Besteuerung weitergeben kann.

Also Umverteilung von Milliarden?
Kein Mensch kann so viel arbeiten, dass er ein Milliarden-Vermögen anhäuft. Das ist immer „geraubtes“ Vermögen! Umverteilung ist ein völliges falsches Wort! Es muss heißen: Rückverteilung.

Martin Schulz halten Sie also nicht für einen linken Sozialdemokraten?
Den Anspruch hat er selbst nicht. Die ganze Partei ist Schritt für Schritt nach rechts gerückt.

Er ist mit dem Begriff „Respekt“ angetreten. Die Leute waren begeistert, denn das wollten sie von einem Sozialdemokraten hören.
Das war gut! Nur hat Schulz nicht geliefert. Was heißt denn Respekt? Was muss denn ein Rentner fühlen, der sagt, ich habe ein Leben lang gearbeitet und bekomme 800 Euro Rente? Der hat nicht das Gefühl, dass ihm Respekt entgegengebracht wird. Schulz hätte sagen müssen: „Rentenformel ändern, Kürzungen zurücknehmen.“ Dasselbe gilt für den Niedriglohnsektor. Wie fühlt sich jemand, der morgens aufstehen muss, richtig malocht und am Ende 1.000 Euro rausbekommt? Der hat einen Mindestlohn und kommt später kaum über die Mindestsicherung. Das ist Verweigerung von Respekt!

Sie haben gesagt, Rot-Rot-Grün hätte schon tolle Sachen machen können. Es gab die Mehrheit im Bundestag. Woran scheiterte es?
Also, die Grünen wären wendig genug, bei solchen Entscheidungen vor der Bundestagswahl mitzustimmen. Das große Problem ist die SPD. Ich verrate kein Geheimnis, wenn ich sage, dass ich mit Schulz und Gabriel gesprochen habe und beiden vorgeschlagen habe, diese Reformen im Bundestag vor der Bundestagswahl durchzuziehen. Deren größtes Problem aber war fehlende Glaubwürdigkeit. Die müssten irgendetwas machen, damit die Leute ihnen wieder abnehmen, dass sie es ernst meinen. Sie wollten aber nicht.

Vielleicht wollten sie aus Glaubwürdigkeit die Koalition mit der CDU nicht aufgeben?
Na gut, aber die CDU hatte offensichtlich kein Problem, bei der Teilzeitarbeit den Koalitionsvertrag einfach beiseite zu fegen. Wieso ist die SPD so hasenfüßig? Und es war doch sowieso vorbei, man hätte innerhalb von zwei Wochen Gesetze verabschieden können, die einen richtigen Aufbruch in Deutschland bedeutet hätten.

Funktioniert Politik so? Sagen Sie das jetzt als Spieler, als Zyniker?
Ich sage das als jemand, der jahrzehntelang Wahlkämpfe geführt hat und sich immer Gedanken gemacht hat, wie man zum Wahlerfolg kommt. Die SPD hat seit zwei Jahrzehnten den Stempel, dass sie vor den Wahlen sozial ist und nach den Wahlen nicht mehr. Den muss sie wegbekommen. Das geht nur mit glaubwürdigem Handeln. Und selbst wenn sie die Treue zu Merkel aufgegeben hätte – ja, mein Gott! Die SPD müsste doch mal treu sein zu ihren Wählerinnen und Wählern, den Arbeitnehmern und Rentnern. Für mich ist diese Koalitionstreue bis zum letzten Tag apolitisch!

Sagen Sie das jetzt nur, um Ihren alten Genossen eins über die Rübe zu hauen?
Nein. Das wäre der einzige Weg, um aus dieser Stimmungslage herauszukommen. Eine simple Rechnung lehrt, dass Rot-Rot-Grün nur eine Chance hätte, wenn die SPD über 30 Prozent kommt. Das geht aber nicht mit Schröder-Politik. Es ist absurd! Die SPD hat die Hälfte ihrer Wählerinnen und Wähler und auch ihrer Mitglieder verloren und will nicht dazulernen!

Wieso ist das so?
Ich weiß es nicht.

Das kann nicht sein! Wenn Sie das nicht wissen, wer soll das sonst erklären können?
Ich verstehe wirklich nicht, wieso man immer wieder mit dem Kopf gegen die Wand rennt. Ich kann nur Erklärungsansätze liefern: Die sind so tief im neoliberalen Denken gefangen, dass sie den Ausweg nicht mehr finden.

Habe ich Sie jetzt provoziert?
Ach Quatsch. Ich bin überzeugt, die können gar nicht mehr sozialdemokratisch denken! Die sind immer weiter nach rechts gerückt.

Meinen Sie das ernst?
Rechts im klassischen Sinne. Helmut Schmidt, früher mal der Sprecher des rechten Flügels, war ja nachher in der SPD links außen mit seinen Positionen zu Afghanistan oder zum Jugoslawien-Krieg. Die jetzige Führung der SPD hat die ganze verfehlte Europapolitik Merkels mitgetragen. Am schlimmsten ist, dass sie das Erbe meines politischen Ziehvaters Willy Brandt verraten haben. Jetzt stehen deutsche Soldaten an den Grenzen Russlands. Ich kann mir gar nicht ausmalen, was Willy Brandt sagen würde, sähe er, wie seine Ost-Entspannungspolitik entsorgt wurde. Mit Hilfe der SPD!

Denken Sie, Willy Brandt wäre heute in der Linkspartei?
Seine Maxime, dass von deutschen Boden kein Krieg mehr ausgehen soll, wird heute von keiner anderen Partei vertreten. Sein massives Eintreten für Frieden und Ausgleich mit Russland, damals Sowjetunion, wird heute ebenfalls von keiner anderen Partei vertreten. In welcher anderen Partei sollte sich der Friedensnobelpreisträger und Entspannungspolitiker Willy Brandt engagieren?

herr - es ist zeit ... - oder: die gefallene gerechtigkeit ...

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S!NED!|art: die gefallene gerechtigkeit


Herbsttag

Herr, es ist Zeit. Der Sommer war sehr groß.
Leg deinen Schatten auf die Sonnenuhren,
und auf den Fluren lass die Winde los. 

Befiehl den letzten Früchten, voll zu sein;
gib ihnen noch zwei südlichere Tage,
dränge sie zur Vollendung hin, und jage
die letzte Süße in den schweren Wein. 

Wer jetzt kein Haus hat, baut sich keines mehr.
Wer jetzt allein ist, wird es lange bleiben,
wird wachen, lesen, lange Briefe schreiben
und wird in den Alleen hin und her
unruhig wandern, wenn die Blätter treiben. 

Rainer Maria Rilke, 21.9.1902, Paris
[vor 115 Jahren]

apokalypse en minitature: wählen gehen

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Kontroverse um Miniatur Wunderland

"Ich verliere lieber ein paar Gäste als meine Seele"

Das Miniatur Wunderland ist die Touristenattraktion in der Hamburger Speicherstadt. Jetzt haben die Macher ein politisches Video veröffentlicht. Das kam nicht bei allen gut an.

Ein Interview von Charlene Optensteinen | SPIEGEL-online - click here

... und dazu dann noch dieser Link von "ANNE WILL" auf STERN.de: click here

die chemie muss stimmen ...

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Eine Wahlwerbung wohl der chemischen Industrie - "die Chemie" ... (aus SPIEGEL Nr. 39)

unvergessene willkommenskultur

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S!NED!|art: unvergessene willkommenskultur - xxl = click here




Diese leerenVersprechungen der "christlichen" Unionsparteien - 
das anfängliche rattenfängerhafte Euphoriegedusel - 
und dann die abrupte Kehrtwendung ins Gegenteil - 
haben sich mir - 
als das, was man wohl einen "Gutmenschen" nennt -
 tiefgreifend eingebrannt und maßlos enttäuscht ...

die Politik hat mich ganz einfach verarscht und mit meinen hehren Gefühlen "Ping-Pong" gespielt ...

Und das werde ich ja wohl 4 Tage vor einer Bundestagswahl als persönliches Fazit noch sagen dürfen ...

... und somit kann ich alle noch unentschlossenen Wähler
sehr gut verstehen ...


mein fazit aus der abgelaufenen legislaturperiode - eine bildikone in vielen zerquatschten varianten ...

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hier habe ich eine umstrittene charlie-hebdo-karikatur aus dem magazin oben von laurent sourisseau, pseudonym "Riss", etwas tragikomisch kombiniert mit dem emblem von "refugee air" - zu einer ganz neuen und tiefernst gemeinten aussage ... S!

der lebendige gott - schön & schrecklich - prof. klaus-peter jörns & die "gesellschaft für eine glaubensreform"

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Glaubensfragen 2017: Das religiöse Motiv des Abendmahls ist noch erkennbar, doch die Tafelrunde hat andere Sorgen und sieht die Tradition kritisch -  istockphoto/kingmatz1980









Gott und das schöne, schreckliche Leben

Vor fünf Jahren gründete sich die »Gesellschaft für eine Glaubensreform«. Ein Gespräch mit dem Vorsitzenden Klaus-Peter Jörns über die wachsende Kluft zwischen kirchlicher Lehre und heutigen Glaubenswelten

Publik-Forum: Herr Professor Jörns, warum braucht es eine eigene Gesellschaft für Glaubensreformen?

Klaus-Peter Jörns: Die Kirchen haben viele Strukturreformen durchgeführt. Aber was den Inhalt des Glaubens angeht, verweigern sie Reformen, weil das Dogma von der Bibel als Gottes Wort sie daran hindert. So kommt es auch, dass in Gottesdienst und Theologie immer noch Bildprogramme aus dem Großkönigsmilieu verwendet werden (Gott als »Herr« und »König« mit »himmlischen Heerscharen« und so weiter). Doch angesichts des Bildungswissens über den Menschen ist es absurd, die Wahrheit über das Leben einzig in der Bibel finden zu wollen. Immer mehr Kirchenmitglieder treten aus, weil das nicht ihre Welt ist. Oder sie verändern frei die Gestalt ihres Glaubens. Dazu können sie die Hilfe der Gesellschaft für eine Glaubensreform (GfGR) nutzen, in der Nichttheologen, Theologinnen und Theologen ohne Denkverbote nach einem heute glaubwürdigen Christentum suchen.

Was ist das Ziel Ihrer Gesellschaft?

Jörns: Die GfGR will Menschen helfen, Gott in eigenen Erfahrungen wahrzunehmen sowie uns selbst, Erde und Kosmos als Teile eines großen Ganzen zu begreifen. Da die kulturelle Evolution weitergeht, müssen Religionen sich mit verändern. Es bedarf »notwendiger Abschiede« und »Updates für den Glauben«. Wir dürfen die Bibel nicht als Belegstellensammlung für eine stillgestellte Dogmatik missbrauchen. Schaut man mittels der historisch-kritischen Forschung ihre spannende(n) Entstehungsgeschichte(n) an, macht sie selbst Mut zu Neuansätzen. Denn sie ist das literarische Endprodukt jahrhundertelanger theologischer Umarbeitungen von älteren Erfahrungen – und zwar auch aus anderen Religionen.

Mit welchen Themen setzen Sie sich inhaltlich auseinander?

Jörns: Evolution und Menschenbild; Gott – Person oder Kraft; Korrektur des Jesus-Bildes; Probleme einer Kinderbibel; Beten heute; Ökumene der Religionen und vieles mehr. Am Anfang stand die Ablehnung der Erlösungstheologie, nach der Jesus von Nazareth am Kreuz stellvertretend als Sühnopfer für »unsere Sünden« gestorben sei. Wir glauben nicht, dass unser unvollkommenes Menschsein todeswürdig wäre. Wir folgen Jesus, der erkannt hat, dass wir Hilfe brauchen, um das schwere Leben bestehen zu können. Und die evolutionäre Anthropologie lehrt uns, dass wir aus unserer tierlich-wilden Herkunft eine leicht entflammbare Neigung haben, unsere Interessen mittels Gewalt durchzusetzen. Diese Neigung in Schach zu halten gelingt nur durch die Stärkung der Kooperation, also durch Nächstenliebe.

Ist die Sühnopfer-Lehre noch von Bedeutung?

Jörns: Traurigerweise hat die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) mit ihrem Text »Für uns gestorben« (2015) unter Berufung auf frühe Sühneriten und Paulus wieder versucht, Gottes Vergebung von dem als Sühne gedeuteten Tod Jesu abhängig zu machen. Wir aber sehen das Christliche wesentlich geprägt durch Jesu Leben und seine Botschaft der unbedingten und unbegrenzten Liebe Gottes zum Leben. Aus ihr allein und nicht aus einem Blutvergießen nehmen Gottes und unsere Vergebung ihre Kraft. Da setzt die Revolution Jesu an.

Sollten Christen auf den Begriff »Sünde« ganz verzichten?

Jörns: Ich denke, ja. Denn »Sünde« verbindet Schuld immer mit dem, was Paulus die Feindschaft gegen Gott nennt. Nur in einer Theokratie hätte es Sinn, jede Schuld als Ausdruck von Feindschaft gegen den Gesetzgeber Gott zu bezeichnen. Außerdem bemühen sich die meisten Menschen, ein rechtschaffenes Leben zu führen. Das muss man würdigen und bestärken.

Wofür brauchen wir überhaupt Gott?

Jörns: Ich bin fasziniert von dem unglaublichen Zusammenspiel aller Elemente des Lebens und dankbar, daran teilzuhaben. Es ist ein glückliches, aber auch erschrecktes Staunen. Denn alles Leben wird auf Kosten anderen Lebens gelebt. Selbst die Erkenntnis, dass das Leben ein großer Transformationsprozess ist, in dem auch das zum Essen getötete Leben nicht verloren geht, sondern zu neuer Lebensenergie wird, tröstet mich nicht über das Töten hinweg. Aber dass es Leben überhaupt gibt, ist das größte Geheimnis. Albert Schweitzer hat das Dilemma, das sich damit verbindet, treffend formuliert: »Ich bin Leben, das leben will inmitten von Leben, das leben will.«

Das würde bedeuten, dass es Erlösung weder gibt noch braucht.

Jörns: Nur in dem Sinn braucht es Erlösung, dass man von sich selbst als gefühltem Zentrum der Welt wegkommt. Es geht darum, die Empathie mit dem Leben zu lernen. Das Leben ist ein Ganzes, und Gott entfaltet sich in der Evolution. Unbegreiflich bleibt, dass das Leben so schön und schrecklich ist, wie es ist.

Nach dem Sinn darf man nicht fragen?

Jörns: Einen für alle und alles zutreffenden Sinn im Leben gibt es nicht. Sinn ist entsprechend unseren Wahrnehmungsmöglichkeiten immer etwas perspektivisch Begrenztes. Als Geist und Liebe schafft, erhält und wandelt Gott das vielfältige Beziehungssystem, in dem wir leben und in dem »Sinn« millionenfach variiert.

Ein Atheist würde das Leben vielleicht ähnlich beschreiben, nur Gott weglassen.

Jörns: Denkbar. Für mich hat der Gottesglaube etwas Einleuchtendes: Das Leben ist aus einer unglaublichen Verdichtung von Quanteninformation entstanden und hat sich entfaltet in einem immer differenzierter werdenden Beziehungssystem. Dass dies alles Zufall gewesen sein soll, mag ich nicht denken. Diese Vorstellung ist mir zu kalt. Denn ich weiß aus Erfahrung: Geist hellt das Gemüt auf, und Liebe wärmt das Herz. Das ist und hat Sinn.

Viele Theologen halten an der Personalität Gottes fest, weil sie den Gedanken der Gerechtigkeit nicht aufgeben wollen. Das »Letzte Gericht« ist ein Hoffnungsbild für Opfer, dass Mörder am Ende nicht triumphieren.

Jörns: Die Personalität Gottes ist ein Produkt unserer Wahrnehmungsmuster, die sich an unserem Selbstbild orientieren. Übertrügen wir unser Selbstbild auf Gott, müssten wir von einer Menschenebenbildlichkeit Gottes reden. Aus meiner Sicht gibt es kein Weiterleben von Personalität, weil die ja mit der irdischen Existenz und ihrer Leiblichkeit zusammengehört. Meine Hoffnung ist eine andere: Alles, was in einem Leben gedacht, geglaubt, gehofft und geliebt wird, ist Energie, und Energie geht im Kosmos nicht verloren. Jeder Mensch wirkt durch diese geistigen Kräfte evolutiv-schöpferisch, über seinen Tod hinaus. Ich glaube, dass sich alle Potenzen von Geist und Liebe, die wir in dieses Leben hineingeben, nach allen Toden miteinander verbinden und neue Lebensgestalten schaffen. Aber es gibt keine Hoffnung auf eine wie auch immer gedachte Gerechtigkeit bei Gott, die etwas Furchtbares »wieder gut« machte. Die einzige Kraft, die mit erlittenem Unrecht leben lässt, ist die Vergebung. Sie kann selbst IS-Terroristen, die zum Morden radikalisiert worden sind, zugestehen, was Jesus seinen Kreuzigern zugestanden hat: »Vater, vergib ihnen. Denn sie wissen nicht, was sie tun« (Lukas 23, 34).

Ein Trost für Hinterbliebene ist das nicht.

Jörns: Kein Trost – und keine Todesstrafe – kann rückgängig machen, was geschehen ist. Gerechtigkeit in diesem Sinn gibt es auch bei Gott nicht. Aber den Schrei der Verlassenheit und den Schrei, der die Gottesbilder verflucht, die uns vorgaukeln, Gott werde das Böse nicht zulassen, kann und muss es geben. Nur wenn das herausgeschrien werden kann, wird es irgendwann in der Seele Frieden geben, der uns vor einem lebenslangen Trauma bewahrt.

Ist für Sie Theologie letzten Endes eine Wissenschaft vom Menschen?

Jörns: Theologie ist eine Wissenschaft, die menschliche Wahrnehmungen vom Leben mithilfe der Arbeitshypothese »Gott« (Bonhoeffer) deutet und einlädt zu glauben, dass unser individuelles Leben im Lebensganzen auf-, aber nicht verloren geht.

Hat Gottes Selbstentfaltung ein Ziel?

Jörns: Darin, dass sich Lebensgestalten bilden, die zum Frieden fähig sind. Einen Namen dafür gibt es noch nicht, so sehr ich in der Gestalt Jesu und anderer »Friedensstifter« Wegweiser zum Ziel sehe.

Wird das, was in der GfGR diskutiert und veröffentlicht wird, in der akademischen Theologie und in den Kirchen zur Kenntnis genommen?

Jörns: Die akademische Theologie ist ein System, das mit der kirchlichen Theologie durch Bekenntnisbindung und Prüfungsordnungen verschränkt ist. Glaubensreformerische Impulse gehen von ihr nur selten aus. Wohl aber reagieren die Kirchen gelegentlich direkt oder indirekt auf Reform-Schriften, wie etwa von Burkhard Müller, Hubertus Halbfas, Matthias Kroeger, mir und anderen. Interview: Hartmut Meesmann und Michael Schrom

Klaus-Peter Jörns, geboren 1939, war evangelischer Gemeindepfarrer und lehrte seit 1981 Praktische Theologie und Religionssoziologie in Berlin. Weitere Informationen zur Gesellschaft: www.klaus-peter-joerns.de, www.glaubensreform.de. Vom 17.-19. November findet die Jahrestagung in Arnoldshain statt.





aus: Publik-Forum 17/2017 - S. 32/33



Wahlkampf: Warum - Frau Bundeskanzlerin ???

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Wahlkampf

Gut drauf

Natalie Dedreux (18) hat das Downsyndrom. Im Fernsehen fragt sie die Kanzlerin, warum Menschen wie sie bis zuletzt abgetrieben werden dürfen

Von Eva-Maria Lerch | Publik-Forum

Es ist eines der TV-Formate, wie sie jetzt im Wahlkampf ständig über die Bildschirme laufen. Die Bundeskanzlerin steht in der »Wahlarena« der ARD vor rund 150 Wahlberechtigten und antwortet auf ihre Fragen. Die Teilnehmer wollen wissen, was Angela Merkel gegen den Pflegenotstand unternimmt, wie sie die Flüchtlinge integrieren will und warum sie gegen die Ehe für alle gestimmt hat. Die Kanzlerin antwortet freundlich, sachlich, häufig auch ausweichend. Doch als das Mikro an eine junge Frau mit Downsyndrom gereicht wird, verändert sich die Atmosphäre in der Arena und der Blick der Kanzlerin.

Natalie Dedreux trägt eine rote Brille, sie hat ein freundliches rundes Gesicht und große offene Augen. Sie liest ihre Frage von einem Zettel ab, doch ihre Stimme klingt kraftvoll. »Ich bin Redakteurin bei Ohrenkuss«, sagt die 18-Jährige. »Der Ohrenkuss ist ein Magazin. Da schreiben Menschen mit Downsyndrom – so wie ich. Neun von zehn Babys mit Downsyndrom werden in Deutschland nicht geboren. Sie werden abgetrieben. Ein Baby mit Downsyndrom darf bis wenige Tage vor der Geburt abgetrieben werden. Das nennt man Spätabbruch. Meine Kollegen und ich fragen Sie, Frau Merkel: Wieso darf man Babys mit Downsyndrom bis kurz vor der Geburt noch abtreiben?« Angela Merkel verlässt ihr Rednerpult in der Mitte des Raumes und bewegt sich auf die Fragende zu. Natalie Dedreux löst die Hände von ihrem Zettel und sagt: »Ich will nicht abgetrieben werden, sondern auf der Welt bleiben!« Das Publikum applaudiert, bewegt und lange.

Der kluge und offene Auftritt der jungen Kölnerin bewegt seitdem die deutsche Medienlandschaft, auch die britische Presse berichtet darüber. Mehr als die warmherzige, aber abwägende Antwort der Kanzlerin (»Wenn man sieht, was für ein toller Mensch Sie sind, dann kann ich nur sagen, dass es richtig ist, darüber nochmal nachzudenken«) hat die Fragestellerin selbst bewegt: Sie hat gezeigt, wie Menschen mit Downsyndrom selbstbewusst für ihre Interessen einstehen – und wie irrig es ist, ihren Lebenssinn zu bestreiten. Sie hat die Debatte über Spätabtreibung neu eröffnet.

Natalie Dedreux hat die Integrative Gesamtschule in Köln-Holweide besucht. Sie arbeitet in dem von der Caritas geführten Café Querbeet und will Köchin werden. Als Redakteurin der Zeitschrift Ohrenkuss schreibt sie Artikel und Gedichte in leichter, aber umso eindringlicherer Sprache. Sie macht Leichtathletik, sammelt BHs in verschiedenen Farben und schreibt über sich: »Seit ich geboren bin, sieht man mir an, dass ich das Downsyndrom habe. Man sieht es an den Augen und an den Ohren. Ich finde das gut. Ich bin gerne eine Frau mit Downsyndrom.«


aus. Publik-Forum, 20/2017 - S. 6

bundestagswahl & inklusion: wir sollen draußen bleiben ...

Wahlkampf: Sozial-O-Mat

quiche lorraine mit federweißer

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S!NED!|art: Quiche Lorraine mit Federweißer

tschüß

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Hochrechnung 19.30 Uhr 24.09.2017


also - so als erste reaktion aus meinem respektablen bauch heraus: angela merkel wäre gut beraten, nach einer solchen wahlklatsche von minus 8,5 %  zurückzutreten - und die verantwortung für diesen rechtsruck im lande auf sich zu nehmen ... (spd minus 4,9 % --- linke + 0,2 % - grüne + 0,8 % - also die vereinigte linke ein minus von [nur] 3,9 % !!!) - 
wenn es die cdu/csu versäumt hat, dafür einen adäquaten nachfolge-kandidaten aufzustellen - kann darunter nicht das ganze system leiden - (denkbar wäre ja dafür ja auch: Annegret Kramp-Karrenbauer) ...

im übrigen wäre auch eine 4-fache "liberal-linke""minderheiten"-koalition denkbar: spd: 20,8 - linke: 8,8 - grüne 9,2 - fdp 10,3 = 49,1 % ... S!
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