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Ein stiller Held: Sir Nicholas Winton ist tot ...

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Der "stille Held": Hunderte Kinder vor Holocaust gerettet

Sir Nicholas Winton stirbt im Alter von 106 Jahren


Sir Nicholas Winton: "Ein Vorbild wirklicher Menschlichkeit, grenzenloser Bescheidenheit und bürgerlicher Tapferkeit" -  Bearbeitung nach einem Photo von theguardian.com

669 jüdische Kinder rette er vor den Nazis - die Welt erfuhr davon erst Jahrzehnte später. 

"Wenn es nicht unmöglich ist, 
dann gibt es einen Weg", 
das war sein Lebensmotto.

Nun ist Sir Nicholas Winton gestorben.

Der Brite Sir Nicholas Winton, der 669 jüdische Kinder aus der früheren Tschechoslowakei vor dem Holocaust rettete, ist im Alter von 106 Jahren gestorben. Winton sei am Mittwochmorgen im Beisein seiner Tochter Barbara und von zwei Enkeln friedlich eingeschlafen, teilte der Rotary Club in Maidenhead bei London mit, dessen Mitglied er war.

Winton trägt 1939 eins "seiner Kinder" zum Transportzug -
Photo: NATIONAL ARCHIVES | telegraph.co.uk
Winton hatte unmittelbar vor Ausbruch des Zweiten Weltkriegs acht Züge für jüdische Kinder aus Prag nach London organisiert. In Großbritannien fand er Pflegeeltern, die die Garantiesumme von 50 Pfund aufzubringen bereit waren. "Wenn es nicht unmöglich ist, dann gibt es einen Weg", wurde zu seinem Lebensmotto. Unter den 669 Geretteten waren unter anderem der Filmregisseur Karel Reisz und der britische Labour-Politiker Alfred Dubs.

Zeitungsausschnitt: "Der ruhige Held ist zum Ritter geschlagen
worden" - 2003 von der Queen: Von nun an "Sir" Winton ... -
      Abb.: ebay-auktion 
Jahrzehntelang hatte Winton kein Aufhebens um die beispiellose Rettungsaktion gemacht. Erst im Jahr 1988 machte eine britische Fernsehsendung die Geschichte der Kindertransporte einer breiteren Öffentlichkeit bekannt. Er sei nur "am richtigen Ort zur richtigen Zeit gewesen", sagte Winton später einmal.

Der tschechische Ministerpräsident Bohuslav Sobotka sagte am Mittwoch, Winton habe 669 Kinder vor Nazi-Verfolgung und dem beinahe sicheren Tod gerettet. Er sei für ihn "ein Vorbild wirklicher Menschlichkeit, grenzenloser Bescheidenheit und bürgerlicher Tapferkeit"gewesen. "Die Welt hat einen großen Mann verloren", teilte der britische Premier David Cameron auf Twitter mit.

Original-"Visum" von einem der so genannten "Winton-Kinder" |
Photo: REUTERS/Toby Melville | Business Insider
Wegen der Rettungsaktion wurde Winton auch der britische Schindler genannt. Doch der Vergleich mit dem Industriellen missfiel dem bescheidenen Mann zeitlebens. Für seine Taten erhielt Winton, der am 19. Mai 1909 in London zur Welt gekommen war, zahlreiche Auszeichnungen. Er wurde dreimal für den Friedensnobelpreis nominiert. Im Jahr 2003 wurde der frühere Börsenmakler, der von deutsch-jüdischen Einwanderern abstammte, von der britischen Königin zum Ritter geschlagen.

Vorigen Oktober war Winton noch persönlich nach Prag gereist, um den Orden des Weißen Löwen entgegenzunehmen, die höchste staatliche Auszeichnung. Bei der bewegenden Zeremonie waren auch sieben der damaligen Kinder dabei. Winton erinnerte daran, dass viele Länder keine unbegleiteten Kinder als Flüchtlinge aufnehmen wollten. "Viele Politiker begriffen nicht, was auf dem Kontinent geschah", sagte Winton zum Vorabend des Zweiten Weltkriegs.

Der letzte Zug von Kindern verließ Prag am 2. August 1939. Ein zuletzt geplanter und größter Zug, den Winton organisiert hatte, durfte Prag am 1. September 1939 nicht mehr verlassen, weil an diesem Tag Hitler-Deutschland  in Polen einmarschiert war und alle Grenzen geschlossen wurden ... Heute geht man davon aus, dass die meisten der 250 Kinder an Bord im Konzentrationslager starben.

brk/dpa SPIEGEL.de



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Und hier wieder so ein mutmachendes und muntermachendes Beispiel aus meiner kleinen Doku-Serie: "Wunder gibt es immer wieder": Am 3. Dezember 1938 traf ein 29-jähriger britischer Börsenmakler eine Entscheidung, die sein Leben verändern sollte: Er brach einen Skiurlaub ab, um zu einem Freund Martin Blake nach Prag zu fahren, der ihn verzweifelt um seine Hilfe gebeten hatte. Und diese Entscheidung hat im Nachhinein das Leben von 669 Menschen gerettet.

Winton selbst hat nie jemandem erzählt von dieser Mission, nicht einmal seiner Frau Grete. Erst 50 Jahre später, im Jahr 1988, fand sie dann auf dem Dachboden zufällig ein Sammelalbum mit Fotos, Dokumenten und die Liste der Kinder. Sie brachte diesen Fund zu einem Holocaust-Historiker, der diese Winton-Geschichte dann zunächst für die BBC aufbereitet hat. Und ohne sein Wissen besteht bei der Premiere eines BBC-Beitrages dazu, zu der Winton 1988 natürlich eingeladen war, das Publikum zum größten Teil aus "seinen" noch lebenden "Kinder" oder deren Nachkommen (s. Video-Trailer der BBC-Sendung von 1988 "That's Life" - "So ist das Leben" - oben). 
Eine Statue von Sir Nicholas Winton von
der Künstlerin Flor Kent 
auf dem Prager Hauptbahnhof.
Das Mädchen dieser Figurengruppe
ist nach der Enkelin eines geretteten
"Winton-Kinder" modelliert worden ...
WIKIPEDIA
Sir Winton war einer dieser fast "wunder"-baren "stillen Helden", deren segenreiches Wirken so zufällig beim Stöbern auf dem Dachboden entdeckt wird - und die auch erst selber, vielleicht 50 Jahre später, richtig erfassen, was sie mit ihrem damaligen tatsächlich "selbstlosen" - vielleicht auch selbst schon "vergessenen" - Handeln ausgelöst haben ... - und die dann - wenn auch eben spät - ihre verdiente öffentliche Anerkennung und Auszeichnung und Ehrung erhalten. 

Zum Glück hat Sir Winton das noch hochbetagt bei geistiger Frische erfahren und miterleben dürfen. Wir können uns nur vor einem solchen "stillen Helden" tief verneigen und dankbar sein, auch wenn wir nicht direkt mit den Winton-Kindern zu tun haben ...
Sir Winton wurde insgesamt 3 x für den Friedens-Nobelpreis vorgeschlagen - leider hat er den nie bekommen ... - Warum Barack Obama schon vor seiner Präsidentschaft in den USA diesen Preis jedoch bekam - eigentlich ohne entsprechende Verdienste im einzelnen vorzuweisen - und nicht Sir Winton - bleibt mir schleierhaft ...


siehe auch: hier 




Sir Nicholas George Winton MBE 

(* 19. Mai 1909 in London; † 1. Juli 2015 in Slough) war ein britischer Staatsbürger, der kurz vor Beginn des Zweiten Weltkriegs die Rettung von 669 meist jüdischen tschechoslowakischen Kindern vor dem Holocaust organisierte. Diese Aktion wurde als der tschechische Kindertransport bekannt. Winton, der selbst jüdischer Abstammung ist, gilt als „britischer Schindler“.

Nicholas Winton wurde als Kind von Rudolf und Barbara Wertheim, geborene Wertheimer, deutschen Juden, geboren, die zum Christentum konvertiert und im Jahre 1907 nach England ausgewandert waren. 

Am 29. Juli 1915, also im 1. Weltkrieg, änderte die Familie ihren Namen zum englisch klingenden Namen Wortham. 

1938 nach dem Tod des Vaters am 6. Juli 1937 hatten sie ihren Namen von Wortham zu Winton geändert. Nach Schulbesuch und Banklehre arbeitete er bei Banken in England, Hamburg (L. Behrens & Söhne), Berlin (Deutsche Bank unter Oscar Wassermann) und ab 1931 bei der Banque Nationale du Crédit in Paris, die später zur BNP Paribas wurde. 

Nach seiner Rückkehr nach London arbeitete er als Broker. Auf Einladung von Freunden besuchte er statt eines geplanten Skiurlaubs in der Schweiz zu Weihnachten 1938 Prag, das nach der Besetzung des Sudetenlandes von Flüchtlingen bedrängt wurde. Von seiner Herkunft her sensibilisiert, versuchte er zu helfen und nach seiner Rückkehr in London die Ausreise wenigstens von Kindern zu organisieren. Diese war nach den Novemberpogromen möglich durch ein britisches Gesetz für Kinder unter 17 Jahren (Refugee Children Movement). 

Das gelang ihm von London aus mit einem Prager Gewährsmann durch das Auftun von Adoptiveltern, Sammeln von Geld für Visa, Kautionen und Reisekosten für Kindertransporte, deren letzter für den 3. September 1939 geplant war. Nach Ausbruch des Krieges kam dieser Zug nicht mehr zustande. Winton, der sich auch im Alter gemeinnützig betätigte und dafür mit dem Order of the British Empire geehrt wurde, sprach nicht über seine Taten. Auch die Kinder ahnten nichts von seinem Beitrag. Sie glaubten an eine Mitwirkung des Roten Kreuzes. Erst seine Frau fand 1988 in einem Koffer auf dem Speicher des Wohnhauses Material und brachte die Sache an die Öffentlichkeit.


Inmitten „seiner“ Kinder 

1997 produzierte Matej Mináč, ein slowakischer Filmemacher, den Spielfilm All My Loved Ones, an dessen Ende eine Szene mit Winton zu sehen ist. Diese Szene hatte eine solch starke Wirkung, dass Mináč sich entschloss, einen Dokumentarfilm über Wintons Leben zu drehen mit dem Titel: Nicholas Winton – The Power of Good. Dieser Film gewann 2002 den Internationalen Emmy Award in der Kategorie Documentary.

2001 besuchten Charles und Rita Gelman aus Ann Arbor (Michigan, USA) die Tschechische Republik kurz nach dem 11. September. Dort trafen sie auch Matej Mináč und sahen den Film. Danach waren die Gelmans von dem Gedanken überzeugt, dass diesen Film jeder amerikanische Schüler sehen sollte. Heute vertreibt die„Gelman Educational Foundation“ diesen Film kostenlos an Lehrer in ganz Nordamerika.

2011 erschien der Film Sir Nicky – Held wider Willen, im Original Nicky’s Family. In diesem Dokumentarfilm führte Matej Mináč ebenfalls Regie.

Durch die Initiative tschechischer Schüler entstand eine Petition, in der Gymnasiasten und Mittelschüler die entsprechenden Gremien des norwegischen Parlaments auffordern, Nicholas Winton für seine Verdienste den Friedensnobelpreis zu verleihen. Zum 9. Oktober 2007 hatte die Petition bereits 32.233 Unterschriften. 2011 und 2013 fanden abermals Petitionen statt. 2013 unterschrieben sogar 212.000 Menschen die Petition. Eine Zählung vom 14. Juli 2014 kommt sogar auf 281.012 Unterschriften. Winton war insgesamt schon drei Mal für den Friedensnobelpreis nominiert, bekam ihn jedoch weder 2008 noch 2011 bzw. 2013.

Nicholas Winton wohnte in Maidenhead, England. Er wurde 1983 wegen seiner karitativen Arbeit für Ältere als Member in den Order of the British Empire aufgenommen, vor allem aufgrund der Gründung der Abbeyfield-Häuser. In Tschechien wurde er mit dem Freiheitspreis der Hauptstadt Prag ausgezeichnet. Am 28. Oktober 1998 erhielt Winton aus den Händen des Staatspräsidenten Václav Havel den Masaryk-Orden. Am 5. Juli 2001 wurde ein Asteroid nach Winton benannt: (19384) Winton. Im Dezember 2002 wurde Winton von Königin Elisabeth II. für seine Verdienste um die Menschlichkeit zum Ritter geschlagen. Am 28. Oktober 2014 wurde ihm vom Präsidenten Miloš Zeman der Orden des Weißen Löwen, die höchste staatliche Auszeichnung Tschechiens, verliehen.

Im Alter von 100 Jahren erlebte Nicholas Winton die Gedenkfeier in London, wo vor 70 Jahren die Kinder ankamen. Am 4. September 2009 fuhr der historische Zug „The Winton Train“, in dem einige der Holocaust-Überlebenden saßen, im Bahnhof Liverpool Street ein. Sie und ihre Kinder und Kindeskinder dankten Nicholas Winton persönlich.






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