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Merkels Schloss: Der Grundstein für ein 900-Millionen-Show/Luxus-Projekt, das kein Mensch braucht ... - und legt Euch wieder hin ...

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Stadtschloss-Grundsteinlegung 

Unser Palast der Republik

Aus einem Kommentar in SPIEGEL-ONLINE | Kultur
von Sebastian Hammelehle


Der Wiederaufbau des Stadtschlosses war nicht Angela Merkels Projekt, sondern hat eine zwei Jahrzehnte dauernde Vorgeschichte - und doch symbolisiert der Bau den Geist ihrer Amtszeit derart perfekt, dass man in Analogie zu den Grands Projets der französischen Staatsoberhäupter von Merkels Schloss sprechen könnte.

Während ihrer Amtszeit hat sich nach den zum Teil hysterischen Debatten der Ära Gerhard Schröder eine schläfrige, biedermeierliche Ruhe über das Land gelegt. Die erweckt den Anschein, dass der Bevölkerung nichts lieber ist, als das Merkel zugeschriebene Unwort von der "Alternativlosigkeit" zu schlucken. Sowenig es der größten Oppositionspartei, der SPD, gelingt, sich in den Monaten vor der Bundestagswahl deutlich gegen die Kanzlerin zu positionieren, so wenig scheint auch der Rest der breiteren bundesdeutschen Öffentlichkeit pointierte Einwände gegen Merkel zu haben.




In der "marktkonformen Demokratie" (ein weiteres, Merkel zugeschriebenes Unwort von historischen Ausmaßen) kann man es sich anscheinend erlauben, der Liste der in Deutschland im Bau befindlichen Großprojekte von BER, Elbphilharmonie und Stuttgart 21 einen weiteren Renommierbau hinzufügen. Schon jetzt werden die Kosten für das Stadtschloss auf 900 Millionen Euro geschätzt - doch die vielbeschworenen Wutbürger gehen nicht auf die Straße.

Egal was man von den Plänen des Architekten Franco Stella hält - zukunftsweisend sind sie nicht. Anders als frühere große öffentliche Bauprojekte - etwa die Bauten Günter Behnischs für die Olympischen Spiele 1972 oder den Bonner Bundestag oder auch Norman Fosters Reichstagskuppel - signalisiert Stellas Bau nicht die Utopie eines freundlicheren, weltoffeneren Deutschland, sondern steht für ein Land, das sich zunehmend mit seiner imperialen Vergangenheit aussöhnt und das ästhetisch ziemlich konservativ geworden ist.

In Frankreich wurde die deutsche Rolle in der EU unter Merkel bereits mit der Preußens im Deutschen Reich verglichen. In anderen europäischen Ländern artikuliert man die Skepsis gegen die neu gewonnene Vorherrschaft der Bundesrepublik noch viel schärfer. Die Rekonstruktion eines Repräsentationsbaus, in dem einst die Kurfürsten und Könige Preußens residierten, liefert dem Eindruck einer zunehmenden deutschen Hegemonie ein sinnfälliges Bild.

Nicht nur in Istanbul, sondern auch in New York, Athen oder Kairo war der öffentliche Raum, besonders die großen Plätze, zuletzt ein von Soziologen beobachtetes Labor für gesellschaftliche Öffnung - dort demonstrierten die Massen. Der rückwärtsgewandte Bau in Berlin steht für eine ganz andere Demonstration: die des wiedergewonnenen nationalen Selbstbewusstseins.

http://www.spiegel.de/kultur/gesellschaft/kommentar-zur-grundsteinlegung-am-berliner-stadtschloss-a-905268.html

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