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Bradley Manning - Der Resozialisierungsaspekt für einen 25-jährigen Whistleblower nach 35 Jahren Haft ....

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AUFGESCHNAPPT - AUFGELESEN - AUFGEPEPPT - AUFGEREGT

"Nur" 35 Jahre ...

Protestplakat für Bradley Manning
Ein "naiver, junger Mann mit guten Absichten", so wird der Whistleblower Bradley Manning von seiner Verteidigung wohl zu Recht dargestellt. Sein einziges Ziel - aber auch sein einziges Vergehen - ist es gewesen, Kriegsgräuel im Irak zu enthüllen und "damit weltweite Debatten und Reformen auszulösen".


Und das demokratischste und natürlich auch rechtsstaatlichste aller Länder dieser Erde (meint z.B. neben den USA selbst - auch unsere Kanzlerin Frau Merkel - zumindest in Zusammenhang mit dem ja gar nicht "weit entfernten" NSA-Skandal ...) verkündet nun das Strafmaß für Bradley Manning: 35 Jahre Haft für diesen gerade mal 25-jährigen Soldaten, nachdem man ihn ja bereits für "schuldig" der "Spionage" und des "Geheinisverrats" ohne Wenn und Aber befunden hatte - und Manning selbst hat ja nach Jahren der unmenschlichsten Verhöre und Demütigungen letzte Woche erstmals zum Selbstschutz um eine Entschuldigung "für seine Vergehen" gebeten ... 

Militärrichterin Denise Lind hatte zuvor festgelegt, dass von der Strafe 1294 Tage - das sind knapp dreieinhalb Jahre - abgezogen werden. Sie begründete dies damit, dass Manning bereits seit Mai 2010 hinter Gittern sitze und dabei neun Monate in Einzelhaft verbringen musste. Lind ordnete außerdem an, den Obergefreiten unehrenhaft aus der Armee zu entlassen.

Zuvor hatte sich die Anklage der Staatsanwaltschaft unter anderem auf Artikel 104 des Militärgesetzbuches ("Uniform Code of Military Justice") sowie auf das Spionagegesetz aus dem Jahr 1917 [!] bezogen - also noch aus dem 1. Weltkrieg - und damit sicherlich sehr zeitgemäß - hinsichtlich der Möglichkeiten heutzutage von PC, Kopien, elektronischer Speicherung und Weiterleitung usw. - und beide Gesetzeswerke sehen als höchstes Strafmaß die Todesstrafe vor. Militärstaatsanwalt Ashden Fein verzichtete in seinem Schlussplädoyer jedoch auf diese Maximalstrafe und forderte insgesamt lebenslang plus 154 Jahre Haft für Manning.

Ja - da sieht man doch, wie weitsichtig, human, demokratisch und rechtsstaatlich in den USA ein erst 25-jähriger "Aufklärer" ratzefatz nach 3 Jahren Haft - davon 9 Monaten Einzelhaft, nach schikanösen Verhören und folterähnlichen Geständniserpressungen - abgeurteilt wird. Ein blutjunger naiver Mann, der in einem ohne jede internationale Legitimation von George Bush angezettelten "Waffengang" gegen den Irak - also massiv und einseitig gegen das Völkerrecht verstoßend -  die amerikanischen Kriegsvergehen dort vor Ort anprangern wollte... 

Immerhin hat man ja das Strafmaß von der geforderten "Lebenslänglichkeit" - "plus 154 Jahre" Haftstrafe - nun unter "rechtsstaatlichen Prämissen" auf 35 Jahre - abzüglich 3,5 Jahre - reduziert. 

Toll - großartig - und direkt eine Einladung an Edward Snowden, endlich in sein Heimatland, zurückzukehren.

Das nun gefundene "reduzierte" Strafmaß ist drakonisch - und völlig überzogen - ja - totalitär: selbst wenn es Manning eines Tages gelingen sollte, vorzeitig entlassen zu werden (inzwischen munkelt man, dass vielleicht nach 10-11 Jahren eine Haftentlassung möglich sei ...). Das Strafmaß ist brutal, selbst wenn es hinter der maßlosen Forderung der Anklage bleibt. Die Regierung hat das Signal der Erbarmungslosigkeit bekommen, das sie wollte: Wer Geheimnisse verrät, der verrät sein Land, wer sein Land verrät, bekommt praktisch lebenslang. Wer also die Öffentlichkeit aufklären möchte, weil er den Staat auf einem falschen, gar gefährlichen Weg wähnt, der wird behandelt wie ein Mörder. - Ich schreibe das hier - obwohl ich mich nicht zu den notorischen Amerikafeinden zählen würde - ich bin allerdings auch nicht mehr so ein euphorischer Amerikafreund wie etwa zu meiner Jugend - als das amerikanische "On the Road", Jack Kerouac, Woodstock, Los Angeles und die Route 66 die Inbegriffe individueller Freiheiten waren. 

In Deutschland bedeutet "Lebenslänglich" 25 Jahre Freiheitsentzug. Davon kann ein Drittel bei guter Führung zur Bewährung ausgesetzt werden. Also - wenn alles gut läuft ist der/die Straftäter/In tatsächlich nach ca. 15 Jahren wieder frei. Das gilt aber nicht bei Feststellung der "besonderen Schwere der Schuld". Dann müssen die 25 Jahre auch tatsächlich abgesessen werden. Darüber hinaus kann Sicherungsverwahrung angeordnet werden. Dann erst wäre es wirklich "lebenslänglich"...

Bei dem Gladbecker Geiselnehmer und Mörder Degowski wird in Deutschland inzwischen von der Haftprüfung signalisiert, eine Entlassungsvorbereitung einleiten zu wollen. 

Gut - man darf nicht Äpfel mit Birnen vergleichen: aber dass im Falle von Bradley Manning das Strafmaß auch nach seiner "humanen" Reduzierung auf insgesamt 31,5 Jahre noch gewaltig "gen Himmel stinkt" - ist doch auch irgendwie klar... besonders im Vergleich, wenn "Amnesty International" aufruft, sich für die Horror-Verurteilten in China, Russland und anderswo einzusetzen ...

Und warum wird nicht George Bush jr. angezeigt und abgeurteilt wegen Verstoß gegen das Völkerrecht - nämlich besagten ungerechtfertigten Krieg gegen den Irak vom Zaun gebrochen zu haben, der eine ganze Region in Not und Elend auf Jahre hinaus befördert hat - als ein Verstoß gegen die Menschlichkeit - allein aus Machtdünkel ...

"Rechts"-staatlichkeit - liebe Frau Merkel - ist ein weites Feld, was man einer Physikerin aus der ehemaligen DDR sicherlich noch einmal gesondert nahebringen sollte ...    

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