Am 26. Februar 2012 - also vor gut einem Jahr - hat der Schriftsteller Ingo Schulze im Rahmen der “Dresdner Reden 2012” *) im Dresdner Schauspielhaus eine Rede unter der Überschrift “Unsere schönen neuen Kleider | Gegen die marktkonforme Demokratie – für demokratiekonforme Märkte” gehalten. Die vollständige Rede gibt es als pdf bei den Nachdenkseiten zum Download. Die 26 Seiten durchzulesen lohnt sich auf jeden Fall. Ingo Schulze übernimmt in diesem Text die Rolle des Kindes aus dem Märchen “Des Kaisers neue Kleider”, das ausruft: “Aber der hat doch nichts an”. Er spricht eine Wahrheit aus, die niemand gern hören will.
Ich werde in den nächsten Tagen plakativ einige Kernsätze dieser Rede hier ins Blog posten und mit meinen Möglichkeiten versuchen, sie zu illustrieren ... - einfach um Sie neugierig zu machen - aber auch um Sie aufzuschrecken, denn klammheimlich scheint es unserer jungen Demokratie in Deutschland an den Kragen zu gehen ...
Ich habe diese Rede kennengelernt, als ich im Rahmen meiner "EGO"-Lektüre (Frank Schirrmacher: EGO - Das Spiel des Lebens, Blessing, 2013) zu dem Merkelanismus-Begriff "marktkonforme Demokratie" gegoogelt habe.
Sie können diese Rede auch als Buch kaufen oder als Kindle-Edition herunterladen:
Ingo Schulze | Unsere schönen neuen Kleider | Gegen eine marktkonforme Demokratie - für demokratiekonforme Märkte, Hanser-Verlag Berlin, 2012
siehe auch:
http://nunchic.blogspot.de/2013/03/kapitalismus-braucht-keine-demokratie.html
http://nunchic.blogspot.de/2013/02/demokratie-marktkonform-this-is-end.html
*) In den vergangenen über 20 Jahren war die Reihe "Dresdner Reden" geprägt von der völligen Freiheit der Vortragenden, zu welchem Thema sie sprechen wollten. Kein Motto stand über den Dresdner Reden, allein der „Gedanke zur Zeit“ war das verbindende Element der Reden eines Jahrgangs – sonst war es dem Redner überlassen, aus welchem Blickwinkel aus er die Welt betrachten wollte.
Die Sächsische Zeitung und das Staatsschauspiel Dresden, die die Redenreihe als Kooperationspartner ausrichten, haben sich vor dem Hintergrund der jüngsten Ereignisse und Entwicklungen entschlossen, in diesem Jahr erstmals eine Ausnahme zu machen. Alle Rednerinnen und Redner des diesjährigen Jahrgangs setzen sich mit den Themen Extremismus und der Gefährdung der Demokratie auseinander.
s!NEdi|photo|graphy: eigentlich ist alles recht offensichtlich ... |
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Wie im Märchen (hier nimmt der Redner, Ingo Schulze, Bezug auf das vorher von ihm vorgetragene Märchen: Des Kaisers neue Kleider von Hans Christian Andersen) ist auch in unserer Welt eigentlich alles recht offensichtlich:
- die beständige Schwächung der Demokratie,
- die zunehmende soziale und ökonomische Polarisierung in Arm und Reich,
- der Ruin des Sozialstaates,
- die Privatisierung und damit Ökonomisierung aller Lebensbereiche (der Bildung, des Gesundheitswesens, des öffentlichen Verkehrssystems usw.),
- die Blindheit für den Rechtsextremismus,
- die offene und verdeckte Zensur (mal als direkte Ablehnung, mal in Form von Quote oder Format),
- und, und, und …
Wer hinsieht, müsste doch eigentlich sehen, was passiert! Oder nicht? ...
Wenn ich jetzt ... hier stehe, so nicht, weil ich glaube, Ihnen etwas sagen zu können, was Sie nicht schon längst wissen oder unschwer selbst nachlesen können, sondern weil das, was Sie längst wissen oder unschwer selbst nachlesen können in der Öffentlichkeit kaum eine Rolle spielt und praktisch keinen Einfluss auf die politischen Entscheidungen hat, die in diesem Land getroffen werden. ...
Ingo Schulze in der "Dresdner Rede 2012"
(Fortsetzung folgt)