Sie wissen ja - die Fastenaktion "7 WOCHEN OHNE" unter dem Motto: "SELBER DENKEN!"- ...ohne falsche Gewissheiten leben... Gerade beim Thema Ukraine und Krim-Krise ist dieses "SELBER DENKEN!" zur Zeit unerlässlich - haben doch beide Seiten ihre Propaganda-Gebetsmühlen aus dem "kalten Krieg" hervorgekramt, um uns zu verwirren - und "falsche Gewissheiten" zu streuen ...
Und hier nun dokumentiert - der Wortlaut der Gysi-Rede vom letzten Donnerstag im Deutschen Bundestag zur Lage in der Ukraine und der Krim ...
Herr Präsident! Meine Damen und Herren!
Putin will die gesamte Krise in der Ukraine militärisch lösen. Er hat nicht begriffen, dass die Probleme der Menschheit weder mit Soldaten noch mit Gewehren zu lösen sind, ganz im Gegenteil.
Auch die Probleme Russlands lassen sich so nicht lösen.
Sein Denken und Handeln ist falsch und wird von uns deutlich verurteilt.
Es ist aber dasselbe Denken, das im Westen vorherrschte und vorherrscht: bei Jugoslawien, Afghanistan, dem Irak und Libyen.
An die Stelle der Systemkonfrontation sind die Interessengegensätze der USA und Russlands getreten. Der Kalte Krieg ist beendet, aber solche Interessengegensätze können zu ganz ähnlichen Zügen führen.
Die USA wollen mehr Einfluss gewinnen und vorhandenen verteidigen, und Russland will mehr Einfluss gewinnen und vorhandenen verteidigen. Ich sage als Stichworte zu Russland nur: Georgien, Syrien, Ukraine.
Auch wenn man Putins Vorgehen verurteilt, muss man sehen, wie es zur gesamten Zuspitzung und Konfrontation kam. Ich sage es Ihnen ganz deutlich: Alles, was NATO und EU falsch machen konnten, haben sie falsch gemacht.
Ich beginne bei Gorbatschow im Jahre 1990. Er schlug ein gemeinsames europäisches Haus, die Auflösung der NATO und des Warschauer Vertrages und ein Konzept der „Gemeinsamen Sicherheit“ mit Russland vor. Das hat die NATO ausgeschlagen. Sie hat gesagt: Den Warschauer Vertrag aufzulösen, ist okay, aber die NATO bleibt. Und aus dem Verteidigungsbündnis NATO wurde ein Interventionsbündnis gemacht.
Der zweite Fehler: Bei der Herstellung der deutschen Einheit erklärten der amerikanische Außenminister, unser damaliger Außenminister Genscher und andere Außenminister gegenüber Gorbatschow, dass es keine Osterweiterung der NATO geben wird. Dieses Versprechen ist gebrochen worden. Es gab eine vehemente Ausweitung der NATO in Richtung Russland.
Der ehemalige US-Verteidigungsminister Robert Gates bezeichnete die eilfertige Aufnahme der osteuropäischen Staaten in die NATO als schweren Fehler und den Versuch des Westens, die Ukraine in die NATO einzuladen, als schwere Provokation. Nicht ich, sondern der ehemalige US-amerikanische Verteidigungsminister hat das erklärt.
Dann kam drittens der Beschluss, Raketen in Polen und Tschechien zu stationieren. Die russische Regierung sagte: Das tangiert unsere Sicherheitsinteressen; wir möchten das nicht. Das hat den Westen überhaupt nicht interessiert. Es wurde dennoch gemacht.
Zudem hat die NATO im Zusammenhang mit dem Jugoslawienkrieg das Völkerrecht mehrfach und schwer verletzt. Das räumt inzwischen auch der damalige Kanzler Schröder ein. Serbien hatte keinen anderen Staat angegriffen, und es gab keinen Beschluss des UN-Sicherheitsrates. Es wurde dennoch mit erstmaliger bundesdeutscher Beteiligung nach 1945 bombardiert. Und die Bewohnerinnen und Bewohner des Kosovo durften in einem Volksentscheid die Loslösung von Serbien beschließen.
Ich habe damals die Völkerrechtsverletzung schwer kritisiert und Ihnen gesagt: Sie öffnen beim Kosovo eine Büchse der Pandora; denn wenn das im Kosovo erlaubt ist, müssen Sie es auch in anderen Gegenden erlauben. Sie haben mich beschimpft. Sie haben es nicht ernst genommen, und zwar weil Sie glaubten, solche Sieger im Kalten Krieg zu sein, dass alle alten Maßstäbe für Sie nicht mehr gelten. Ich sage Ihnen: Die Basken fragen, warum sie keinen Volksentscheid machen dürfen, ob sie zu Spanien gehören wollen oder nicht. Die Katalanen fragen, warum sie keinen Volksentscheid machen dürfen, ob sie zu Spanien gehören wollen oder nicht. Natürlich fragen das nun auch die Bewohnerinnen und Bewohner der Krim.
Durch Völkerrechtsverletzung kann man über Gewohnheitsrecht auch neues Völkerrecht schaffen; das wissen Sie. Ich bleibe aber der Meinung, dass die Abtrennung der Krim völkerrechtswidrig wäre, genauso wie die Abtrennung des Kosovo völkerrechtswidrig war.
Ich wusste aber, dass sich Putin auf den Kosovo berufen wird, und er hat es auch getan. Jetzt sagen Sie, Frau Bundeskanzlerin: Die Situation ist doch eine völlig andere.
(Claudia Roth (Augsburg) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Das ist sie auch!)
- Das kann schon sein. Sie verkennen aber: Völkerrechtsbruch ist Völkerrechtsbruch. Meine liebe Frau Roth, fragen Sie doch einmal einen Richter, ob ein Diebstahl aus edlerem Motiv im Vergleich zu einem Diebstahl aus unedlerem Motiv kein Diebstahl ist. Er wird Ihnen sagen: Es bleibt ein Diebstahl. - Das ist das Problem.
Herr Struck hat damals erklärt: Die Bundesrepublik muss ihre Sicherheit am Hindukusch verteidigen. Nun erklärt Herr Putin: Russland muss seine Sicherheit auf der Krim verteidigen. Deutschland hatte am Hindukusch übrigens keine Flotte und war auch wesentlich weiter entfernt. Trotzdem sage ich: Beide Sätze waren bzw. sind falsch.
Aber es bleibt auch Folgendes: Wenn viele Völkerrechtsverletzer dem Völkerrechtsverletzer Russland vorwerfen, das Völkerrecht zu verletzen, ist das nicht besonders wirksam und glaubwürdig. Das ist die Tatsache, mit der wir es zu tun haben.
Obama sprach genauso wie Sie, Frau Bundeskanzlerin, von der Souveränität und territorialen Integrität der Staaten. Aber diese beiden Prinzipien wurden in Serbien, im Irak, in Libyen verletzt. Der Westen meinte, das Völkerrecht verletzen zu können, weil der Kalte Krieg vorbei sei. Man hat die chinesischen und die russischen Interessen grob unterschätzt. Sie haben Russland unter Jelzin, der häufig angetrunken war, überhaupt nicht mehr ernst genommen. Aber die Situation hat sich geändert. Sehr spät berufen Sie sich jetzt wieder auf die im Kalten Krieg entstandenen völkerrechtlichen Grundsätze. Ich bin sehr dafür, dass sie wieder gelten - aber dann für alle! Anders geht es nicht.
Dann gab es das Gezerre zwischen der EU und Russland an der Ukraine. Beide dachten und handelten gleich. Barroso, der Kommissionschef der EU, hat gesagt: Entweder Zollunion mit Russland oder Verträge mit uns! Er hat nicht gesagt: „Beides“, sondern: „Entweder - oder!“. Putin hat gesagt: Entweder Verträge mit der EU oder mit uns! Beide haben gleichermaßen alternativ gedacht und gehandelt. Das war ein verheerender Fehler von beiden Seiten.
Kein einziger EU-Außenminister hat versucht, mit der russischen Regierung zu sprechen und die berechtigten Sicherheitsinteressen Russlands überhaupt zur Kenntnis zu nehmen.
Russland fürchtet doch, dass nach engeren Beziehungen mit der EU die NATO in die Ukraine kommt. Es fühlt sich immer eingekreister. Aber es wurde nur an der Ukraine gezerrt.
Die EU- und NATO-Außenminister haben die Geschichte Russlands und der Ukraine völlig unberücksichtigt gelassen. Sie haben die Bedeutung der Krim für Russland nie verstanden. Die ukrainische Gesellschaft ist tief gespalten.
Auch das wurde nicht berücksichtigt. Diese tiefe Spaltung zeigte sich schon im Zweiten Weltkrieg, und sie zeigt sich auch heute. Die Ostukraine tendiert in Richtung Russland. Die Westukraine tendiert in Richtung Westeuropa. Es gibt derzeit keine einzige politische Persönlichkeit in der Ukraine, die beide Teile der Gesellschaft repräsentieren könnte. Das ist eine traurige Wahrheit.
Dann gibt es noch den Europarat und die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa, OSZE. Die haben Sie in letzter Zeit schwer vernachlässigt, Frau Bundeskanzlerin und Herr Außenminister. Die Gelder für diese Organisationen wurden immer mehr zusammengestrichen, weil Sie meinten, dass sie nicht wichtig sind. Das sind aber die einzigen europäischen Organisationen, in denen sowohl Russland als auch die Ukraine organisiert sind. Deshalb müssen wir diese Organisationen wieder stärken auch finanziell und dürfen nicht über einen Ausschluss Russlands faseln; das ist völlig daneben.
Dann erlebten wir eine starke Zuspitzung auf dem Maidan. Wir erlebten Scharfschützen und viele Tote. Es gibt verschiedene Gerüchte. In solchen Situationen wird viel gelogen. Deshalb schlagen wir vor, eine internationale Untersuchungskommission einzusetzen. Wir, aber vor allem die Ukrainerinnen und Ukrainer haben ein Recht, zu erfahren, was dort gelaufen ist und wer dort welche Verantwortung trägt. Ich freue mich, dass Sie, Frau Bundeskanzlerin, das unterstützen.
Auf dem Maidan gab es viele demokratische Kräfte, aber auch Faschisten. Der Westen machte direkt und indirekt mit.
Dann haben Außenminister Steinmeier, der französische und der polnische Außenminister mit Janukowitsch und der Opposition einen Vertrag geschlossen. Jetzt sagen Sie, Herr Außenminister, Janukowitsch habe die Vereinbarung durch seine Flucht hinfällig gemacht. Das ist falsch. Die Menschen auf dem Maidan lehnten die Vereinbarung mit großer Mehrheit ab, und Sie, Herr Außenminister, haben auf dem Platz auch nicht für diese Vereinbarung geworben.
Erst nach der Ablehnung verließ Janukowitsch Kiew.
Dann tagte das Parlament und wählte ihn mit 72,88 Prozent ab.
Die Verfassung schreibt aber 75 Prozent vor. Nun sagen Herr Röttgen und andere: Na ja, bei einer Revolution kann man nicht so genau auf die Verfassung achten. Ein paar Prozentchen mehr oder weniger … Das kann man ja alles machen. Nur, Putin beruft sich darauf und sagt: „Es gab nicht die verfassungsmäßige Mehrheit für die Abwahl“, und stützt sich deshalb auf Schreiben, die Janukowitsch ihm sendet.
Außerdem: Bei der Abstimmung im Parlament standen lauter Bewaffnete herum. Das ist nicht besonders demokratisch. Bei der Volksabstimmung auf der Krim am kommenden Sonntag stehen auch lauter bewaffnete Soldaten herum. Auch das ist nicht besonders demokratisch.
Interessant ist, dass Sie, Frau Bundeskanzlerin, sagen, ein solcher Volksentscheid sei nach der ukrainischen Verfassung verboten. Wann gilt sie denn nun und wann nicht? Bei der Abwahl des Präsidenten gilt sie nicht, und bei der Abstimmung auf der Krim soll sie plötzlich gelten. Sie müssen schon wissen: Akzeptieren Sie die ukrainische Verfassung ganz oder nur in bestimmten Teilen, wenn es Ihnen genehm ist? Das ist die Art, die ich kenne und die ich nicht mag.
Dann wurde eine neue Regierung gebildet, sofort anerkannt von Präsident Obama, auch von der EU, auch von der Bundesregierung. Frau Merkel! Der Vizepremierminister, der Verteidigungsminister, der Landwirtschaftsminister, der Umweltminister, der Generalstaatsanwalt das sind Faschisten. Der Chef des nationalen Sicherheitsrates war Gründungsmitglied der faschistischen Swoboda-Partei. Faschisten haben wichtige Posten und dominieren zum Beispiel den Sicherheitssektor. Noch nie haben Faschisten freiwillig die Macht wieder abgetreten, wenn sie einmal einen Teil davon erobert hatten.
Zumindest die Bundesregierung hätte hier eine Grenze ziehen müssen, schon aufgrund unserer Geschichte.
Als Haiders FPÖ in die österreichische Regierung ging, gab es sogar Kontaktsperren und Ähnliches. Und bei den Faschisten in der Ukraine machen wir nichts? Swoboda hat engste Kontakte zur NPD und zu anderen Naziparteien in Europa. Der Vorsitzende dieser Partei, Oleg Tjagnibok, hat Folgendes wörtlich erklärt. Ich zitiere jetzt; Sie müssen sich anhören, was er wörtlich gesagt hat
- Anführungsstriche:
Schnappt euch die Gewehre, bekämpft die Russensäue, die Deutschen, die Judenschweine und andere Unarten. - Ende des Zitats. -
Ich wiederhole. Dieser Mann hat gesagt
Anführungsstriche:
Schnappt euch die Gewehre, bekämpft die Russensäue, die Deutschen, die Judenschweine und andere Unarten. Ende des Zitats. -
Es gibt jetzt Übergriffe auf Jüdinnen und Juden und auf Linke, und gegen all das sagen Sie nichts? Mit diesen Swoboda-Leuten reden Sie? Ich empfinde das als einen Skandal. Ich muss Ihnen das ganz klar sagen.
Jetzt wollen Sie auch das haben Sie angekündigt Sanktionen verhängen, wenn es nicht anders ginge, wie Sie sagen. Aber die werden Putin nicht imponieren. Das spitzt doch die Situation nur zu. Kissinger, der ehemalige Außenminister der USA, hat recht. Er sagt, die Sanktionen seien nicht Ausdruck einer Strategie, sondern Ausdruck des Fehlens einer Strategie. Das gilt auch für die eskalierenden Militärflüge über Polen und die baltischen Republiken. Was soll das?
Konten von Janukowitsch und seinen Anhängern sind gesperrt, weil es gestohlenes Staatsgeld sei Meine Frage: Das wussten Sie vorher nicht? - Zweite Frage: Warum eigentlich nur deren Konten? Was ist mit dem Milliardenvermögen der Oligarchen, die andere Kräfte unterstützen? Warum machen Sie da nichts? Wie einseitig läuft das eigentlich alles?
Es gibt nur den Weg der Diplomatie.
Erstens. Der Westen muss die legitimen Sicherheitsinteressen Russlands auf der Krim anerkennen, wie das übrigens auch US-Außenminister Kerry erkannt hat. Es muss ein Status für die Krim gefunden werden, mit dem die Ukraine, Russland und wir leben können.
Russland muss garantiert werden, dass die Ukraine nicht Mitglied der NATO wird.
Zweitens. Die Perspektive der Ukraine liegt in einer Brückenfunktion zwischen EU und Russland.
Drittens. Es muss in der Ukraine ein Prozess der Verständigung und Versöhnung zwischen Ost und West eingeleitet werden, vielleicht über einen föderalen oder konföderalen Status, vielleicht auch über zwei Präsidenten.
Was ich der EU und der NATO vorwerfe: Bis heute ist kein Verhältnis zu Russland gesucht und gefunden worden. Das muss sich jetzt gründlich ändern.
Sicherheit in Europa gibt es weder ohne noch gegen Russland, sondern nur mit Russland. Wenn die Krise eines Tages überwunden ist, könnte ein Vorteil darin bestehen, dass das Völkerrecht endlich wieder von allen Seiten respektiert wird.
Danke schön.
(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
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...und auch Jakob Augstein nimmt in seiner neuen S.P.O.N.-Kolumne "Im Zweifel links" Bezug auf die Rede von Gregor Gysi: ...
... Gregor Gysi hat in der vergangenen Woche im Bundestag eine wichtige Rede gehalten. Er sagte, im Umgang mit Russland haben Nato und EU falsch gemacht, was sie falsch machen konnten:
Gernot Erler, Russlandbeauftragter der Bundesregierung, hat schon im Mai 2013 geschrieben: "Dieser außenpolitisch unerträgliche Zustand hat sich über Jahre aufgebaut, und alle, die kontinuierlich mit russischen Partnern im Gespräch sind, haben ihn kommen sehen."
Warum macht der Westen das? Es gibt nur eine Antwort: Hybris. "Weil Sie glaubten, solche Sieger im Kalten Krieg zu sein, dass alle alten Maßstäbe für Sie nicht mehr gelten", rief Gysi in Richtung der Regierungsbänke.
Gysi hat das Hohe Haus - und die Öffentlichkeit - an eine schlichte Tatsache erinnert: "Die USA wollen mehr Einfluss gewinnen und vorhandenen verteidigen, und Russland will mehr Einfluss gewinnen und vorhandenen verteidigen." Wir beschönigen uns selbst. Wir halten unsere Machtpolitik für Normalität und die der anderen für einen Angriff.
Bei "Zeit Online" konnte man neulich lesen: "In Krisen aller Art versuchen die Europäer stets, Spannungen durch ausführliches Reden abzubauen. Wladimir Putin und die russische Duma aber setzen auf die Eskalation täglich noch einen drauf." Das stimmt nicht. Die Wahrheit ist, wenn es um die Verteidigung der eigenen Interessen geht, nehmen sich Ost und West nicht viel. Auf der Krim basteln sich die Russen ihre Wahlergebnisse - und in der "Zeit" reden wir uns die Wirklichkeit schön. Solchen Verzerrungen begründen Mythen, und aus solchen Mythen wächst der Hass. ...
Ich habe hier mal die Rede von Gregor Gysi von letzter Woche Donnerstag im Deutschen Bundestag zur Lage in der Ukraine und auf der Krim dokumentiert (Video hier):
Einmal - weil ich sie als die reifeste und zutreffendste Analyse der derzeitigen Situation empfinde - aber auch - weil wohl aufgrund dieser Rede das SPD-Netzwerk Berlin - im Rahmen seiner interfraktionellen Veranstaltungen in Bezug auf Annäherung und Sondierung hin zu Rot-Rot-Grün2017 - Herrn Gysi für eine diesbezügliche Veranstaltung wieder ausgeladen hat:
Ja - nun muss die SPD halt schön "Regierung" spielen - zumal ja Genosse Frank-Walter Außenminister ist - und in diesem Konflikt die "Scherben zusammenkehren muss - die andere hinterlassen haben ..." - wie so blumig bei Jakob Augstein (s.u.) zu lesen war ...
Für die SPD sei eine "verantwortungsvolle Europa- und Außenpolitik im Rahmen" der internationalen Verpflichtungen Deutschlands eine "unerlässliche Voraussetzung für jede Form von künftiger Zusammenarbeit", heißt es in der Absage-Mail seitens der SPD: "Dafür sehen wir nach der Bewertung der Lage in der Ukraine durch Gregor Gysi und die Fraktion Die Linke, die die Bemühungen unseres Außenministers Frank-Walter Steinmeier konterkarieren, leider keine Ansatzpunkte mehr." Das Netzwerk Berlin ist eine von drei großen Strömungen, in der sich SPD-Bundestagsabgeordnete zusammengeschlossen haben. Denn nach der Bundestagswahl 2017 soll ein Linksbündnis rechnerisch, vor allem aber inhaltlich eine realistische Chance haben. Erste Gesprächsfäden werden aufgenommen, die Parteispitzen von Grünen und Linken haben sich bereits getroffen.
Zwischen SPD und Linken ist das etwas schwieriger, weil beide Seiten ihre Rollen in Regierung und Opposition wahren wollen. Da gibt es bisher nur unregelmäßig informelle Treffen auf Ebene der Abgeordneten, etwa in der Kneipe "Walden" in Prenzlauer Berg. Code-Wort "R2G" oder auch "Walden-Connection".
Und am vergangenen Dienstag erst hatte sich intern die Fraktion der Linken nach kontroverser Diskussion geeinigt: Die Ablösung der Krim ohne Zustimmung der Ukraine ist völkerrechtswidrig, ebenso wie das Agieren von Putin. Letzteres müsse allerdings im Kontext der "Fehler" der Nato gesehen werden.
Diese Kernpositionen waren auch damit Grundlage der Rede, die Fraktionschef Gregor Gysi am Donnerstag im Bundestag hielt. Das hielt Fraktionsvize Sahra Wagenknecht jedoch nicht davon ab, in einem Gespräch mit Journalisten vergangenen Woche den Einmarsch russischer Soldaten als "eine Reaktion auf eine Fehlentwicklung", den Machtwechsel in Kiew, zu bezeichnen und zu fordern, ein Anschluss der Krim nach dem Referendum müsse akzeptiert werden.
Grüne-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt verbreitete daraufhin
über ihre sozialen Netzwerke eine Montage mit der Schlagzeile: "Jetzt neu: Linkspartei erstmals für Auslandseinsätze!" - und das unter einem Bild von Sahra Wagenknecht. Im Hintergrund sind Soldaten mit Kalaschnikows zu sehen. Das führte in Reihen der Grünen zu massiven Reaktionen: "Stillos" sei die Montage, hieß es in den Kommentaren. Offenbar gibt esnicht wenige unter den Grünen-Anhängern, die im Fall der Ukraine mit der Haltung der Linke sympathisieren.Geärgert hat sich auch der Linke-Abgeordnete Stefan Liebich über das Plakat, aber aus ganz anderem Grund: "Eigentlich läuft es nach anfänglichen Schwierigkeiten mit der Zusammenarbeit in der Opposition ganz gut – wenn man auf solche Dummheiten nur verzichten würde."
SELBER DENKEN! ...
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Und hier nun dokumentiert - der Wortlaut der Gysi-Rede vom letzten Donnerstag im Deutschen Bundestag zur Lage in der Ukraine und der Krim ...
Herr Präsident! Meine Damen und Herren!
Putin will die gesamte Krise in der Ukraine militärisch lösen. Er hat nicht begriffen, dass die Probleme der Menschheit weder mit Soldaten noch mit Gewehren zu lösen sind, ganz im Gegenteil.
Auch die Probleme Russlands lassen sich so nicht lösen.
Sein Denken und Handeln ist falsch und wird von uns deutlich verurteilt.
Es ist aber dasselbe Denken, das im Westen vorherrschte und vorherrscht: bei Jugoslawien, Afghanistan, dem Irak und Libyen.
An die Stelle der Systemkonfrontation sind die Interessengegensätze der USA und Russlands getreten. Der Kalte Krieg ist beendet, aber solche Interessengegensätze können zu ganz ähnlichen Zügen führen.
Die USA wollen mehr Einfluss gewinnen und vorhandenen verteidigen, und Russland will mehr Einfluss gewinnen und vorhandenen verteidigen. Ich sage als Stichworte zu Russland nur: Georgien, Syrien, Ukraine.
Auch wenn man Putins Vorgehen verurteilt, muss man sehen, wie es zur gesamten Zuspitzung und Konfrontation kam. Ich sage es Ihnen ganz deutlich: Alles, was NATO und EU falsch machen konnten, haben sie falsch gemacht.
Ich beginne bei Gorbatschow im Jahre 1990. Er schlug ein gemeinsames europäisches Haus, die Auflösung der NATO und des Warschauer Vertrages und ein Konzept der „Gemeinsamen Sicherheit“ mit Russland vor. Das hat die NATO ausgeschlagen. Sie hat gesagt: Den Warschauer Vertrag aufzulösen, ist okay, aber die NATO bleibt. Und aus dem Verteidigungsbündnis NATO wurde ein Interventionsbündnis gemacht.
Der zweite Fehler: Bei der Herstellung der deutschen Einheit erklärten der amerikanische Außenminister, unser damaliger Außenminister Genscher und andere Außenminister gegenüber Gorbatschow, dass es keine Osterweiterung der NATO geben wird. Dieses Versprechen ist gebrochen worden. Es gab eine vehemente Ausweitung der NATO in Richtung Russland.
Der ehemalige US-Verteidigungsminister Robert Gates bezeichnete die eilfertige Aufnahme der osteuropäischen Staaten in die NATO als schweren Fehler und den Versuch des Westens, die Ukraine in die NATO einzuladen, als schwere Provokation. Nicht ich, sondern der ehemalige US-amerikanische Verteidigungsminister hat das erklärt.
Dann kam drittens der Beschluss, Raketen in Polen und Tschechien zu stationieren. Die russische Regierung sagte: Das tangiert unsere Sicherheitsinteressen; wir möchten das nicht. Das hat den Westen überhaupt nicht interessiert. Es wurde dennoch gemacht.
Zudem hat die NATO im Zusammenhang mit dem Jugoslawienkrieg das Völkerrecht mehrfach und schwer verletzt. Das räumt inzwischen auch der damalige Kanzler Schröder ein. Serbien hatte keinen anderen Staat angegriffen, und es gab keinen Beschluss des UN-Sicherheitsrates. Es wurde dennoch mit erstmaliger bundesdeutscher Beteiligung nach 1945 bombardiert. Und die Bewohnerinnen und Bewohner des Kosovo durften in einem Volksentscheid die Loslösung von Serbien beschließen.
Ich habe damals die Völkerrechtsverletzung schwer kritisiert und Ihnen gesagt: Sie öffnen beim Kosovo eine Büchse der Pandora; denn wenn das im Kosovo erlaubt ist, müssen Sie es auch in anderen Gegenden erlauben. Sie haben mich beschimpft. Sie haben es nicht ernst genommen, und zwar weil Sie glaubten, solche Sieger im Kalten Krieg zu sein, dass alle alten Maßstäbe für Sie nicht mehr gelten. Ich sage Ihnen: Die Basken fragen, warum sie keinen Volksentscheid machen dürfen, ob sie zu Spanien gehören wollen oder nicht. Die Katalanen fragen, warum sie keinen Volksentscheid machen dürfen, ob sie zu Spanien gehören wollen oder nicht. Natürlich fragen das nun auch die Bewohnerinnen und Bewohner der Krim.
Durch Völkerrechtsverletzung kann man über Gewohnheitsrecht auch neues Völkerrecht schaffen; das wissen Sie. Ich bleibe aber der Meinung, dass die Abtrennung der Krim völkerrechtswidrig wäre, genauso wie die Abtrennung des Kosovo völkerrechtswidrig war.
Ich wusste aber, dass sich Putin auf den Kosovo berufen wird, und er hat es auch getan. Jetzt sagen Sie, Frau Bundeskanzlerin: Die Situation ist doch eine völlig andere.
(Claudia Roth (Augsburg) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Das ist sie auch!)
- Das kann schon sein. Sie verkennen aber: Völkerrechtsbruch ist Völkerrechtsbruch. Meine liebe Frau Roth, fragen Sie doch einmal einen Richter, ob ein Diebstahl aus edlerem Motiv im Vergleich zu einem Diebstahl aus unedlerem Motiv kein Diebstahl ist. Er wird Ihnen sagen: Es bleibt ein Diebstahl. - Das ist das Problem.
Herr Struck hat damals erklärt: Die Bundesrepublik muss ihre Sicherheit am Hindukusch verteidigen. Nun erklärt Herr Putin: Russland muss seine Sicherheit auf der Krim verteidigen. Deutschland hatte am Hindukusch übrigens keine Flotte und war auch wesentlich weiter entfernt. Trotzdem sage ich: Beide Sätze waren bzw. sind falsch.
Aber es bleibt auch Folgendes: Wenn viele Völkerrechtsverletzer dem Völkerrechtsverletzer Russland vorwerfen, das Völkerrecht zu verletzen, ist das nicht besonders wirksam und glaubwürdig. Das ist die Tatsache, mit der wir es zu tun haben.
Obama sprach genauso wie Sie, Frau Bundeskanzlerin, von der Souveränität und territorialen Integrität der Staaten. Aber diese beiden Prinzipien wurden in Serbien, im Irak, in Libyen verletzt. Der Westen meinte, das Völkerrecht verletzen zu können, weil der Kalte Krieg vorbei sei. Man hat die chinesischen und die russischen Interessen grob unterschätzt. Sie haben Russland unter Jelzin, der häufig angetrunken war, überhaupt nicht mehr ernst genommen. Aber die Situation hat sich geändert. Sehr spät berufen Sie sich jetzt wieder auf die im Kalten Krieg entstandenen völkerrechtlichen Grundsätze. Ich bin sehr dafür, dass sie wieder gelten - aber dann für alle! Anders geht es nicht.
Die herausragende strategische Lage der Krim - als Tor nach Arabien und Asien ... |
Kein einziger EU-Außenminister hat versucht, mit der russischen Regierung zu sprechen und die berechtigten Sicherheitsinteressen Russlands überhaupt zur Kenntnis zu nehmen.
Russland fürchtet doch, dass nach engeren Beziehungen mit der EU die NATO in die Ukraine kommt. Es fühlt sich immer eingekreister. Aber es wurde nur an der Ukraine gezerrt.
Die EU- und NATO-Außenminister haben die Geschichte Russlands und der Ukraine völlig unberücksichtigt gelassen. Sie haben die Bedeutung der Krim für Russland nie verstanden. Die ukrainische Gesellschaft ist tief gespalten.
Auch das wurde nicht berücksichtigt. Diese tiefe Spaltung zeigte sich schon im Zweiten Weltkrieg, und sie zeigt sich auch heute. Die Ostukraine tendiert in Richtung Russland. Die Westukraine tendiert in Richtung Westeuropa. Es gibt derzeit keine einzige politische Persönlichkeit in der Ukraine, die beide Teile der Gesellschaft repräsentieren könnte. Das ist eine traurige Wahrheit.
Dann gibt es noch den Europarat und die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa, OSZE. Die haben Sie in letzter Zeit schwer vernachlässigt, Frau Bundeskanzlerin und Herr Außenminister. Die Gelder für diese Organisationen wurden immer mehr zusammengestrichen, weil Sie meinten, dass sie nicht wichtig sind. Das sind aber die einzigen europäischen Organisationen, in denen sowohl Russland als auch die Ukraine organisiert sind. Deshalb müssen wir diese Organisationen wieder stärken auch finanziell und dürfen nicht über einen Ausschluss Russlands faseln; das ist völlig daneben.
Dann erlebten wir eine starke Zuspitzung auf dem Maidan. Wir erlebten Scharfschützen und viele Tote. Es gibt verschiedene Gerüchte. In solchen Situationen wird viel gelogen. Deshalb schlagen wir vor, eine internationale Untersuchungskommission einzusetzen. Wir, aber vor allem die Ukrainerinnen und Ukrainer haben ein Recht, zu erfahren, was dort gelaufen ist und wer dort welche Verantwortung trägt. Ich freue mich, dass Sie, Frau Bundeskanzlerin, das unterstützen.
Auf dem Maidan gab es viele demokratische Kräfte, aber auch Faschisten. Der Westen machte direkt und indirekt mit.
Dann haben Außenminister Steinmeier, der französische und der polnische Außenminister mit Janukowitsch und der Opposition einen Vertrag geschlossen. Jetzt sagen Sie, Herr Außenminister, Janukowitsch habe die Vereinbarung durch seine Flucht hinfällig gemacht. Das ist falsch. Die Menschen auf dem Maidan lehnten die Vereinbarung mit großer Mehrheit ab, und Sie, Herr Außenminister, haben auf dem Platz auch nicht für diese Vereinbarung geworben.
Erst nach der Ablehnung verließ Janukowitsch Kiew.
Dann tagte das Parlament und wählte ihn mit 72,88 Prozent ab.
Die Verfassung schreibt aber 75 Prozent vor. Nun sagen Herr Röttgen und andere: Na ja, bei einer Revolution kann man nicht so genau auf die Verfassung achten. Ein paar Prozentchen mehr oder weniger … Das kann man ja alles machen. Nur, Putin beruft sich darauf und sagt: „Es gab nicht die verfassungsmäßige Mehrheit für die Abwahl“, und stützt sich deshalb auf Schreiben, die Janukowitsch ihm sendet.
Außerdem: Bei der Abstimmung im Parlament standen lauter Bewaffnete herum. Das ist nicht besonders demokratisch. Bei der Volksabstimmung auf der Krim am kommenden Sonntag stehen auch lauter bewaffnete Soldaten herum. Auch das ist nicht besonders demokratisch.
Interessant ist, dass Sie, Frau Bundeskanzlerin, sagen, ein solcher Volksentscheid sei nach der ukrainischen Verfassung verboten. Wann gilt sie denn nun und wann nicht? Bei der Abwahl des Präsidenten gilt sie nicht, und bei der Abstimmung auf der Krim soll sie plötzlich gelten. Sie müssen schon wissen: Akzeptieren Sie die ukrainische Verfassung ganz oder nur in bestimmten Teilen, wenn es Ihnen genehm ist? Das ist die Art, die ich kenne und die ich nicht mag.
Dann wurde eine neue Regierung gebildet, sofort anerkannt von Präsident Obama, auch von der EU, auch von der Bundesregierung. Frau Merkel! Der Vizepremierminister, der Verteidigungsminister, der Landwirtschaftsminister, der Umweltminister, der Generalstaatsanwalt das sind Faschisten. Der Chef des nationalen Sicherheitsrates war Gründungsmitglied der faschistischen Swoboda-Partei. Faschisten haben wichtige Posten und dominieren zum Beispiel den Sicherheitssektor. Noch nie haben Faschisten freiwillig die Macht wieder abgetreten, wenn sie einmal einen Teil davon erobert hatten.
Zumindest die Bundesregierung hätte hier eine Grenze ziehen müssen, schon aufgrund unserer Geschichte.
Als Haiders FPÖ in die österreichische Regierung ging, gab es sogar Kontaktsperren und Ähnliches. Und bei den Faschisten in der Ukraine machen wir nichts? Swoboda hat engste Kontakte zur NPD und zu anderen Naziparteien in Europa. Der Vorsitzende dieser Partei, Oleg Tjagnibok, hat Folgendes wörtlich erklärt. Ich zitiere jetzt; Sie müssen sich anhören, was er wörtlich gesagt hat
- Anführungsstriche:
Schnappt euch die Gewehre, bekämpft die Russensäue, die Deutschen, die Judenschweine und andere Unarten. - Ende des Zitats. -
Ich wiederhole. Dieser Mann hat gesagt
Anführungsstriche:
Schnappt euch die Gewehre, bekämpft die Russensäue, die Deutschen, die Judenschweine und andere Unarten. Ende des Zitats. -
Es gibt jetzt Übergriffe auf Jüdinnen und Juden und auf Linke, und gegen all das sagen Sie nichts? Mit diesen Swoboda-Leuten reden Sie? Ich empfinde das als einen Skandal. Ich muss Ihnen das ganz klar sagen.
Jetzt wollen Sie auch das haben Sie angekündigt Sanktionen verhängen, wenn es nicht anders ginge, wie Sie sagen. Aber die werden Putin nicht imponieren. Das spitzt doch die Situation nur zu. Kissinger, der ehemalige Außenminister der USA, hat recht. Er sagt, die Sanktionen seien nicht Ausdruck einer Strategie, sondern Ausdruck des Fehlens einer Strategie. Das gilt auch für die eskalierenden Militärflüge über Polen und die baltischen Republiken. Was soll das?
Konten von Janukowitsch und seinen Anhängern sind gesperrt, weil es gestohlenes Staatsgeld sei Meine Frage: Das wussten Sie vorher nicht? - Zweite Frage: Warum eigentlich nur deren Konten? Was ist mit dem Milliardenvermögen der Oligarchen, die andere Kräfte unterstützen? Warum machen Sie da nichts? Wie einseitig läuft das eigentlich alles?
Es gibt nur den Weg der Diplomatie.
Erstens. Der Westen muss die legitimen Sicherheitsinteressen Russlands auf der Krim anerkennen, wie das übrigens auch US-Außenminister Kerry erkannt hat. Es muss ein Status für die Krim gefunden werden, mit dem die Ukraine, Russland und wir leben können.
Russland muss garantiert werden, dass die Ukraine nicht Mitglied der NATO wird.
Zweitens. Die Perspektive der Ukraine liegt in einer Brückenfunktion zwischen EU und Russland.
Drittens. Es muss in der Ukraine ein Prozess der Verständigung und Versöhnung zwischen Ost und West eingeleitet werden, vielleicht über einen föderalen oder konföderalen Status, vielleicht auch über zwei Präsidenten.
Was ich der EU und der NATO vorwerfe: Bis heute ist kein Verhältnis zu Russland gesucht und gefunden worden. Das muss sich jetzt gründlich ändern.
Sicherheit in Europa gibt es weder ohne noch gegen Russland, sondern nur mit Russland. Wenn die Krise eines Tages überwunden ist, könnte ein Vorteil darin bestehen, dass das Völkerrecht endlich wieder von allen Seiten respektiert wird.
Danke schön.
(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
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...und auch Jakob Augstein nimmt in seiner neuen S.P.O.N.-Kolumne "Im Zweifel links" Bezug auf die Rede von Gregor Gysi: ...
... Gregor Gysi hat in der vergangenen Woche im Bundestag eine wichtige Rede gehalten. Er sagte, im Umgang mit Russland haben Nato und EU falsch gemacht, was sie falsch machen konnten:
- Gorbatschows "Gemeinsames Haus Europa" und der Plan einer neuen Sicherheitsarchitektur jenseits von Nato und Warschauer Pakt? Der Westen nahm das nicht ernst.
- Das Versprechen, die Nato nicht an die russische Westgrenze auszudehnen? Der Westen hat es gebrochen.
- Die russische Sorge vor den Abwehrraketen, die in Osteuropa stationiert werden sollen? Der Westen hat sich darüber hinweggesetzt.
- Putins Angebot einer Freihandelszone von Lissabon bis Wladiwostok? Der Westen reagierte mit Schulterzucken.
- Und dann Barrosos Forderung an die Ukraine, sich zwischen Russland und der EU zu entscheiden… Ein letzter, schwerer diplomatischer Fehler. Der deutsche Außenminister Steinmeier tut seitdem, was er kann, die Scherben einzusammeln.
Gernot Erler, Russlandbeauftragter der Bundesregierung, hat schon im Mai 2013 geschrieben: "Dieser außenpolitisch unerträgliche Zustand hat sich über Jahre aufgebaut, und alle, die kontinuierlich mit russischen Partnern im Gespräch sind, haben ihn kommen sehen."
Warum macht der Westen das? Es gibt nur eine Antwort: Hybris. "Weil Sie glaubten, solche Sieger im Kalten Krieg zu sein, dass alle alten Maßstäbe für Sie nicht mehr gelten", rief Gysi in Richtung der Regierungsbänke.
Gysi hat das Hohe Haus - und die Öffentlichkeit - an eine schlichte Tatsache erinnert: "Die USA wollen mehr Einfluss gewinnen und vorhandenen verteidigen, und Russland will mehr Einfluss gewinnen und vorhandenen verteidigen." Wir beschönigen uns selbst. Wir halten unsere Machtpolitik für Normalität und die der anderen für einen Angriff.
Bei "Zeit Online" konnte man neulich lesen: "In Krisen aller Art versuchen die Europäer stets, Spannungen durch ausführliches Reden abzubauen. Wladimir Putin und die russische Duma aber setzen auf die Eskalation täglich noch einen drauf." Das stimmt nicht. Die Wahrheit ist, wenn es um die Verteidigung der eigenen Interessen geht, nehmen sich Ost und West nicht viel. Auf der Krim basteln sich die Russen ihre Wahlergebnisse - und in der "Zeit" reden wir uns die Wirklichkeit schön. Solchen Verzerrungen begründen Mythen, und aus solchen Mythen wächst der Hass. ...