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Frauen überleben Säure | Fotoprojekt über Gewaltopfer: Die Schönheit der Verbrannten

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S!NEDi|montage zur Ausstellung mit Fotomaterial von Ann-Christine Woehrl/ Echo Photo Agency



Fotoprojekt über Gewaltopfer

Die Schönheit der Verbrannten

Aus einem SPIEGEL-ONLINE-Bericht von Kristin Haug

Tiefe Narben, entstellte Gesichter, verformte Gliedmaßen: Ann-Christine Woehrl hat Frauen fotografiert, deren Körper durch Säure oder Feuer entstellt wurden - das Völkerkundemuseum in München zeigt ihre Bilder.

Es war das letzte Streichholz in der Schachtel, das Neehaari in Flammen aufgehen ließ. Alle anderen 49 Hölzchen hatten kein Feuer gefangen. Die junge Frau aus dem indischen Bundesstaat Andhra Pradesh hat sich selbst angezündet. Nach fünf Monaten Ehe mit einem Mann, den ihre Eltern für sie ausgesucht hatten, war sie am Ende ihrer Kräfte. Er hatte sie seelisch, körperlich und sexuell missbraucht, sie wie eine Prostituierte behandelt. Einmal gab er ihr 100 Rupien, etwa zwei Euro, als Bezahlung für die vergangene Nacht.


Neehaari aus dem indischen Bundesstaat Andhra Pradesh hat sich vor fünf Jahren mit Kerosin übergossen und selbst angezündet. Die deutsche Fotografin Ann-Christine Woehrl hält das Schicksal der 25-Jährigen in dem Bildband "In/visible" fest. Foto: Ann-Christine Woehrl/ Echo Photo Agency | Fotostrecke: hier clicken


Neehaari war im zweiten Monat schwanger, als sie zu ihren Eltern flüchtete. Es war der 9. Juli vor fünf Jahren. Sie ging in das Schlafzimmer und schüttete sich Kerosin über ihren Körper. Das war das Ende ihres ersten Lebens.

"Ich habe es nicht mehr ausgehalten, ich war so unglaublich traurig", sagt Neehari am Telefon. Sie ist jetzt 25 Jahre alt und arbeitet als Assistentin an einer Klinik für plastische Chirurgie in Hyderabad, der Hauptstadt von Andhra Pradesh. Über Neeharis Gesicht ziehen sich tiefe Narben, ihre Hände und Arme sind durch den Selbstmordversuch verkrümmt. "Ich bin seelisch fit, aber körperlich nicht."

Neehaari aus Indien hat ihr zweites Leben begonnen. Sie hatte das erste Vorstellungsgespräch, den ersten Job. Sie sei nun selbstsicherer, erwachsen und zufrieden mit ihrem Leben, sagt sie. Was ihr widerfahren sei, sollen alle erfahren. Es gebe kein Grund, sich zu verstecken oder zu schweigen. Neehaari sagt, sie sei glücklich. Sie will nun ihre eigene Hilfsorganisation gründen. Einen Namen hat sie schon dafür: "Beauty of The Burnt".

Das Schicksal von Neehaari hält die deutsche Fotografin Ann-Christine Woehrl in einem Fotobuch fest, das gerade erschienen ist. Sie hat es "In/visible" ("Un/sichtbar") genannt. Das Völkerkundemuseum in München zeigt ab Freitag ihre Aufnahmen. Zwei Jahre lang ist Woehrl in Länder wie Indien, Nepal, Uganda, Bangladesch, Kambodscha und Pakistan gereist, um Frauen zu fotografieren, deren Körper entstellt wurden. Entweder durch die eigenen Hände oder durch Menschen, die sie mit Säure übergossen haben: eifersüchtige Ehemänner, zurückgewiesene Verliebte, rachsüchtige Schwiegermütter. Woehrl hat sie über Hilfsorganisationen gefunden und langsam Vertrauen zu den Opfern aufgebaut.


Ann-Christine Woehrl/ Echo Photo Agency


Un/sichtbar - Frauen überleben Säure, Staatliches Museum für Völkerkunde, München, bis 11. Januar 2015

Museums-Flyer zu dieser Ausstellung: hier clicken

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Ann-Christine Woehrl, Laura Salm-Reifferscheidt:
In/visible: Un/sichtbar
Edition Lammerhuber; 212 Seiten; 49,90 Euro: hier anclicken



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