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Dresden: Der Tod eines Asylbewerbers | Wer war Khaled Idriss Bahray? | tagesschau.de

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Der Tod eines Asylbewerbers
Wer war Khaled Idriss Bahray? - tagesschau.de

Der gewaltsame Tod eines Asylbewerbers in Dresden hat für großes Aufsehen gesorgt. Die Freunde von Khaled Bahray befürchten ein rassistisches Motiv. Gegenüber tagesschau.de erzählen sie über ihr Leben in Dresden - und über ihren toten Freund.

Von Lena Kampf, NDR, für tagesschau.de



Anfeindungen von einigen Anwohnern

Die Mitbewohner von Bahray berichten, gegen 22 Uhr habe es noch zwei Mal lange an der Tür geklingelt. Sie hätten nicht aufgemacht, weil in den Wochen zuvor immer wieder bei ihnen geklingelt worden sei, mitten in der Nacht, um drei oder vier Uhr morgens. Sie hätten Angst gehabt, sagen sie, erzählen von rassistischen Übergriffen: Ein Nachbar habe auf der Straße vor ihnen ausgespuckt, einmal ins Gesicht. Drei Tage vor Bahrays Tod hätten sie zwei Hakenkreuze an ihrer Wohnungstür entdeckt. Die Schmiererei haben sie bereits abgeschrubbt, nur der Abdruck eines halbes Kreuzes ist noch zu sehen. 

Einige Äußerungen der Nachbarn zeigen zumindest, dass die Asylbewerber mit Argwohn beobachtet werden. Die seien frech, laut, man fühle sich gestört, sagen Anwohner gegenüber tagesschau.de. Es sei doch nur eine Frage der Zeit gewesen, "bis die sich gegenseitig aus dem Fenster stoßen". Andere sagen hingegen, die Männer hätten freundlich gegrüßt. Ein junger Nachbar meint, er habe das Opfer persönlich gekannt, er sei sehr betroffen.

Der Plattenbau im Dresdner Südosten besteht aus drei zusammenhängenden Häuserfronten, in der Mitte ein großer Hof - Spielplatz, Wiese, Wäscheleinen. Bahray hat hier mit den anderen sieben Männern aus Eritrea im zweiten Stock des Eckhauses gewohnt, vier karge Zimmer, Laminat, an den Wänden lehnen die Fahrräder der Bewohner.

Whatsapp-Nachrichten an seine Mutter

Beim Fundort der Leiche im Hof liegen jetzt Blumen und Kerzen. Der Tod von Bahray hat nur sehr wenige Spuren hinterlassen. Genauso wie sein kurzes Leben. Die Biographie und seine Flucht nach Europa lassen sich nur mühsam aus den Erzählungen seines Onkels und seiner Freunde rekonstruieren: Er war der jüngste von ihnen, ein ruhiger, friedlicher Typ. Seiner Mutter habe er jeden Tag Whatsapp-Nachrichten geschrieben, erzählen sie.

Bahray wird vor 20  Jahren in Keren im Landesinneren von Eritrea geboren. Sein Vater stirbt, als er noch ein Kleinkind ist. Mit etwa fünf Jahren flüchtet er mit seiner Mutter und der Schwester in den Sudan, nach Wadi Halfa. Bahray will etwas lernen, am liebsten Automechaniker. Doch in Wadi Halfa gibt es keine Ausbildung, keine Arbeit, keine Perspektive - und keine Freiheit.

Bahray flüchtet nach Europa, vor etwa vier Monaten, gemeinsam mit einem Cousin. Sieben Tage durchqueren sie die Sahara nach Libyen. 4000 US-Dollar soll allein die Fahrt durch die Wüste gekostet haben, so erzählen es die Freunde, die die gleiche Route genommen haben. Es sei furchtbar heiß gewesen, es hätte nur sehr wenig Wasser gegeben und einige der Mitreisenden seien gestorben. In Libyen wird Bahray erst einmal festgenommen, so wie die meisten Geflüchteten. Nur gegen Geldzahlung der Familie wird er einen Monat später aus dem Gefängnis entlassen. Wieviel, das weiß auch der Onkel nicht.

Libysche Schlepper setzen ihn dann in ein kleines Boot, das an der italienischen Küste wohl von der Marine aufgegriffen und nach Sizilien gebracht wird. Sein Cousin schafft es nicht, er ertrinkt im Mittelmeer.

Khaled Idriss Bahray hatte geschafft, wovon viele seiner Landsleute träumen. Er hatte das sudanesische Wadi Halfa im Februar 2014 hinter sich gelassen, die größte Trockenwüste der Erde durchquert, war lebend durch das schwer umkämpfte Libyen gekommen und hat selbst die 1600 Dollar teure Schiffspassage auf einem Seelenverkäufer nach Italien heil überstanden. Mit dem Zug kam Khaled B. im Juli 2014 in München an. Endlich Deutschland, endlich Sicherheit.


Dezentrale Unterbringung

Bahray reist mit dem Zug weiter nach Deutschland und erreicht im August München. Wahrscheinlich kommt er dort in ein Erstaufnahmelager und wird dann nach bundesdeutschem Schlüssel verteilt. Erst nach Chemnitz, dann nach Schneeberg und von dort in die "dezentrale Unterbringung": Ihm wird eine Wohnung in Dresden zugeteilt, im September ziehen die acht Männer hier ein. "Wir haben uns Dresden nicht ausgesucht", sagt einer der Freunde.

Und sie möchten hier nicht bleiben. "Wir haben solche Angst", sagt der 26-jährige Hassan Saleh, der ein Zimmer mit Bahray geteilt hat. In Eritrea hätten sie von der Freiheit in Deutschland geträumt. Und von der Sicherheit. Aber seitdem sie hier sind, fürchten sie sich. Seitdem sie hier sind, gibt es "Pegida". Was die Demonstrationen genau bedeuten, verstehen die Freunde Khaleds nicht, aber sie spüren: Sie sind hier nicht erwünscht.

Nachdem die Polizei am Dienstag zunächst behauptete, es könne sich um einen Selbstmord handeln, haben die Männer kein Vertrauen in die Aufklärung der Tat: Am Mittwochabend, nach ihren Zeugenaussagen auf dem Polizeipräsidium, bedrängten sie den Ermittlungsführer der Kriminalpolizei mit Fragen: Warum man nur sie mitgenommen habe? Werden die anderen Nachbarn auch befragt? Und ob denen auch DNA-Proben entnommen werden, wollen die Eritreer wissen. Der Polizist beschwichtigt: Der Täter werde nicht in im Freundeskreis vermutet, aber die Polizei ermittle in alle Richtungen.

"Hier wird Hass geschürt!"

Auf einer Veranstaltung von antirassistischen Gruppen in Dresden am Mittwochabend berichtete Mahmoud Kassem, der Vorsitzende des Islamischen Zentrums Dresden, von zunehmenden Bedrohungen von Muslimen in der Stadt, von täglichen Beleidigungen und Übergriffen. "Hier wird Hass geschürt, Hass injiziert", sagt er.

Andrea Hübner von der Opferberatung RAA Sachsen hält die Befürchtungen für berechtigt, dass in der momentanen Stimmung die Hemmschwelle sinkt, Hetze in die Tat umzusetzen. Es liege noch keine genaue Statistik für 2014 vor, sagt Hübner, aber die Zahl der rassistisch motivierten Übergriffe sei in den vergangenen Wochen "definitiv angestiegen".

Auf Anfrage von tagesschau.de sagte der Sprecher der Staatsanwaltschaft Dresden, bisher habe es noch keine Hinweise auf ein Tatmotiv gegeben. Khaled Idriss Bahray wird nächste Woche beerdigt. In Deutschland. In Dresden.

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Das Eine hat immer nur bedingt mit dem Anderen zu tun - hier:
Von der traurigen Realität in die notwendige Satire - damit wir überleben können ...

Pegida-Organisator gegen "Titanic"

Bachmann beschwert sich über Humorpresse

"Heil Hitler und einen schönen Tag": Die "Titanic" veräppelt den Pegida-Organisator Lutz Bachmann. Der droht nun damit, gegen das Satiremagazin vorzugehen.

"Bitte keine Vorurteile": Unter diesem Titel veröffentlichte das Satiremagazin "Titanic" auf seiner Webseite einen ausgedachten Gastkommentar von Lutz Bachmann, einem der Organisatoren der islamkritischen Pegida-Bewegung.

Unter Bezug auf den gewaltsamen Tod eines 20-jährigen Flüchtlings in Dresden heißt es dort: 

Titanic-Originaltext: 

"Bitte keine Vorurteile
Ein Gastkommentar von Pegida-Initiator Lutz Bachmann

Deutsche! In Dresden ist am Montagabend ein zwanzigjähriger Asylbetrüger Asylbewerber tot aufgefunden worden – freilich: Dies ist sehr bedauerlich. Außer, daß er durch Stichwunden zu Tode kam, ist nichts bekannt, doch die Medien besitzen die Unverfrorenheit, in ihren Hetzartikeln eine Verbindung zu den friedlichen (!) Märschen der Pegida-Bewegung herzustellen, die sich unter Dresdens Bürgern einer großen Beliebtheit erfreuen. Wissen Sie, liebe Mitdeutsche, was eine anständige Beerdigung kostet? Gut 8000 D-Mark. Kein besorgter Europäer kann es im Sinn haben, den deutschen Steuerzahler durch den Mord an einem mittellosen Bittsteller mit einer derartigen Summe zu belasten. Und überhaupt: Warum Mord? Haben wir von unseren deutschen Müttern nicht alle gelernt: "Mit spitzen Gegenständen läuft man nicht"? Wer kann ausschließen, daß der saubere Herr Asylant nicht mit einem Messer einem Dresdner Großmütterchen hinterhergejagt ist, um ihr die Handtasche zu entwenden? Eben. Die Vorverurteilung durch gleichgeschaltete Presseorgane trifft mich wie ein Stich ins Herz. Bitte seien Sie klüger. 
Heil Hitler und einen schönen Tag."

Wie die "Frankfurter Rundschau" berichtet, fand Bachmann, der bei der jüngsten Pegida-Demonstration seine Solidarität mit dem Satiremagazin "Charlie Hebdo" bekundet hatte, das gar nicht lustig: "Was hier abläuft, ist an Dreistigkeit nicht zu überbieten!", teilte er in einem, laut "FR" mittlerweile gelöschten Kommentar auf seiner Facebook-Seite mit. "Ich habe nie irgendeinen Kommentar abgegeben, und mit Satire hat dies nix mehr zu tun!"


Bachmann habe den fingierten Gastkommentar als "Rufmord" bezeichnet und angekündigt, den satirischen Text von seinen Anwälten prüfen zu lassen, berichtet die Zeitung.


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