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gedicht & bild. 4 drive: struma & satthals ...

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S!NEDi: 4 drive


aus den tiefen geflutscht
ziemlich glitschig
all diese gerinnung nirgendwo 
zwischen den fingern --
all überall fließt vorübergehend:
ich meine - wer soll da was 
soll da was
also wer soll da was
stoppen - ich meine
wer oder was soll da schlafen:
aber natürlich 
ganz natürlich: im schlaf
liege ich ganz natürlich 
auf meinem
angewinkelten ellen-

bogen: und just in diesem
augenblick: fängt es an - 
zu kribbeln ... - zu fluten
oder zu ebben auch: oder beides
es ist als wenn feinster 
strandsand in den adern
zu rieseln beginnt - - -  
und die schwurhand - die schwurhand
zunächst einmal: die schwurhand - 
sie verliert ihr gefühl
und ihren schwur:
und - wenn ich dann
den arm abwinkele - 

dann schießt das blut 
und das gefühl kehrt wieder ein ...
als wenn die blutabnehmkanüle
neu vollblubbern würde::::

das ist vollkommen - normal ...
 das ist vollkommen - normal ...:
fließender sand - eben
ebenso: sandiger fließ
eben fließender sand -
jahraus-schluss-vorbei 
jahrein-
taubes gefühl
gefühlte taubheit ...

ja - können denn - 
können denn diese verwilderten
bluttauben: diese blau
zisellierten - bis ins braun
hinein gefiederten - 
ja können denn diese gurrenden blödtauben
diese blödblickenden bluttauben:
können die sich vollkommen normal - 
vollkommen normal: fliegen und setzen
und setzen und fliegen
also: im kreis fliegen - sich setzen
 sich kropfen - sich kropfen
satthalsen
sich tasten - sich sichten - sich messen ...
mit dem bloßen Auge einer zu erkennenden Gestalt...
es ist ein kommen und gehen ...
und die guten ins töpfchen...
und die schlechten ins kröpfchen ...

und eh man sich versieht - 
ist es schon wieder morgen
jeder für sich allein - 
und gott für uns alle ...
alle
alle
alle:

das spiel ist aus - 
das spiel ist aus - 
das spiel ist aus - 

deutschland ist weltmeister
ist weltmeister
ist weltmeister ist weltmeister

strunz - strunz
"was erlaube strunz" 




sinedi





BILD-APO und SPIEGEL-ONLINE berichten über Griechenland ...

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Die zur Zeit einzige deutsche "Außerparlamentarische Opposition" - also die APO dieser Tage - ist ja - wie könnte es anders sein - die BILD-Zeitung - und das nach eigenem Bekunden ihres Chefs Kai Diekmann ...

Am 05.02.2014 veröffentlichte BILD.de nun - folgerichtig wahrscheinlich als eben diese neue APO - folgenden Neid- und Schmähbericht zur wirtschaftlichen Lage Griechenlands - ganz im Stil des legendären "Stürmers", einem antisemitischen Hetzblatt in der NS-Ära: 
Wir Deutschen zahlen, zahlen und zahlen – dabei haben griechische Haushalte mehr Geld zur Verfügung als deutsche! | Foto: dpa Picture-Alliance, Public Address | Screenshot von BILD.DE



Berlin – Das pleitebedrohte Griechenland braucht schon wieder neue Milliarden – und wir sollen zahlen! Im Gespräch ist ein drittes Hilfspaket von bis zu 20 Milliarden Euro. Bis zu 6 Milliarden Euro davon müsste Deutschland schultern. Kaum zu glauben, denn: DIE GRIECHEN SIND DOPPELT SO REICH WIE DIE DEUTSCHEN!
Im Mittel verfügt ein griechischer Haushalt über 101 900 Euro Vermögen, hat die Eurobank EZB bereits 2013 ermittelt. Ein deutscher Haushalt kommt dagegen gerade mal auf 52 000 Euro.

WIE KANN DAS SEIN?

Die Pleite-Griechen brauchen wieder Geld –
und jetzt sollen tatsächlich wieder Milliarden fließen | Foto: Imago | BILD.DE
BILD sagt, warum die Griechen reicher sind:

Sie zahlen weniger Steuern!

Ein griechischer Durchschnitts-verdiener zahlte bis vor drei Jahren 18,8 % Steuern, Sozialabgaben. Ein Arbeitnehmer in Deutschland satte 39,2 %! Auf Sparzinsen wurden 10 % Steuern fällig, bei uns 26,4 %, ermittelte das Bundesfinanzministerium.
Zwar hat die Regierung in Athen seit Ausbruch der Krise Steuern deutlich erhöht (z. B. Lohnsteuer). Doch der Währungsfonds IWF kritisiert: „Bei der Bekämpfung der Steuerflucht gibt es bislang kaum Fortschritte.“

Sie besitzen mehr Immobilien!

Fast drei Viertel (72 %) der Griechen besitzen eine Wohnung/Haus, in Deutschland liegt die Eigenheimquote gerade mal bei 44 %.

Sie kassieren mehr Rente!

Griechische Rentner erhalten 110 % ihres jährlichen Durchschnittslohns – also mehr, als sie als Arbeitnehmer durchschnittlich verdient haben. In Deutschland kassieren Rentner nur 58 % ihres Durchschnittslohns.
Und: Bislang konnten Griechen nach 35 bzw. 37 Jahren ohne Abzüge in Rente gehen, bei uns erst nach 45 Jahren (OECD-Studie aus 2013).

Sie tricksen die Finanzämter aus!

Viele Griechen konnten bislang beim Einkaufen, im Restaurant die Mehrwertsteuer (23 %) prellen. Selbstständige wie Anwälte, Ärzte etc. hinterziehen bis zu 29 Milliarden Euro Steuern/Jahr – über ein Zehntel der Wirtschaftsleistung.

Die Athener Regierung geht nun hart gegen Steuerbetrug vor. Dennoch enden viele Kontrollen (z.B. in Restaurants) um 22 Uhr.

FDP-Chef Christian Lindner (35) warnt deshalb vor voreiligen Hilfszusagen an die Griechen. Stattdessen „sollte die von der Bundesbank vorgeschlagenen Vermögensabgabe rasch geprüft werden“, sagte er zu BILD. BILD.DE 
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Am 22.02.2014 veröffentlicht nun SPIEGEL-ONLINE den folgenden Bericht aus dem krisengeschüttelten Griechenland über die tatsächlichen Folgen der Troika-Sparpolitik, die vom Gläubiger-€uropa dem griechischen Haushalt aufgezwungen wurde - und der ein drastisch anderes Bild malt als unsere "STÜRMER-"... - ähh - pardon - "BILD-APO"... Man fühlt deutlich, welcher Bericht hier authentisch ist - und weshalb die Griechen die deutsche Bundeskanzlerin - äußerst unschön - manchmal in Nazi-Uniform darstellen ... 

Folgen der Sparpolitik

Säuglingssterblichkeit in Griechenland steigt um 43 Prozent

Von Florian Diekmann und Nicolai Kwasniewski | SPIEGEL-ONLINE

Mehr Totgeburten, HIV-Neuinfektionen, Tuberkulose- und Depressionsfälle sowie Suizide: Der drastische Sparkurs in Griechenland hat einer Studie zufolge verheerende Auswirkungen. Eine Hilfsorganisation spricht von einer vollständigen Verletzung der Menschenwürde.


Hamburg/London - Schon die Überschrift kommt einer Ohrfeige für die politisch Verantwortlichen gleich. "Griechenlands Gesundheitskrise: Von der Sparpolitik zur Realitätsverweigerung" haben die Forscher der britischen Universitäten Cambridge, Oxford und London ihre Studie betitelt, die im Medizinjournal "The Lancet" veröffentlicht wurde.

In der Tat ergibt die Auswertung offizieller Umfragen und Statistiken sowohl der griechischen Regierung als auch der EU-Kommission ein erschreckendes Bild: Demnach hat die drastische Sparpolitik während der seit sechs Jahren andauernden Krise in Griechenland verheerende Folgen für die Gesundheit der Bevölkerung. Folgen, die von der Regierung in Athen und internationalen Krisenmanagern wider besseren Wissens bestritten werden, wie die Forscher feststellen (hier die Studie im PDF-Format).
Die griechische Regierung musste ihre Ausgaben "schnell und drastisch" kürzen, heißt es in der Studie. Bei der Gesundheit lag die Vorgabe der internationalen Kreditgeber bei sechs Prozent der gesamten Wirtschaftsleistung des Landes. Zum Vergleich: In Deutschland machen die Gesundheitsausgaben etwa elf Prozent der Wirtschaftsleistung aus - sie müssten um mehr als die Hälfte zusammengestrichen werden, wenn genau so drastisch gespart würde. Konkret würden die Ausgaben in der Bundesrepublik dann um mehr als 160 Milliarden Euro im Jahr gekürzt.

In Griechenland traf dieser rigide Sparkurs vor allem Vorsorgeprogramme hart: So wurde die Ausgabe von Spritzen und Kondomen an Drogenabhängige gekürzt. Die Folge: Die Zahl der HIV-Neuinfektionen unter denen, die Drogen spritzen, stieg von 15 im Jahr 2009 auf 484 drei Jahre später. Den Krankenhäusern wurde das Budget um ein Viertel reduziert, die Ausgaben für Medikamente wurden auf die Hälfte zusammengestrichen.


Obdachlose mit Kind in Athen: Der rigide Sparkurs Griechenlands hat einer aktuellen Studie zufolge verheerende Folgen für die Gesundheit der Bevölkerung. Insbesondere die Auwirkungen auf Kinder sind drastisch. So sind die Zahlen der Totgeburten und der Kinder mit niedrigem Geburtsgewicht stark gestiegen, ebenso wie die Säuglingssterblichkeit. | Foto: Getty Images | SPIEGEL-ONLINE FOTOSTRECKE



Diabetiker vor der Wahl: Insulin oder Nahrung

Ärzte und Kliniken reagierten mit Gebühren, die viele Griechen angesichts dramatisch sinkender Einkommen und Rekordarbeitslosigkeit nicht zahlen können. Weil Arbeitslose zudem nach zwei Jahren ohne Job ihre Krankenversicherung verlieren, stehen der Studie zufolge mittlerweile geschätzt 800.000 Griechen komplett ohne Schutz da. Auch die psychischen Auswirkungen der andauernden Krise kann das Gesundheitssystem immer schwerer auffangen, weil auch hier kräftig gekürzt wurde. Dabei besteht hier offensichtlich großer Bedarf. Denn die Zahl der Suizide in Griechenland ist zwischen 2007 und 2011 um 45 Prozent gestiegen, schwere Depressionen haben sich sogar verdoppelt.

Die Autoren der Studie heben besonders die Auswirkungen auf Kinder hervor: Die Zahl der Kinder mit niedrigem Geburtsgewicht ist allein zwischen 2008 und 2010 um 19 Prozent gestiegen, die Zahl der Totgeburten um mehr als 20 Prozent. Als möglichen Grund führen die Wissenschaftler den - wegen hoher Kosten und geringem Einkommen - schwierigen Zugang zu Ärzten an, die zu Komplikationen in der Schwangerschaft führten. Auch die Säuglingssterblichkeit ist den Zahlen zufolge um 43 Prozent gestiegen.

Auch die humanitäre Organisation Ärzte der Welt wird in der Studie erwähnt. Die Hilfsorganisation ist seit langem vor Ort, hauptsächlich um sich um Flüchtlinge in Griechenland zu kümmern. Im Zuge der Finanzkrise sei die Zahl der Programme verdoppelt worden, sagt Vizedirektorin Nathalie Simonnot, weil auch immer mehr Griechen keine andere Möglichkeiten der Versorgung hätten.

"Hier sind Menschen in einem Zustand, wie ich es in meinem Leben noch nicht gesehen habe", sagt Simonnot. Immer mehr Schwangere könnten es sich nicht mehr leisten, ins Krankenhaus zu gehen, und viele Diabetiker müssten sich entscheiden, ob sie sich Insulin kaufen - oder etwas zu essen. Die Organisation spricht von einer vollständigen Verletzung der Menschenrechte in Griechenland.

Island weigerte sich, bei der Gesundheit zu sparen

Angesichts dieser Zustände werfen die Forscher den verschiedenen griechischen Regierungen seit Ausbruch der Krise regelrechte Realitätsverweigerung vor. Das Abstreiten ernsthafter Probleme und die Behauptung, Bedürftige würden kostenfrei und ausreichend versorgt, sei eine Leugnung wissenschaftlicher Erkenntnisse - die im Übrigen auch bei der spanischen Regierung zu beobachten sei.

Als Gegenbeispiel für eine verantwortliche Gesundheitspolitik während einer tiefen Wirtschaftskrise wird Island genannt. Das Land habe den Rat des Internationalen Währungsfonds (IWF) nicht befolgt, die Gesundheits- und Sozialausgaben radikal zu kappen. Das Ergebnis: Trotz der massiven Krise habe es keine erkennbaren Auswirkungen auf die Gesundheit der Isländer gegeben.

Karl-Otto Götz: Heute 100 Jahre alt - Bewegung und Innehalten

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Karl-Otto-Götz: Heute 100 Jahre alt ...


K. O. Götz, Lezuk III, 2012, Acryll auf Leinen, 65 x 65 cm | Das Foto entstand im Atelier von K. O. Götz. Foto: Jan Schüler



Heute 100 Jahre alt - Bewegung und Innehalten

Von Ingeborg Wiensowski | SPIEGEL-ONLINE | Kultur

Ein junger Mann war der 1914 geborene Karl Otto Götz bei Kriegsende 1945 nicht mehr. Er wollte den Anschluss an die moderne Kunst finden, die Hitler 1937 als "entartet" erklärt hatte. Auch K.O. Götz hatte zu den Künstlern gehört, den die Nazis 1935 mit Mal- und Ausstellungsverbot belegt hatten, nachdem er gerade mal drei Jahre Malerei studiert hatte. Aber er hatte als Soldat trotz Verbot in seiner Freizeit weitergemalt und mit Farben und Fotomalereien experimentiert. Er hatte sich mit dem Kubismus auseinandergesetzt, war mit Willi Baumeister befreundet, hatte sich für Kandinsky begeistert und sich an Max Ernst orientiert. Dessen Anregungen übersetzte er allerdings "stark ins Dekorative", so der Kunstkritiker und Freund Will Grohmann 1962 in einem Katalogtext.


K.O.Götz - nach einem WDR-Foto


Zu den Experimenten gehörten für den Hobbysegelflieger Götz, den Bewegungsabläufe faszinierten, gemalte Vogelszenen, und schon 1935 versuchte er sich am Film. So wie sich Filmbilder untereinander und aufeinander beziehen können, so wollte er malen. Farbe, Form und Bedeutung sollten sich verweben, genau wie Raum, vorn und hinten, Bewegung und Tempo, körperliche Aktion, Anspannung und Loslassen. Und 1952 hatte Götz gefunden, was er suchte. Er malte das "Bild vom 7. 9. 1952 (Letztes Ölbild)" und begann einen furiosen Neuanfang mit seiner neuen Maltechnik mit einem breiten Pinsel, einer Rakel aus Holz und einer Mischung aus Kleister und Gouachefarbe.
Damit war es möglich, schnell und spontan auf am Boden liegende Leinwand oder Pappe zu malen und trotzdem den malerischen Zufall präzise zu kontrollieren - Aktion und Reflexion. Götz' Aktionen sind vorher genau entworfen und durchdacht. In die Schwünge, Wirbel, Farbspritzer, Schlieren, Verwerfungen geht er mit der Rakel hinein, kratzt die nassen Farbspuren auf bis auf den weißen Leinwandgrund und bearbeitet sie danach mit einem trockenen Pinsel, so dass die Linien ineinander übergehen oder sich verwischen. Dieser Technik ist Götz treu geblieben, weiterentwickelt hat er sie durch Abklebungen oder farbige Einfügungen.

Bewegung und Unterbrechung

In der Berliner Neuen Nationalgalerie läuft nun schon seit einigen Wochen die erste große Schau zum 100. Geburtstag, die anschließend nach Duisburg und Wiesbaden wandert. Mit 70 Bildern aus dem Gesamtwerk dokumentiert sie seinen furiosen Aufbruch auf meterlangen Gemälden mit explodierenden Farbbündeln, wirbelnden Pinselhieben, gedrehte Linien. Bis vor kurzem hat der fast erblindete Götz täglich gemalt, seine Frau, die Malerin Rissa, hat ihn dabei geführt. Jetzt allerdings sei er zu schwach dafür, heißt es.

Auch die Kunstsammlungen Chemnitz zeigen mit 150 Werken einen Überblick mit Bildern von 1958 bis 2004, dazu das Stahlrelief "Ingrid". Und natürlich gehören die fünf farbigen Bleiglasfenster von 1995 nach Entwürfen von K.O. Götz im Treppenhaus des Museums am Theaterplatz zur Ausstellung, auch wenn sie immer zu sehen sind. Die Eröffnung ist übrigens am Abend des 100. Geburtstags.

Und auch Wismar zeigt K.O. Götz. Im St.-Georgen-Kirchhof hat sein langjähriger Künstlerfreund Udo Scheel mit 30 großformatigen Lithografien aus seinem Privatbesitz eine feine Schau eingerichtet, die den großen Ausstellungen nicht nachsteht. Auch hier Bewegung und Unterbrechung, dicke Spuren lösen sich in Schwerelosigkeit und Transparenz auf.

Spitzenpreise von bis zu 400.000 Euro

Damit wurde K.O. Götz zu einem der bedeutendsten Maler der deutschen Nachkriegskunst, parallel zu den Abstrakten Expressionisten in Amerika, deren Freiheit, so Götz in einem Interview, ihn "stimulierte, die Schnelligkeit des Malvorganges zu steigern", natürlich mit eigener künstlerischer Konzeption. Die hat er auf der Documenta 2, auf zwei Venedig-Biennalen und unzähligen Einzelausstellungen unter Beweis gestellt. Und auch von 1959 bis 1979 als Professor für "freie Malerei" an der Kunstakademie Düsseldorf, wo Künstler wie Gotthard Graubner, Sigmar Polke, Gerhard Richter, Götz' spätere Frau Rissa und Franz Erhardt Walther seine Schüler waren.
Allerdings ließ die Begeisterung für die freie, gegenstandslose "Informel"-Malerei in den sechziger Jahren nach - zu unkritisch sei sie und geschichtsvergessen gegenüber der jüngsten deutschen Vergangenheit. Eine neue Generation trat an mit deutscher Zero-Kunst, amerikanischer Pop-Art, Sigmar Polke und Gerhard Richter gründeten ihren "kapitalistischen Realismus", und eine Ära der Concept Art begann - und die Museen räumten ihre informellen Bilder ins Lager.




Erst seit 2005 ist das Interesse an deutscher informeller Malerei wieder gewachsen. Dass Götz' Bilder heute Spitzenpreise von bis zu 400.000 Euro auf dem Markt erzielen, davon hat der Hundertjährige wahrscheinlich nicht mehr allzu viel. Aber es wird ihn freuen, dass das Revival seiner Kunst auch in Museen stattfindet.

K. O. Götz - Lyrik:

Über mich selbst

Am Kreuzweg blitzartiger
Impulse
sprießt eine Invasion
von schwarzen
Wünschelruten.

Der ideale Jähzorn
in der Malerei
durchschießt Pupille
und Idol.

Ein waagerechtes Zwitschern
zweistimmig verknüpft
wackelt unhörbar und schwärzlich
in aufgerißnen Lüften.

Ein ausgestopfter Vielfraß
tut ja nichts.
Wehe wenn er nächtlich
lautlos
vom Schwanz bis an den Hals
sich vorpirscht:
Ein Biß knirscht sich
ins warme Fleisch
der Elchkuh.
Ihr blankgeputzter Kopf
hängt später in der Gabel
einer Eberesche.

Vulkane haben keine Vorhaut.
Zyklone melden sich im Zwielicht.
Der Yeti hats nicht eilig.
Laßt mich in Ruhe malen.

Vorsicht, es ist noch nass.




Kommende Einzelausstellungen: 
  • K.O. Götz zum 100. Geburtstag: Kunstsammlungen Chemnitz , 23.2.-4.5.; 
  • Wanderschau K.O. Götz: Neue Nationalgalerie Berlin, noch bis 2.3.; 
  • MKM Museum Küppersmühle, Duisburg, 21.3.-15.6.; 
  • dann ab 11.7. im Museum Wiesbaden. 
  • St.-Georgen-Kirche, Wismar, bis 2.3.



gedicht & bild: fahrräder in aspik | sinedi

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S!NEDi: fahrräder in aspik ...


im schlaf: millimeter 
hinter den augenlidern
wegweisungen und absperrungen
und fahrräder, die ich nicht nutze
wir müssen gleich weg
es ginge dann alles schneller
hinradeln zum nächsten ziel
doch rechts davor eine absperrbarke
auf der litfass-säule ein hinweis
blau einfarbig ohne schrift
ach - was sage ich - das kannst du
ja auch alles selbst sehen:
eine geronnene zeitsequenz
wie eingefroren in aspik
ein bild zum abschneiden
darf es auch 100 gramm mehr sein
einfach kulisse mit bestimmten
beigaben und elementen
einpflanzungen und schildereien
bicycle - bicycle
kreischen die queens in die
schläfenlappen und lassen 
das trommelfell vibrieren
im aspik ist die szene wie 
eingegossen - ein bühnenbild
für einen traum:
mal sehen wer gleich die
bühne betritt - und was
der sagt oder schweigt
oder wartet auf godot ...
bicycle - bicycle ...

sinedi




auf das lautsprecher-symbol clicken - unbedingt

und hier ...



Solsbury Hill | Peter Gabriel | S!NEDi|music|slide|show

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please click on the speaker-icon

Solsbury Hill 
Songtext Übersetzung:


Als ich auf den Solsbury Hill stieg
Konnte ich die Lichter der Stadt sehen
Der Wind wehte, die Zeit stand still
Ein Adler flog hinaus in die Nacht
Er wollte sich etwas anschauen
Als er näher kam, hörte ich eine Stimme
Und ich stand da, jeder Nerv gespannt
Weil ich zuhören mußte, ich hatte keine Wahl
Ich konnte die Nachricht nicht glauben
Ich konnte nur meiner Vorstellungskraft vertrauen
Mein Herz schlug bumm bumm bumm
"Junge", sagte er, "hol deine Sachen,
Ich bin gekommen, um dich nach Hause zu bringen."

Damit niemand darüber sprach, lehnte ich ab
Meine Freunde würden denken, ich wäre ein Spinner
Wenn ich Wasser in Wein verwandelte,
Würden offene Türen bald geschlossen
Also lebte ich von Tag zu Tag
Obwohl mein Leben dem gewohnten Trott folgte
Bis ich daran dachte, was ich gesagt hatte
Welche Verbindung ich lösen sollte
Ich fühlte mich als Teil der Kulisse
Ich ließ die Maschinerie hinter mir
Mein Herz schlug bumm bumm bumm
"Hey", sagte er, "hol deine Sachen,
Ich bin gekommen, um dich nach Hause zu bringen."
(Zurück nach Hause)

Wenn die Illusion ihre Netze spinnt
Bin ich nie da, wo ich sein will
Und mit der Freiheit dreht sie Pirouetten
Wenn ich denke, daß ich frei bin
Beobachtet von leeren Silhouetten
Die ihre Augen schließen und trotzdem sehen können
Niemand hat ihnen Etikette beigebracht
Ich werde ein anderes Gesicht von mir zeigen
Heute brauche ich niemanden, der mich ersetzt
Ich werde ihnen sagen, was das Lächeln auf meinem Gesicht bedeutet hat
Mein Herz schlägt bumm bumm bumm
"Hey", sagte ich, "ihr könnt meine Sachen behalten,
Sie sind gekommen, um mich nach Hause zu bringen."




BIRTY: PEOPLE THE PEOPLE | S!NEDi|slideshow

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BIRTY: PEOPLE THE PEOPLE

Deutscher Text

Gott weiß, was sich in diesem schwachen und trunkenen Herz versteckt
Ich vermute du hast die Mädchen geküsst und zum Weinen gebracht
diese ausdruckslosen Königinnen des Unglücks
Gott weiß, was sich in diesen schwachen und eingefallenen Augen versteckt
ein glühendes Gewimmel verstummter Engel
die Liebe geben und nichts zurück bekommen

Menschen helft den Menschen
und wenn du Heimweh hast, gib mir deine Hand und ich werd' sie halten
Menschen helft den Menschen
und nichts wird dich runterziehen
Oh und hätte ich nachgedacht, hätte ich nur nachgedacht
könnte ich kalt wie Stein sein und reich wie der Dummkopf 
der alle diese guten Herzen verscheuchte

Gott weiß, was sich in dieser Welt mit so wenigen Konsequenzen versteckt
hinter den Tränen, zwischen den Lügen
tausend langsam sterbende Sonnenuntergänge

Gott weiß, was sich in diesen schwachen und trunkenen Herzen versteckt
Ich vermute, die Einsamkeit hat angeklopft
niemand braucht allein zu sein, oh rette mich

Menschen helft den Menschen
und wenn du Heimweh hast, gib mir deine Hand und ich werd' sie halten
Menschen helft den Menschen
und nichts wird dich runterziehen
Oh und hätte ich nachgedacht, hätte ich nur nachgedacht
ich könnte kalt wie Stein sein und reich wie der Dummkopf 
der alle diese guten Herzen verscheuchte

Menschen helft den Menschen
und wenn du Heimweh hast, gib mir deine Hand und ich werd' sie halten
Menschen helft den Menschen
und nichts wird dich runterziehen
Oh und hätte ich nachgedacht, hätte ich nur nachgedacht
ich könnte kalt wie Stein sein und reich wie der Dummkopf
der alle diese guten Herzen verscheuchte


S!NEDi: BIRTY - Bearbeiteter Video-Still


AB JETZT AUCH ANDAUERND IN DER RECHTEN SIDEBAR ...

Street Art: JR - auch in Baden-Baden - die Erfindung des Graffoto ....

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Street-Art in Baden-Baden - die Erfindung des Graffoto

Störmanöver in der Kurstadt: JR

Von Ingeborg Wiensowski | SPIEGEL-ONLINE
S!NEDi|bild|bearbeitung nach einem photo der SPIEGEL-ONLINE FOTOSTRECKE | JR 2013

Der Street-Art-Künstler JR plakatiert Wände, Dächer oder sogar ganze Häuser mit riesengroßen Porträts - in den Slums von Nairobi, aber auch in New York oder Paris. Jetzt hat JR eine Museumsschau in Baden-Baden. Und plakatiert gleich auch die Stadt.

Mitten im beschaulichen Baden-Baden stürmen französische Soldaten entlang der Hauseingänge in die Stadt. Etwas weiter, am Ufer des durch die Innenstadt plätschernden Baches Oos, arbeitet das französische Militär gegen die Überflutung an, und von einer Hauswand in der hügeligen Altstadt blickt das große Gesicht eines kleinen Mädchens den Betrachter erwartungsvoll an. Alle diese Szenen finden sich auf überdimensionalen schwarzweißen Fotos, "pasted" - was so viel wie "kleben und positionieren" heißt - vom französische Street-Art-Star JR an Hauswänden, Mauern und Kirchtürmen Baden-Badens.

JR führt nicht nur die Regie bei diesem künstlerischen Störmanöver in der Kurstadt-Idylle von Baden-Baden, er bespielt gleichzeitig auch das Museum Frieder Burda mit einer großen retrospektiven Schau, in deren Mittelpunkt Fotos und Videos seiner oft noch fortlaufenden Projekte stehen. Sie zeigen die biografische Geschichte des 1983 geborenen, in Paris und New York lebenden Künstlers.
Mit großen Projekten in aller Welt - in Südamerika, Afrika, Asien und in den USA, in Berlin, Marseille und natürlich in Paris - ist JR bekannt geworden. Und trotzdem ist es ihm bis heute gelungen, seine Anonymität zu bewahren. Dabei helfen eine schwarze Sonnenbrille und ein Hut, die inzwischen zu seinem Markenzeichen geworden sind, und wahrscheinlich auch die Tatsache, dass JR seine Karriere als 16-Jähriger in Paris als illegaler Sprayer begann und anonym nur immer sein Tag hinterließ.

Ein Jahr später begann er, seine Kumpel bei ihren illegalen Aktionen mit einer billigen Kamera zu fotografieren und Kopien der Aufnahmen an die Wände zu kleben. Dann zog JR sich zurück, beschäftigte sich mit Fotografie und Wirtschaft und wurde 2004 in den Vorstädten mit einem Fotoprojekt über Jugendliche mit Migrationshintergrund wieder sichtbar, deren großformatige, mit Namen versehene Porträts er illegal in der Pariser Innenstadt an Hauswände klebte. Ein Jahr später, während der Proteste in den Pariser Banlieues, porträtierte er die Jugendlichen mit einem 28-mm-Weitwinkelobjektiv, und die Stadt erlaubte ihm, seine Aktion "28 millimètres - Portrait d'une génération" in feinen Vierteln wie dem Marais zu plakatieren. Damit konfrontiert er die schockierten Pariser vor ihren Haustüren mit den Personen, die sie nur in den sozialen Randgebieten der Stadt tolerierten und deren Aufständen sie höchstens in den Medien begegnen wollten.


28MM - Portrait of a Generation. from SOCIAL ANIMALS on Vimeo.
Aus persönlichen Erinnerungen der Baden-Badener werden Bild-Stadt-Landschaften

Auch mit seinem Projekt "Unframed in Baden-Baden", den großen Fotos im Außenraum, kratzt JR gewieft an der Oberfläche der Stadt, um an ihre historischen Wurzeln zu gelangen. Hier, nur 30 Kilometer von der französischen Grenze entfernt, ist sein zentrales Thema die deutsch-französische Versöhnung nach zwei großen Kriegen - und damit die Überwindung der jahrhundertealten "Erbfeindschaft". Dafür hat er die Bürger Baden-Badens im Vorfeld aufgefordert, persönliche Erinnerungen als Bild- und Textmaterial einzureichen, aus dem er dann seine Stadt-Bild-Landschaften entwickelt hat.

Da ist zum Beispiel die Lehrerin, Tochter eines deutschen Soldaten, die trotz aller Widerstände einen französischen Militär geheiratet hat. Ihr durchsetzungsfähiges, dauerhaftes Glück präsentiert sich nun - scherzend im Badesee - als Großbild an einer Einfahrtsstraße. Über das kleine Mädchen auf der großen Wand erfährt man allerdings nur, dass sie Françoise heißt. "Hier entfaltet ein Bild seine maximale Wirkung", sagt JR, und er liebe es, die Reaktionen der Menschen wie "ein Ethnologe" auf seine Bilder in den Straßen zu beobachten. "Ihr naiver Blick auf ein Bild ohne jegliche Erklärung fasziniert mich", sagt er, "weil ihr Umgang, ihre Kritik damit völlig frei ist und sie unmittelbar auf ihre intimen Geschichten, ihre persönlichen Erfahrungen zurückgeworfen werden - und nicht auf irgendein externes Medium oder eine Information, die ihre Reaktion einschränken würde."

Außerdem arbeite er gern "mit der Substanz einer Stadt". Ihm gehe es immer darum, "eine klare Verbindung zu einem Gebäude, der Nachbarschaft und auch der gesamten Stadt herzustellen". Und damit tue er "nichts anderes, als die andere Seite der Geschichte einer Stadt zu erzählen." Und das tut er am liebsten mit den Geschichten der einfachen Leute.

Davon sind nun viele als Foto- und Filmdokumentationen im Museum Frieder Burda zu sehen. Wie zum Beispiel "Face2Face" von 2007, in dem JR gleichermaßen Juden, Christen und Muslims, Israelis und Palästinenser mit den gleichen Berufen in Porträts gegenüberstellte und in der Westbank und in benachbarten Siedlungen plakatierte.


Face2Face Project - 2007 from SOCIAL ANIMALS on Vimeo.

Auch das Pariser Porträt-Projekt ist ausgestellt, genau wie "Wrinkels of the City" aus Berlin. Und natürlich sind die starken Frauen des Projekts "Women are Heroes 2008-10" in den Elendsvierteln von Rio zu sehen, deren Konterfeis die Hütten und Dächer schmücken und sich im Blick auf den besiedelten Hügel zu einem eindrucksvollen Gesamtbild zusammenfügen und denen ein Gesicht geben, die sonst in der Anonymität verharren müssen. Zu diesem Projekt zählen auch Orte in Indien, Kambodscha, Kenia und Sierra Leone.


Im Museum kann der Besucher bei "Inside Out 2011" sogar mitmachen: Aus einer Fotokabine im Museum wandert ein Bildauftrag zu einem Riesendrucker und kommt als Foto auf einem Fließband zurück. "Weck den JR in dir" heißt die Aufforderung. Mit anderen Worten: Klebe es an eine Hauswand und werde so Teil eines großen Gesamtkunstwerks.

JR - Baden-Baden. Museum Frieder Burda, Baden-Baden, 1.3.-29.6.

art - DAS KUNSTMAGAZIN

Screenshut INSIDE OUT - JR 2011

PHOTOGRAPHY|unplugged_ | S!NEDI-PHOTOGRAPHY|unplugged_ | Folge 1 (1-8)

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Unplugged
Unplugged (von englisch plug, „Stecker“; sinngemäß „nicht [in die Steckdose] eingesteckt“) ist in Deutschland u. a. eine eingetragene Marke der Viacom International Inc. Es wird in folgenden Zusammenhängen verwendet:
die Akustikversion von Musik, die ursprünglich mit Hilfe elektronischer Veränderungen produziert wurde und nun nur auf akustischen Instrumenten gespielt wird. Es ist der Titel einiger Live-Alben, unter anderem:

  • Unplugged (Eric-Clapton-Album)
  • Unplugged (Baze-Album)
  • MTV Unplugged, eine von MTV produzierte Konzertreihe
WIKIPEDIA


.......................................


Und nun: 
S!NEDI-PHOTOGRAPHY|unplugged_


.......................................

Okay - meine Photography-Kompositionen jage ich in der Regel durch allerhand Filter von Kizoa und Corel Paint Shop Pro - ich lege auch Photos übereinander - so dass sie sich "semipermeabel" durchscheinen -  immer je nachdem -"wie mir im Moment der Schnabel gewachsen ist" - bzw. "der Sinn steht" - im Grunde ist es immer ein entspannendes "Malen" und "Komponieren" mit photographischem Material ... - und es ist immer so ungeplant und spontan, dass ich das "Ergebnis" nie vorausahnen kann ... - irgendwann "stimmt es" für mich - und dann - okay ... 

Aber - wie in der Musik - gibt es natürlich auch die nur wenig bearbeiteten Photos - (ohne Stecker - ohne Filter - ohne Farbhinzugabe oder -abänderung usw. ...) - vielleicht nur mit etwas Kontrast-Ausgleich - ohne Beschnitt - vielleicht mal s-/w- statt Farbe - und vielleicht mal mit etwas "Lomo"-Effekt - aber alles sehr behutsam in Original-Farben und möglichst im Original-Format ...: - also einfach: 
S!NEDI-PHOTOGRAPHY|unplugged_
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Folge 1
2014 -02 -1

2014-02-2

2014-02-3

2014-02-4

2014-02-5

2014-02-6

2014-02-7

2014-02-8



glauben erwachsen | impulse für die woche -127 |

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glauben erwachsen

Alles Lebendige wächst heran. Der Mensch wird nicht komplett entwickelt, einfach "fertig", geboren, sondern er wächst zunächst als Kind, dann als Jugendliche/r zum Erwachsenen und wird zuguterletzt im Alter Senior/in ...

Diese ineinanderübergehenden Phasen sind Entwicklungsschritte - körperliche, geistige und seelische. Der Horizont wird dabei immer breiter, der Radius eigener Verantwortlichkeit erweitert sich. Das ist spannend und schön, aber auch anstrengend und manchmal beängstigend - besonders auch, wenn die im Leben gewonnene Reife und Selbstständigkeit im Alter dann wieder abnimmt - dann oft wieder auf Hilfe und Orientierung angewiesen ...

Das, was so die Entwicklungsstufen im Leben jedes einzelnen Menschen sind, trifft wohl auch auf die Menschheit insgesamt zu. Wissenschaftler sprechen auch da von aufeinander aufbauenden Phasen, die unsere Vorfahrenketten durchlaufen haben, bis wir nun - so wie wir nun eben sind - im Hier & Jetzt leben. Ob wir uns als Menschheit schon als "er-wachsen" bezeichnen können - oder doch noch mitten in der Pubertät stecken - darüber gehen die Meinungen auseinander. Aber eines ist sicher: wir als aktuelle Vertreter unserer Spezies unterscheiden uns erheblich von unseren Vorfahren, die vor 10.000 Jahren diese Erde bewohnt haben, und zwar weniger vom Aussehen her, als von unserem Denken und Verstehen.

Der Horizont der Erkenntnis hat sich immer weiter ausgebildet, der Radius der eigenen, menschlichen Verantwortlichkeit auch. Und das ist wieder spannend und schön, aber auch anstrengend und manchmal beängstigend. Denn: es geht nicht nur einfach darum, dass wir mehr Wissen haben - die Frage ist vielmehr: was macht dieses Wissen mit uns? Was verlangt es uns ab? Wohin führt es uns?

Der Apostel Paulus schreibt in seinem 1. Brief an die Korinther von dieser Entwicklung in Kapitel 13,11 ff.:
"Als ich noch ein Kind war, redete ich, wie Kinder reden, dachte, wie Kinder denken, und urteilte, wie Kinder urteilen. Doch als Erwachsener habe ich abgelegt, was kindlich ist. Jetzt sehen wir alles nur wie in einem Spiegel und wie in rätselhaften Bildern; dann aber werden wir ´Gott` von Angesicht zu Angesicht sehen. Wenn ich jetzt etwas erkenne, erkenne ich immer nur einen Teil des Ganzen; dann aber werde ich alles so kennen, wie Gott mich jetzt schon kennt. Was für immer bleibt, sind Glaube, Hoffnung und Liebe, diese drei. Aber am größten von ihnen ist die Liebe." (NGÜ) 

Wie Paulus dies niederschreibt, klingt das ganz plausibel - auf seine eigene persönliche Geschichte bezogen. Aber das Erwachsenwerden der Menschheit hat so richtig erst 1500 Jahre nach ihm angefangen. Und wir erkennen trotzdem erst einen Zipfel der Wahrheit - einen Teil des Ganzen: Die Wissenschaft untersucht ja immer nur Teilaspekte und verliert dabei oft das Große und Ganze in seinen Bezügen aus den Augen - bzw. das Wunder besteht auch darin, das in jedem winzig kleinen Teilaspekt manchmal sich schon ein ganzes Universum auftut, in das man sich bereits verlieren kann ... - besonders aber auch das Größte - unsichtbare - nicht vermessbare - aber doch wahrnehmbare: die Liebe ... - 

Es gibt eine kleine Geschichte, die deutlich macht, worum es bei solchen oft rasanten Prozessen gehen kann: Da fährt ein Sioux-lndianer zum ersten Mal mit einer Eisenbahn. Als die Bahn einen Zwischenstopp einlegt, steigt er aus und setzt sich an den Wegrand. Dort bleibt er auch sitzen, als die anderen Passagiere wieder einsteigen und der Lokführer das Signal zur Weiterfahrt gibt. Der Schaffner kommt und fordert ihn auf, einzusteigen. Der Zug würde nun weiterfahren. Das kann ich jetzt noch nicht, sagt der Sioux. Warum denn nicht, fragt der Schaffner. Meine Seele ist noch nicht nachgekommen...: Da fehlt also noch was: Der Indianer sieht und fühlt alles nur wie in einem Spiegel und wie in rätselhaften Bildern - erst seine 'Seele' - wie er es nennt - wird dann "erkennen" können - und das Gesehene deuten ...

Im Grunde genommen verhält es sich mit diesem Erwachsenwerden der Menschheit zumindest in den letzten 500 Jahren genauso: unser Wissen hat enorme Fortschritte gemacht, da sind wir unglaublich schnell vorwärts gekommen; aber unsere Seele ist nicht mitgekommen und mit ihr unser Glaube. Wir sind innerlich zerrissen und gespalten. Wir bauen Atomkraftwerke, bedienen uns des Handys und des Internets, erforschen den Nachbarplaneten Mars, und haben gleichzeitig Gottesvorstellungen und Glaubensbekenntnisse aus der Antike und dem Mittelalter. Und in vielen Staaten dieser Erde prallen noch alle diese Zeitepochen der Entwicklung gleichzeitig aufeinander: das Handy am Ohr wird der Mais gleichzeitig mit dem Steinmörser gestampft und im Brusttuch gleichzeitig das Kind gesäugt - und in der zeltartigen Behausung flimmert Al Jazeera über den Bildschirm neben der Hängematte, wo Tee getrunken wird ... 

Das hat viele dazugebracht, den Glauben, die Religion als solche ad acta zu legen. Andere haben sich entschlossen, eben in diesen verschiedenen Welten gleichzeitig zu leben: in der Welt des Alltags, wo Wissen und Wissenschaft das Sagen hat, und in der Welt der Religion, wo jedes zweifelnde Denken ausgeschaltet wird und eben pur "geglaubt" wird - Wort für Wort - so wie es in der Bibel steht (je nach Übersetzungsaussage) - oder im Koran oder in der Thora oder in den Veden... 
Und weil im Alltag der Welt alles zu unberechenbar und flexibel anpassbar ist, muss wenigstens in der Welt des Glaubens alles vermeintlich fest sein und bleiben - weil der Mensch instinktiv einen Halt sucht ... Der Globalisierung in Wissenschaft, Technik und Wirtschaft steht fast zwangsläufig der Fundamentalismus im Bereich der Religionen gegenüber.

Die entscheidende Frage ist: wie bekommen wir beides wieder zusammen: unser Wissen und Denken, unser Glauben und Fühlen? Damit wir uns  heimisch fühlen können auf dieser Erde, in unseren immer mehr zusammenwachsenden globalen Gesellschaften.


Versuchen Sie ruhig einmal, den Weg des "An-Gott-Glauben"über die Epochen hinweg nachzugehen - aus den Zeiten eben der "Kindheit" der Menschheit bis ins Hier & Jetzt, um nachzuvollziehen und zu verstehen, woher wir kommen und wohin wir gehen können, um mit dem, wozu wir eben schlicht 'Gott' sagen, auf dem Weg zu bleiben. Denn alles Lebendige ist im Wandel begriffen, auch ein lebendiger Glaube und ein 'lebendiger Gott': "Nichts ist so beständig - wie der Wandel" ... Auch im Glauben gilt: nur was sich verändert, bleibt letztlich doch im Kern stabil...

Anhand der Abbildungen in diesem Text können wir uns sozusagen komprimiert vor Augen führen, welchen Weg in Bezug auf ihr Weltverständnis die Menschheit in den letzten 2500 Jahren zurückgelegt hat; und gleichzeitig können wir uns ein wenig einfühlen, was dieser Erkenntniszuwachs für die Psyche und Seele unserer Vorfahren wohl bedeutet haben mag - und mit welcher Hypothek sich das im Heute niederschlägt.

Hier in Mittel- und Nordeuropa lebten die Menschen anfangs mit einem nordischen Götterhimmel voller dräuender und sanktionierender Naturgottheiten - sowie dem Weltbild-"Modell" der "Weltenesche Yggdrasil", die "Himmel und Erde" noch miteinander verband (siehe erste Abbildung von oben)...- diese Gottheiten waren es, die das Schicksal der Menschheit bestimmten - mit Opfergaben versöhnte man sich miteinander und stimmte die Götter 'gnädig'... Sowohl für den prähistorischen Menschen als auch für die Menschen späterhin im alten Orient - und dazu gehörte auch  das Volk Israel - waren Weltsicht und Glaube noch etwas Zusammengehöriges: Der Himmel war oben und die Erde unten - und unter einem solchen  Käseglockenhimmel drehte sich immerfort eine Erdscheibe - wie eine alte Grammophonplatte - und darüber - oben im Himmel - thronte Gott-Vater und lenkt und spielt Schicksal ... (siehe Abb. 2 und 3 von oben) - so und nicht anders stellte sich die damalige Menschheit dort das "göttliche Universum" vor. 

Die 10 Gebote, all die Ermahnungen der Propheten - sie waren natürliche aufgeschriebene Worte Gottes - wie die Heilige Schrift als Ganzes denn Gottes Wort von seinem Geist diktiert und durchwirkt war. Der Mensch hatte nur die eine Bestimmung: auf dem ihm zugewiesenen Platz Gottes Willen gemäß seiner Gebote zu tun und zu lassen - zu leben. und wenn er das tat, ging es ihm gut. Wenn er es nicht tat, dann drohte die Strafe von oben - gerade auch in der Form von Naturkatastrophen oder verlorenen Schlachten ...

Aber der Forscherdrang  - eben durch die "verbotene Frucht" vom "Baum der Erkenntnis" zu partizipieren - ist schon aus paradiesischen Zeiten dem Menschen zu eigen gewesen, und er richtete sich nicht nur auf die Erfindung und Herstellung neuer Werkzeuge ein. Besonders früh in der Menschheitsgeschichte begann er, eben den Himmel zu beobachten, die Zeit zu berechnen - Sternenhoroskope als Orakel zu errechnen - sowie die Sterne und ihre Bewegungen aufzuzeichnen und zu benennen. Und immer war der Mensch bemüht, das, was er sah und beobachtete, in sein derzeitiges Denken und Trachten einzuordnen - und zu deuten.

Das Weltbild des Ptolemäus zeigt da bereits einen deutlichen Fortschritt in der Erkenntnis an: es unterscheidet zwischen Planeten und Fixsternen, es geht nun - statt der Erdscheibe - von einer Erdkugel aus, die allerdings das Zentrum des Universums bildet, um die nicht nur der Mond, sondern auch die Sonne kreist. In solch einem Weltbild ist der Mensch noch unangefochten die Krone der Schöpfung. Der Forscherdrang führte nun weiter zu Erkenntnissen, die sich nicht mehr einordnen ließen in das von der Kirche gehütete alte antike Weltbild. Das vierte Bild von oben illustriert dieses Geschehen. Der Mensch in seinem  Erkenntnisdrang bricht aus der alten übergestülpten Käseglocke aus, er überschreitet die ihm gesetzten Grenzen, er schaut hinter die Dinge und entdeckt eine neue Welt, faszinierend und von überraschend anderer Schönheit. Für diesen Aufbruch stehen Namen wie Nikolaus Kopernikus und Galileo Galilei.  

Etwa 1400 Jahre hielt dieses Weltbild: Gott war immer noch oben und der Welt gegenüber, die Menschen unten das bevorzugte Wesen, mit Verstand und Gottesfurcht begabt. Es war einfach in dieser Zeit vernünftig, an Gott zu glauben. Vernunft und Glauben waren Zwillinge. Das änderte sich erst dramatisch im 15. und 16.Jahrhundert. Ihre Entdeckung: die Erde als ein Planet, der sich wie Mars und Jupiter um die Sonne dreht, lässt sich nicht mehr in das bisher herrschende geozentrische Weltbild einordnen, sondern es stellt dieses in Frage und damit auch die Ordnung von Herrschaft - und den Stellenwert des Menschen in der Schöpfung. Denn wenn die Erde aus dem Mittelpunkt rückt, dann ja auch der Mensch ... (siehe Abb. 5 und 6 von oben ...)!

Wir wissen: angesichts der drohenden Folter seitens der kirchlichen Inquisition, die keine Änderungen des antiken Weltbildes duldete, widerrief Galileo seine Erkenntnisse. Andere blieben standhaft und gingen dafür aufs Schafott oder auf den Scheiterhaufen. Doch das Denken, die Vernunft ließ sich nicht auf Dauer klein halten. 

Groß war die Abwehr - und sie ist es in vielen Kreisen bis heute - als im 19.Jahrhundert nachgewiesen werden konnte: die Bibel ist ein von Menschen über Jahrhunderte hin aufgeschriebenes Buch, eine Schriftensammlung von ganz unterschiedlichen individuellen Erzählformen über die jeweiligen persönlichen "Begegnungen" mit Gott bis vor etwa 1700 Jahren - danach hat man keine neuen Texte mehr der Bibel hinzugefügt, obwohl ja die Begegnungen im Laufe der Zeit andere wurden und die Berichte mindestens ebenso eindringlich ... - aber eben in einer anderen Bildersprache - ihrem jeweiligen Weltbild entsprechend ... 

Was wahr und wirklich war, was in der Bibel zu stehen hatte und was nicht, das bestimmte die Kirche von oben her, und sie setzte alles in Gang, dass wenigstens in ihren Reihen alles beim Alten blieb. 

Der Preis, den das Christentum dafür bis heute zahlen muss, ist schrecklich hoch, denn viele Gläubige in der Welt und in allen Konfessionen sind innerlich zerrissen: Alle diejenigen, die auf der einen Seite natürlich zur Kenntnis nehmen, was die Wissenschaften herausgefunden haben, die aber für ihr Leben in dieser Welt und Wirklichkeit eine Kraftquelle brauchen, die Beziehung zu Gott, für die der Glaube einfach unerlässlich ist. Und die sich dann gezwungen sehen, ihren Verstand, wenn es um Fragen des Glaubens geht, zu großen Teilen abzustellen. Für die es zwei Welten gibt: die reale Welt und die Welt des Glaubens. Und was in der realen Welt ganz klar und logisch ist, das gilt in der Welt des Glaubens nicht. Eine schizophrene Welt! Oder freundlicher: solch  ein Glaube ist im Kinder-Stadium des Glaubens stecken geblieben. 



Der Glaube an einen allmächtigen Gott, der alles kann, auch gegen die Naturgesetze, der gehört in die Kindheit der Menschheit. Dort war er stimmig, weil die Menschen es so erlebten und erfuhren. Aber heute stimmt es so nicht mehr mit den Erfahrungen überein. Es kommt darauf an, erwachsen zu glauben. Glauben und Verstehen wieder zu Geschwistern zu machen.

Alle Rede von Gott bedient sich ja jeweils der Bildersprache. Und diese Bilder sind Symbole, sind Fingerzeige auf Gott, aber nicht Gott selbst. Und diese Bilder sind abhängig von der Wirklichkeit, in der die Menschen, die sie brauchen, damals gelebt haben und in der sie heute leben. Und so haben sich die Metaphern für Gott auch mit gewandelt, wenn sich die Lebenswirklichkeit der Menschen verändert hat; und das können, ja müssen  sie auch heute noch. Sonst können sie ja nicht mehr auf den "lebendigen Gott" - sich ewig mitverwandelnden Gott hinweisen, der ein mitgehender Gott ist, der uns durch die Zeiten begleitet - auch nach Weihnachten - auch nach "Himmelfahrt" - auch in allen Veränderungen (siehe dazu auch Abb. 7 von oben ...). 

Der hebräische Gottesname wird übersetzt  mit "Ich bin, der ich bin; ich  werde sein, der ich sein werde." Und wenn wir schon das Bildwort von Gott als Vater haben, dann sollten wir es auch ernst nehmen in der Weise, dass doch jeder Vater möchte, dass sein Kind erwachsen wird, vernünftig und selbstverantwortlich. Ein Kind, das erwachsen geworden eben erkennen kann, dass sein Vater beileibe nicht alles kann und macht, sondern dass es selber gefragt ist. Dieser uns begleitende Gott hat keine anderen Hände, als die unsrigen ...
  • Erwachsen zu glauben, das heißt: Gott nicht jenseits dieser Welt und Wirklichkeit anzusiedeln, nicht über mir, sondern ihn in dieser Welt und Wirklichkeit zu erfahren, wo immer mir das möglich ist, ihn in mir zu suchen und wirksam werden zu lassen... 
  • Erwachsen zu glauben, das heißt: Meine Verantwortung wahrzunehmen für das gemeinsame Projekt "Reich Gottes": ob nämlich Barmherzigkeit, Gerechtigkeit, Güte, Frieden und Liebe wirkmächtige Wesensäußerungen Gottes sind oder nur wohlfeiles frommes Gerede, das liegt auch an mir, an dir, an jedem von uns (denn er hat eben - wie oben schon gesagt - keine anderen Hände ...). Es liegt wirklich in der Verantwortung  derer, die jeweils auf dieser Welt leben. 
Gott hat seinen Teil getan — er hat seine Gedanken in uns eingepflanzt, und nun ist es an uns, sie zu denken und danach zu handeln. Wohin ist sein Gedankengut, seine Saat in uns gefallen: auf die ewig ausgelatschten Wege, wo die Vögel kamen und sie fraß - auf felsigen Boden, wo es nur wenig Erde gab, und ging sofort auf, weil das Erdreich nicht tief genug war - ohne jeden Tiefgang - denn als die Sonne hochstieg, wurde die Saat versengt und verdorrte, weil sie keine Wurzeln bilden konnte - in die Dornen, und die Dornen wuchsen und erstickten die Saat, und sie brachte keine Frucht - oder aber zuguterletzt doch auch auf guten Boden und bringt dort seine Frucht: die Saat geht auf und wächst empor und trägt dreißigfach, ja sechzigfach ... und hundertfach... : Wer Ohren hat zum Hören, der höre! 

Nach diesem Gleichnis vom Sämann (Markus 4,1-9) heißt es im Heute Erwachsen zu glauben: Suchen wir Gott endlich da, wo allein er von uns gefunden  werden kann - in der Tiefe unseres Herzens - wo sein gedankliches Saatgut aufgegangen ist ...

Bearbeitung und Auszug einer Predigt von Pastorin Ulrike Heimann | Predig zu 1. Kor. 13,11 am 02.02.2014 in Kaiserswerth ...



gedicht & bild: nsa | gchq & e.t.

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an den rändern - links & rechts - habe ich etwas an farbe verloren farblos die marginalen - etwas farblos also ansonsten sind die ja meist das wichtigste: dieses kleingedruckte zum vertrag

speicherstadt - abhörsicher - mittfarbig versetzt: welche archivalen sind da drinnen wohl eingelagert ...- ist doch eh egal ... papperlapapp - von wegen korn - roggen - weizen nicht mal die nsa und erst recht nicht das gchq - wissen bescheid ... nen blindes huhn findet auch mal nen korn und das hab ich - hab ich aus erster hand kannste mir glauben nur - liebes angie - man kann da drinnen nicht mal mit nem händi telephonieren: da kommt nix raus - da wellt nix rein: farb - und frequenzarmer undurchlässiger beton eben auch nicht nach hause telephonieren wenn du verstehst was ich meine wie dieser knuffige e.t. - damals heimweh ist schlimmer als durst nicht wahr e.t. - nicht wahr angie die spinnen die amis ...

sinedi








Kirchentags-Losung 2015: "damit wir klug werden" | dazu die legendäre Stanford-Rede von Steve Jobs, 2005

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„damit wir klug werden“
Leitwort für den Kirchentag 2015 vorgestellt

04. Februar 2014


Andreas Barner, Ellen Ueberschär, Otfried July - Quelle






Der Deutsche Evangelische Kirchentag vom 3. bis 7. Juni 2015 in Stuttgart steht unter der Losung„damit wir klug werden“. Das hat am Wochenende das Kirchentagspräsidium in Fulda beschlossen. Ein Banner mit dem Wort aus dem 90. Psalm haben am Montag Kirchentagspräsident Andreas Barner, die Generalsekretärin des Deutschen Evangelischen Kirchentages Ellen Ueberschär sowie der Landesbischof der Evangelischen Landeskirche in Württemberg, Frank Otfried July im Stuttgarter Theaterhaus enthüllt. 

Das biblische Motto wird die Programmvorbereitungen für den vierten Deutschen Evangelischen Kirchentag nach 1952, 1969 und 1999 in der baden-württembergischen Landeshauptstadt leiten. Zu ihm werden im nächsten Jahr mehr als 100.000 Menschen erwartet. 
Für den aus der Wirtschaft kommenden Kirchentagspräsidenten Andreas Barner fordert die Losung Antworten auf die gesellschaftlichen Fragen der Zeit ein, insbesondere die nach der Langfristigkeit unseres Handelns angesichts der Endlichkeit des Lebens. „Unsere Tage sind gezählt, also ist es besonders wichtig, dass wir uns auf Langfristigkeit ausrichten, denn fast alles wird ja nach uns weiter vorankommen – auch ohne uns“, so Barner. Nachhaltiges Denken und „kluges“ Wirtschaften drängten sich als Themen gerade für einen Kirchentag in einer Stadt mit vielen Familienunternehmen und einigen Großunternehmen auf. 

Im Psalmwort stecke die Bitte, das Leben erklärt zu bekommen, meint Generalsekretärin Ellen Ueberschär. Der Glaube an Gott werde so zur Quelle der Klugheit und zum Anfang eines gemeinsamen Lernweges. „Ein Ja zu Gott ist ein Ja zum Leben, das endlich ist und darum klug gelebt werden will.“ Die Losung sei demnach keine arrogante Empfehlung der Gebildeten an alle anderen, sondern ermuntere auch zu protestantischer Selbstkritik. „Wir sind nicht klug. Wir können es aber gemeinsam werden.“

Für Landesbischof Frank Otfried July steht die Losung für Unterbrechungen: „Sie fordert uns auf, in unserem Leben, in den Routinen, im täglichen Hamsterrad und auf der Überholspur einen Gang – oder mehrere – zurückzuschalten. Uns und unser Leben zu befragen. Letztes und Vorletztes zu unterscheiden und deshalb auch vom Ende her, also im besten Sinne nachhaltig zu denken. Das ist ein großes Geschenk dieser Losung.“ 

Zusammen mit der Losung hat das Präsidium zum Kirchentag 2015 biblische Texte für Gottesdienste und Bibelarbeiten festgelegt. Die Textpassagen greifen den Gedanken des klugen Handelns aus der Losung in unterschiedlichen Kontexten auf. So wird der Schlussgottesdienst unter der Überschrift „Ein weises, hörendes Herz“ (1. Kön, 3, 5-15) stehen, und das Feierabendmahl am Freitag unter dem Motto „Haltet euch nicht selbst für klug“ (Röm 12, 9-16).


www.kirchentag.de

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Die Kirchentags-Losung 2015
im Spiegel verschiedener Bibel-Übersetzungen:

"damit wir ein weises Herz erlangen" (BigS)
"damit wir endlich zur Besinnung kommen" (Hfa)
"damit wir weise werden" (NL)
"damit wir zur Einsicht kommen" (GNB)
"damit wir ein Herz voll Weisheit erlangen" (NGÜ)
"damit wir ein weises Herz gewinnen" (Zürcher)
"auf dass wir klug werden" (Luther)
"damit wir ein weises Herz erlangen" (Elberfelder)
"damit ein weises Herz wir gewinnen" (Menge)
"dann gewinnen wir ein weises Herz" (Einheitsübersetzung)
"damit wir ein weises Herz erlangen" (Schlachter)
"dass ein Herz der Weisheit einkomme uns" (Buber/Rosenzweig)
"damit wir klug werden und es vernünftig gestalten" (Basis)

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Foto: SPIEGEL-ONLINE
Ein Text - der die Kirchentagslosung 2015"damit wir klug werden"so treffend widerspiegelt - ist für mich die inzwischen legendäre Rede des 2011 verstorbenen Apple-Gründers Steve Jobs, die er am 12.06.2005 - also fast auf den Tag genau 10 Jahre vor dem Kirchentag - vor Abschluss-Studenten in Stanford hielt:

Hier diese STANFORD-REDE von STEVE JOBS 2005 - in der deutschen Übersetzung von Steffen Kirchner:

Steve Jobs: STANFORD-REDE 2005 (deutsch)


Es ist mir eine Ehre, heute bei Ihnen auf der Abschlussfeier einer der besten Universitäten der Welt sprechen zu dürfen. Um ehrlich zu sein: Ich habe keinen College-Abschluss und ich war einem College-Abschluss wahrscheinlich noch nie so nahe wie heute auf dieser Feier. Ich möchte Ihnen drei Geschichten aus meinem Leben erzählen. Das ist alles. Nur drei Geschichten.

Die erste Geschichte handelt vom Herstellen eines Zusammenhangs. 


Ich verließ das Reed College schon nach den ersten sechs Monaten, blieb aber in der Gegend und besuchte die Schule weitere 18 Monate eher sporadisch, bevor ich sie endgültig verließ. Warum tat ich das?

Die Geschichte begann schon vor meiner Geburt. Meine biologische Mutter war eine junge, unverheiratete College-Absolventin. Deshalb beschloss sie, mich zur Adoption freizugeben. Sie war entschieden der Ansicht, ich sollte von Leuten adoptiert werden, die einen College-Abschluss besaßen, und so traf man alle Vorbereitungen, damit ich bei meiner Geburt von einem Rechtsanwalt und seiner Frau adoptiert wurde. Doch in letzter Minute fiel ihnen ein, dass sie doch lieber ein Mädchen wollten. So kam es, dass meine Eltern, die auf einer Warteliste standen, mitten in der Nacht einen Anruf erhielten. Man sagte ihnen: «Wir haben hier ganz unerwartet einen neugeborenen Jungen. Wollen Sie ihn haben?» Meine Eltern antworteten: «Natürlich.» Später erfuhr meine biologische Mutter, dass meine Adoptiv-Mutter keinen College- und mein Adoptiv-Vater nicht einmal einen Highschool-Abschluss hatte. Darum weigerte sie sich, die Adoptionsunterlagen zu unterzeichnen. Erst einige Monate später willigte sie ein, nachdem meine Eltern ihr versprochen hatten, dass ich eines Tages das College besuchen würde. Das war der Start in mein Leben.

Und siebzehn Jahre später ging ich tatsächlich aufs College. Doch in meiner Naivität wählte ich eines, das fast so teuer war wie Stanford, so dass meine Ausbildung die gesamten Ersparnisse meiner aus der Arbeiterschicht stammenden Eltern verschlang. Nach sechs Monaten erkannte ich, welchen Wert das hatte. Ich hatte keine Idee, was ich mit meinem Leben anfangen wollte, und keine Idee, wie das College mir helfen konnte, das herauszufinden. Und dafür gab ich das gesamte Geld aus, das meine Eltern in ihrem ganzen Leben angespart hatten. Darum beschloss ich, das College zu verlassen, und vertraute darauf, dass sich schon alles irgendwie finden werde. Im Rückblick war es eine der besten Entscheidungen, die ich jemals getroffen habe. Denn nach meinem Abgang wählte ich nur noch solche Kurse, die mir interessant erschienen.

Das war keineswegs romantisch. Ich hatte kein Zimmer im Wohnheim und schlief deshalb im Zimmer eines Freundes auf dem Boden. Ich sammelte Colaflaschen, um mir von den 5 Cent Pfand, Lebensmittel zu kaufen. Und jeden Sonntagabend ging ich zu Fuß 7 Meilen quer durch die Stadt, um im Hare-Krishna-Tempel wenigstens eine gute Mahlzeit in der Woche zu erhalten. Ich liebte es. Viele Dinge auf die ich stiess, weil ich meiner Neugier und meiner Intuition folgte, erwiesen sich später als unbezahlbar. Lassen Sie mich Ihnen ein Beispiel dafür geben:

Das Reed College bot damals die im ganzen Land wohl beste Einführung in die Kalligrafie an. Auf dem gesamten Campus waren alle Plakate und die Aufschriften auf jeder Schublade wunderschön von Hand kalligrafiert. Da ich abgegangen war und nicht die normalen Kurse belegen musste, beschloss ich, den Kalligrafiekurs zu besuchen und zu lernen, wie man das macht. Ich lernte, welche Schriftarten es gibt, wie die Abstände zwischen den verschiedenen Buchstabenkombinationen zu wählen sind und was gute Typografie ausmacht. Es war eine wunderschöne, historisch gewachsene und künstlerisch subtile Arbeit, die sich wissenschaftlich gar nicht fassen lässt und die mich faszinierte.

Es war nicht zu erwarten, dass diese Dinge irgendwann einmal in meinem Leben praktische Bedeutung erlangen könnten. Doch als wir zehn Jahre später den ersten Macintosh-Computer entwarfen, kam mir all das wieder in den Sinn. Und die ganze Erfahrung floss in den Mac ein. Der Macintosh war der erste Computer mit einer schönen Typografie. Hätte ich auf dem College nicht diesen Kurs besucht, wäre der Mac nie mit mehreren Schriftarten oder proportionalen Abständen zwischen den Buchstaben ausgestattet worden. Und da Windows den Mac einfach kopierte, hätte wahrscheinlich bis heute kein Personalcomputer solche Schriften. Hätte ich das College nicht verlassen, wäre ich nicht auf die wunderbare Typografie gestossen, die unsere Computer heute auszeichnet. Natürlich war es während der Zeit am College unmöglich, den Zusammenhang dieser Punkte im Blick auf die Zukunft miteinander herzustellen. Aber im Rückblick zehn Jahre später war das alles sehr klar.

Nochmal: Sie können diese Zusammenhänge nicht in der Vorausschau erkennen, sondern nur im Rückblick. Also müssen Sie darauf vertrauen, dass die Zusammenhänge sich irgendwann in Ihrer Zukunft ergeben. Sie müssen auf irgendetwas vertrauen – auf Ihren Bauch, das Schicksal, das Leben, das Karma oder sonst etwas. Denn der Glaube daran, dass sich die Zusammenhänge auf dem Weg ergeben werden, wird ihnen das Vertrauen geben ihrem Herzen zu folgen und Sie sogar von Ihren ausgetretenen Pfaden herunterführen. Und genau das wird den Unterschied machen. 

Meine zweite Geschichte handelt von Liebe und Verlust. 

Ich hatte Glück. Schon früh in meinem Leben hatte ich herausgefunden, was mir Spass machte. Als ich zwanzig war, gründeten Woz (= Steve Wozniak) und ich in der Garage meiner Eltern "APPLE". Wir arbeiteten hart, und innerhalb von zehn Jahren wurde aus unserer Garagenfirma ein Grossunternehmen mit zwei Milliarden Dollar Umsatz und über 4000 Angestellten. Wir hatten gerade unsere schönste Schöpfung, den Macintosh, vorgestellt, und ich war gerade dreissig geworden. Da wurde ich entlassen. Wie kann man von einer Firma entlassen werden, die man selbst gegründet hat? Nun, als Apple grösser wurde, stellte ich jemanden ein, von dem ich glaubte, er besitze die nötigen Fähigkeiten, um das Unternehmen gemeinsam mit mir zu führen. Im ersten Jahr lief alles gut. Doch mit der Zeit entwickelten wir unterschiedliche Visionen, und es kam zum Bruch. In dieser Situation stellte der Aufsichtsrat sich auf seine Seite. Und so war ich im Alter von 30 Jahren draußen und zwar sehr öffentlich draußen. Der Mittelpunkt meines gesamten Lebens als Erwachsener war verschwunden, und das war verheerend.

Ein paar Monate lang wusste ich wirklich nicht, wie es weitergehen sollte. Ich hatte das Gefühl, gegenüber der vorangegangenen Unternehmergeneration versagt zu haben – ich hätte den Stab fallen lassen, den sie an mich weitergegeben hatten. Ich traf mich mit David Packard und Bob Noyce und versuchte mich für mein schlimmes Vesagen zu entschuldigen. Es war ein sehr öffentliches Scheitern gewesen, und ich dachte sogar daran, aus dem Silicon Valley zu flüchten. Aber dann dämmerte mir etwas. Ich liebte meine Arbeit immer noch. Diese Wende des Schicksals bei Apple hatte absolut nichts daran geändert. Ich wurde abgelehnt, aber ich liebte es immer noch. Und so beschloss ich, von vorn anzufangen.

Damals sah ich es noch nicht, aber bald zeigte sich, dass mir gar nichts Besseres hätte passieren können als der Rauswurf bei Apple. An die Stelle der Schwere des Erfolgs trat die Leichtigkeit des Neuanfangs. Die Dinge schienen nicht mehr so festgefahren. Ich war frei für den Beginn einer der kreativsten Phasen meines Lebens.

Innerhalb der nächsten fünf Jahre baute ich eine Firma namens NeXT und eine weitere namens Pixar auf und verliebte mich in eine wunderbare Frau, die später meine Ehefrau wurde. Pixar schuf den ersten computeranimierten Spielfilm der Welt, «Toy Story», und ist heute das erfolgreichste Trickfilmstudio der Welt. In einer bemerkenswerten Wendung der Ereignisse kaufte Apple später dann NeXt, und ich kehrte zu Apple zurück. Die von NeXT entwickelte Technologie steht im Mittelpunkt der gegenwärtigen Renaissance von Apple. Und gemeinsam mit Laurene habe ich eine wunderbare Familie. Ich bin ziemlich sicher, dass nichts davon passiert wäre, wenn ich nicht von Apple gefeuert geworden wäre. Es war eine übel schmeckende Medizin, aber der Patient brauchte sie. 

Manchmal wirft das Leben Ihnen einen Ziegelstein an den Kopf. Verlieren Sie nicht die Zuversicht! Ich bin mir sicher, das Einzige, was mich damals aufrechterhielt, war die Liebe zu meiner Arbeit. Sie müssen herausfinden, was Sie lieben. Das gilt für die Arbeit ebenso wie für geliebte Menschen. Die Arbeit wird einen grossen Teil Ihres Lebens einnehmen, und Sie werden nur gute Arbeit leisten können, wenn Sie ihre Arbeit lieben. Also suchen Sie, bis Sie finden! Lassen Sie nie nach! Und wie bei allen Herzensangelegenheiten werden Sie erkennen, wenn Sie sie gefunden haben. Und so wie bei jeder wichtigen Beziehung wird es im Laufe der Jahre immer besser und besser werden. Also suchen Sie weiter und lassen Sie nicht nach!

Meine dritte Geschichte handelt vom Tod. 

Mit siebzehn Jahren las ich einen Spruch, der etwa folgendermaßen lautete: «Wenn du jeden Tag so lebst, als wäre es dein letzter, wirst du ganz sicher eines Tages recht haben.» So schaue ich nun seit dreiunddreißig Jahren jeden Morgen in den Spiegel und frage mich: «Wenn heute der letzte Tag meines Lebens wäre, würde ich dann tun, was ich mir für heute vorgenommen habe?» Und wenn die Antwort allzu oft hintereinander Nein lautet, weiß ich, dass ich etwas ändern muss.

An den möglicherweise nahen Tod zu denken, ist nach meiner Erfahrung das stärkste Hilfsmittel, wenn es darum geht, wichtige Lebensentscheidungen zu treffen. Weil nahezu alles, alle äußere Erwartung, aller Stolz, alle Angst vor Schwierigkeiten oder Scheitern, angesichts des Todes von einem abfallen, so dass nur das wirklich Wichtige bleibt. Wir sind immer nackt. Es gibt keinen Grund, nicht der Stimme des Herzens zu folgen.

Vor gut einem Jahr wurde bei mir Krebs festgestellt. Ich hatte eine Untersuchung um 7.30 Uhr in der Früh, die ganz klar einen Tumor an meiner Bauchspeicheldrüse zeigte. Ich wusste nicht mal, was die Bauchspeicheldrüse überhaupt ist. Die Ärzte sagten mir, es handle sich mit größter Wahrscheinlichkeit um einen unbehandelbaren Krebs. Ich solle mich darauf einstellen, nur noch drei bis sechs Monate zu leben. Mein Arzt riet mir nach Hause zu gehen um meine Angelegenheiten in Ordnung zu bringen, was in der Arztsprache soviel heißt wie, sich auf das Sterben vorzubereiten. Es bedeutet, zu versuchen deinen Kinder das Ganze zu erklären. Es bedeutet alles soweit unter Dach und Fach zubringen, so dass es deine Familie in der Zukunft so einfach wie möglich haben wird. Es bedeutet, Abschied zu nehmen. Ich lebte den ganzen Tag mit dieser Diagnose. Gegen Abend wurde eine Biopsie durchgeführt. Man hatte mich sediert, aber meine Frau, die dabei war, erzählte mir, die Ärzte hätten Tränen in den Augen gehabt, als sie unter dem Mikroskop erkannten, dass es sich um eine sehr seltene Form von Bauchspeicheldrüsenkrebs handelte, die operiert werden kann. Die Operation wurde durchgeführt, und Gott sei Dank bin ich jetzt wieder gesund. Das war meine naheste Berührung mit dem Tod und ich hoffe es bleibt die naheste Berührung für eine Reihe weiterer Jahrzehnte. 

Niemand will sterben. Sogar die Leute die in den Himmel kommen möchten, wollen nicht sterben um dorthin kommen zu können. Der Tod ist unser aller Schicksal. Und das ist gut so, denn der Tod ist wahrscheinlich eine der besten Erfindungen des Lebens. Er ist der Veränderungs-Beauftragte des Lebens. Er löscht altes aus und macht den Weg frei für neues. Jetzt in diesem Moment sind das Neue Sie! Aber eines nicht allzu fernen Tages, gehören Sie allmählich zu den Alten und werden weggeräumt. Entschuldigen Sie wenn ich mich so drastisch ausdrücke, aber es ist gänzlich die Wahrheit. Ihre Zeit ist begrenzt! Vergeuden Sie nicht Ihre Zeit damit, dass Sie das Leben eines anderen leben. Lassen Sie sich nicht von Dogmen einengen. Dogmen sind das Ergebnis des Denkens anderer Menschen. Lassen Sie nicht zu, dass der Lärm fremder Meinungen Ihre eigene innere Stimme übertönt. Und vor allem haben Sie Mut, Ihrem Herzen und Ihrer Intuition zu folgen, denn irgendwie wissen Herz und Intuition schon jetzt, was sie im Leben werden möchten. Alles andere ist zweitrangig. 

In meiner Jugend gab es eine wunderbare Publikation mit dem Titel «The Whole Earth Catalog», die zu den Bibeln meiner Generation gehörte. Herausgeber war Stewart Brand, der dem Unternehmen mit seiner poetischen Ader Leben einhauchte. Das war in den späten 60er Jahren, vor der Zeit von PC´s und Desktop-Publishing. Das Ganze wurde also erstellt mit Schreibmaschinen, Scheren und Polaroid Kameras. Es war gewissermaßen Google in Buchform, 35 Jahre vor der Entstehung von Google – ein idealistisches Unternehmen voller großer Ideen und nützlicher Hilfsmittel. Stewart und sein Team brachten mehrere Ausgaben des Whole Earth Catalog heraus, und als die Zeit gekommen war, erschien die letzte Ausgabe. Es war Mitte der 70er, und ich war in Ihrem Alter. Auf dem Rückumschlag der letzten Ausgabe befand sich die Fotografie einer Landstraße am frühen Morgen. Darunter standen die Worte: «Bleibt hungrig! Bleibt verrückt!» Das war deren Message zum Abschied als sie das Unternehmen beendeten. «Bleibt hungrig! Bleibt verrückt!» Genau das habe ich mir immer für mich selbst gewünscht. Und nun, wo Sie mit Ihrem College-Abschluss ganz von neu beginnen, wünsche ich Ihnen genau dasselbe. 

Bleiben Sie hungrig! Bleiben Sie verrückt!

Jan Hoet ist tot - Ein Nachruf von art-magazin.de

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Afscheid en bedankt ...

Er brannte für die Kunst: Jan Hoet (Foto: Jürgen Escher, courtesy MARTA Herford - Bearbeitung: S!NEDi


ZUM TODE VON JAN HOET



über Jan Hoet, 
den Leiter der documenta IX 
und Gründungsdirektor des MARTA Herford.


Der Boxer ist tot. Am 27. Februar ist Jan Hoet im Alter von 77 Jahren in Gent gestorben. In jungen Jahren war er als Amateurboxer aktiv gewesen, hatte Gegner besiegt oder sich selbst eine blutige Nase geholt. Er wusste wie man kämpft, als Boxer, als Mensch und als umtriebiger Museumsdirektor und Kurator. Schien die Situation ausweglos, legte er erst richtig los. Im Boxring, aber auch in der Kunst agierte er reaktionsschnell, bewies ein gutes Auge. Er spürte genau, wann es sich lohnte, zuzuschlagen. Wobei er nicht nur den Kopf, sondern intuitiv den ganzen Körper einsetzte.

Jeder, der ihm begegnete, bemerkte: Hier war einer am Werk, der für die Kunst brannte. Immer stand er unter Spannung, oft nervös wie ein Rennpferd vor dem Start – oder eben wie ein Boxer im Ring, in den er zur Eröffnung des S.M.A.K., des "Stedelijk Museum voor Actuele Kunst" in Gent, dessen Direktor er geworden war, 1999 noch einmal stieg, um gegen Dennis Bellone und für die Sache der Kunst zu kämpfen. Jan Hoet hat sich durchgeboxt, und sich gern als Boxer inszeniert. Voller Enthusiasmus, oft mit missionarischem Eifern, manchmal als naiver Gralssucher.

Geboren wurde Jan Hoet am 23. Juni 1936 im belgischen Löwen als viertes von sieben Kindern. Sein Vater leitete in der Nähe eine Psychiatrische Klinik – im Geiste der Anti-Psychiatrie, weshalb im Haus des Direktors oft Patienten wohnten. Zuweilen ängstigten sie den Jungen, vor allem aber faszinierten sie ihn. Später, 1989, hat er sich in seiner Ausstellung "Open Mind / Closed Circuits" des Themas "Kunst und Psychiatrie" angenommen, mit Fragen nach Kreativität und Schizophrenie, der Rolle von Drogen im kreativen Prozess, mit Blick auf Grenzfälle wie Vincent van Gogh und Edvard Munch.

Schon als Kind nahm er Malunterricht bei einem flämischen Künstler. Von 1957 an engagierte er sich im örtlichen Kunstverein. Nach der Schule und einem Diplom als Kunsterzieher arbeitete er zwei Jahre als Lehrer. Ein großer Künstler wollte er werden. Als er im Sommer 1964 feststellte, dass er dazu wohl nicht kreativ genug war, begann er ein Studium der Kunstgeschichte, das er mit einer Dissertation über "Victor Servranckx und die Ersten Abstrakten in Belgien" abschloss. 1969 gründeten er und ein Freund eine "wandernde" private Kunstakademie, deren anfangs kostenloser Unterricht an immer anderen Orten stattfand. Vier Jahre ging das so, dann stellte die Stadt Gent ein Haus zur Verfügung.

Als es die Genter Stadtverwaltung 1975 erlaubte, im hinteren Teil des "Museums voor Schone Kunsten" ein "Museum van Hedendaagse Kunst" einzurichten – dem ersten für zeitgenössische Kunst in Belgien –, erkannte Karel Geirlandt, die treibende Kraft des Unternehmens, in dem damals 31 Jahre alten Zeichenlehrer aus Oostakker den Mann, den es dazu brauchte. Die Bedingungen waren alles andere als komfortabel. Der Etat war lächerlich gering und die Mannschaft passte in ein kleines Boot. Doch Jan Hoet schwamm, wie es Jan Braet von der belgischen Zeitschrift "Knack" ausgedrückt hat, "ausgestattet mit genügend Abenteuer- und Provokationslust", von "Anfang an gegen den Strom und schlug wie Moses Wasser aus dem Felsen". Er zeigte Panamarenko, den man für einen Scharlatan hielt, Broodthaers und Beuys, Michael Buthe und Eugène Leroy, machte sich in der Kunstszene rasch einen Namen und zauberte durch gute Beziehungen über die Jahre eine beachtliche Sammlung ins Haus.

Wegweisend war Hoets Ausstellung "Chambres d’amis" im Jahr 1986. Bewusst ließ Hoet die Isolationskammer Museum hinter sich. Er zog aus, um der Vertreibung der Kunst aus dem Alltag entgegenzuwirken. Persönlich überredete er Genter Bürger, die Kunst bei sich einziehen zu lassen. 60 Künstler aus Europa und Amerika, jeweils nur einer pro Haus oder Wohnung, hängten Bilder auf, stellten Skulpturen auf, fertigten Wandgemälde an. Oder sie tapezierten, wie Joseph Kosuth es tat, sämtliche Wände mit Sätzen aus Freuds "Zur Psychopathologie des Alltagslebens", die mittels schwarzen Balken sogleich der Zensur anheimfielen. Die Kunst kommunizierte mit ihrem Ort, die Gastgeber mit ihren Gästen. Privates wurde öffentlich, Öffentliches privat. Für Monate herrschte in der Stadt ein verändertes Klima.

Was Jan Hoets documenta IX von 1992 angeht, so hat der ruhelose Abenteurer auch damals alles auf eine Karte gesetzt. Im Rückblick muss man, durchaus selbstkritisch, feststellen: Sie wird, trotz erkennbarer Schwächen, bis heute unterschätzt. Die Gründe dafür liegen auf der Hand, wurden aber erst sichtbar, als Catherine David die folgende documenta X zu einem gesellschaftlichen Ereignis mit politischem Anspruch stilisiert und die Kasseler Weltkunstschau geschickt mit deren eigener Tradition verknüpft hatte. Politische Kunst hat auch Jan Hoet gezeigt, nicht als Ausnahme, sondern in großer Zahl. Programmatisch herausposaunt hat er es nicht. So wie er es versäumte, die eigene documenta – in der er eine "Argumentation in Bildern" sah, die "gleichermaßen die Augen, das Gefühl, die Erfahrung des einzelnen" fordern sollte – in die Reihe ihrer Vorläufer einzuordnen. Mit dem Galeristenklüngel hatte er ohnehin nichts am Hut. Was er zeigte, blieb an seine Begeisterung, sein Gespür, seine Person gebunden. Eine "bewusste und persönliche Stellungnahme zu unserer Zeit" hatte er abgeben wollen. Da er dabei selbst im Zentrum stand, inszenierte er sich auch so, trat als Kopf und Körper seiner documenta auf.

Mit dem Ergebnis: Abgelenkt vom Rummel, den er machte, übersah man, wie eindringlich, wie überzeugend, wie politisch viele der von ihm ausgewählten Werke waren. Wer erinnerte sich nicht an die schreienden Köpfe von Bruce Naumans "Anthro-Socio", an David Hammons Busch aus krausen Haarbüschlen, an Tadashi Kawamatas Hüttendorf und Lothar Baumgartens mit Wörtern und Spielkartensymbolen bemalten Zwehrenturm? Oder an Rodney Grahams Hommage an die Gebrüder Grimm, an Katsura Funakoshis melancholisch blickende, aus Kampferholz geschnitzte Halbfiguren, Thomas Schüttes "Fremde" auf dem Kaufhaus Leffers und an Jonathan Borofskys "Man walking to the sky", der Kassel erhalten geblieben ist. Allein Guillaume Bijl rief mit seinem "Wax Museum" die documenta-Geschichte wach, formte Arnold Bode, Joseph Beuys und – nicht zu vergessen: Jan Hoet aus Wachs. Aber das war ironisch.

Hoets Neubestimmung des Individuellen erfolgte intuitiv, köperhaft, blieb am Ende aber zu bunt, zu laut, zu chaotisch, um vor der Kritik bestehen zu können. Dabei hatte er kein Geheimnis daraus gemacht, was er vorhatte. Auch wenn er es selbst noch nicht wusste. Lange vor Okwui Enwezor und dessen über den Globus verteilte Plattformen inszenierte er seinen Weg nach Kassel. "Marathon-Gespräche" nannte er, was 24 Stunden dauerte – samt nicht endender Diaschauen und untermalt vom Gesang eines Chors der Sowjetarmee.


MARTa Herford mit Baukran | photo: S!NEDi
Als die documenta zu Ende war, kehrte Hoet nach Gent in sein Museum zurück. 1999 erhielt das "Museum van Hedensdaagse Kunst" ein eigenes Haus und wurde zum S.M.A.K. Dass es den Zusatz "für aktuelle Kunst" im Namen trägt, entspricht der nie erlahmenden Neugier seines ehemaligen Direktors. Von 2003 bis 2009 agierte er abermals als Gründungsdirektor, nun im MARTa Herford, an der Grenze von Kunst und Design und in einem Neubau des Stararchitekten Frank O. Gehry. Das aber gehörte fast schon zum Nachspiel. Wenngleich Hoet auch dort keine Konfrontation scheute, bereits die erste Ausstellung skandalös verlief, weil die Kreisbehörde die ausgestellten Werke des norwegischen Künstlers Bjarne Melgaard für jugendgefährdend hielt. Auf seinem Weg zur documenta hat Jan Hoet zur Frage, was Kunst sei, notiert: "Die Kunst selber wird uns erzählen, wer sie ist. Nicht ich. Ich kann nur einen Fahrschein für die Entdeckungsreise anbieten."

http://www.art-magazin.de/szene/69779/jan_hoet_nachruf

Oscar 2014: Eine kleine Lese ....

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 und hier wieder ein paar oscar-preisträger zum kennenlernen ...:















Emil Nolde: ...zwischen die Stühle geraten ...

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Nolde im Blick: Eine Mitarbeiterin betrachtet in der Nolde Stiftung in Seebüll (Schleswig-Holstein) das Werk "Symeon und die Weiber" aus dem Jahr 1915. Die am 1. März eröffnete Jahresausstellung im ehemaligen Wohn- und Atelierhaus von Emil Nolde steht unter dem Motto "Emil Nolde: Die absolute Ursprünglichkeit". Foto: dpa | NW





Ausstellungen mit Werken des expressionistischen Künstlers in Frankfurt und Seebüll

Debatte über Nolde und die Nazis:
Zwischen die Stühle geraten ...


Von Sandra Trauner | Neue Westfälische


Emil Nolde gehört zu den beliebtesten Malern des Expressionismus. Zwei große Ausstellungen - eine in Frankfurter und eine in seinem nordfriesischen Wohnort Seebüll - zeigen ab März seine farbenprächtigen Werke. Für Gesprächsstoff sorgt derzeit aber ein kontroverser Aspekt seiner Biografie: Nolde (1867-1956) galt bei den Nationalsozialisten als "entarteter Künstler" und hatte Berufsverbot - und war doch glühender Hitler-Anhänger.


Nolde: "Selbstbild", 1917
Fachleuten ist das seit Jahren bekannt, spätestens seit 2013 Kirsten Jünglings Biografie "Die Farben sind meine Noten" (Propyläen Verlag) erschien. Spannend bleibt die Frage, wieso sein ausgeprägter Antisemitismus seiner Beliebtheit keinen Abbruch tat - und wer sich an dessen Verschleierung beteiligte. Stefan Koldehoff sprach in der Zeit gar von einem "Beschweige- und Beschönigungskartell".

Aya Soika und Bernhard Fulda führen im Katalog zur Frankfurter Ausstellung, die am Mittwoch beginnt, zahlreiche Dokumente an, die Noldes rechte Gesinnung belegen. Über Hitler schrieb er an Freunde, "der Führer ist groß u. edel in seinen Bestrebungen u. ein genialer Tatmensch". In seinen Memoiren beschreibt er sich als Vorkämpfer "gegen die alljüdische Bevormundung". Selbst davor, einen nichtjüdischen Konkurrenten als Juden zu diffamieren, schreckte er nicht zurück.


Repro aus: art | März 2014, S. 30


































Mit einem Brief an Propagandaminister Joseph Goebbels - den das aktuelle Magazin art als Faksimile nachdruckt - bittet er 1938 um die Rückgabe seiner beschlagnahmten Bilder und argumentiert, er habe "als fast einzigster deutscher Künstler in offenem Kampf gegen die Überfremdung der deutschen Kunst (...) gekämpft", seine Kunst sei "deutsch, stark, herb und innig". Den Brief unterzeichnet er mit "Heil Hitler".

Soika und Fulda gehen davon aus, "dass Noldes braun gefärbten Äußerungen sowohl als strategische Anbiederung wie auch - später - als verzweifelte Rettungsversuche gedeutet werden können. Es ist nicht immer einfach, zwischen politischer Überzeugung und zweckgerichtetem Opportunismus zu unterscheiden."

Der 1867 als Hans Emil Hansen im Dorf Nolde geborene Maler war in der Weimarer Republik ziemlich erfolgreich. Er hatte viele Ausstellungen, seine Bilder wurden von Museen angekauft, er bekam lobende Kritiken. "Die anfängliche Begeisterung für den Nationalsozialismus beruhte auf Noldes Hoffnung, die Nazis würden seine Kunst anerkennen", sagt der Direktor der "Stiftung Seebüll Ada und Emil Nolde", Christian Ring.


Schreiben zum Malverbot von 1941 - Quelle: WIKIPEDIA
Es half nichts: Die Nazis lehnten Noldes Kunst ab. 1937 wurden mehr als 1.000 seiner Werke beschlagnahmt, knapp 50 Arbeiten wurden in der Münchner Ausstellung "Entartete Kunst" gezeigt. 1941 wurde er wegen "mangelnder Zuverlässigkeit" aus der Reichskammer der bildenden Künste ausgeschlossen und mit Berufsverbot belegt. Er durfte zwar malen, aber weder ausstellen noch verkaufen und keine Materialien kaufen. Zwischen 1938 und 1945 entstanden die "Ungemalten Bilder", 1.300 kleinformatige Aquarelle, die er rund 50 bis zu seinem Tod 1956 in Öl übertrug.

In der Ausstellung im Städel ist das Thema nur eins von vielen. Es sei "keine Ausstellung über Nolde und die Nazis", die Kunstwerke stünden im Mittelpunkt, sagt Kurator Felix Krämer. "Wir plädieren für einen genauen und differenzierten Blick". Und der zeige, "dass das Schwarz-Weiß-Schema im Fall Emil Nolde nicht funktioniert".


Nicht einmal die Nazis waren sich einig, was sie von Nolde halten sollten. Hitlers Architekt Albert Speer berichtet in seinen Memoiren, er habe in Goebbels? Dienstwohnung Aquarelle Noldes aufgehängt: "Goebbels und seine Frau akzeptierten sie mit Begeisterung - bis Hitler zur Besichtigung kam, sie auf das schärfste mißbilligte und der Minister mich sofort zu sich rief: "Die Bilder müssen augenblicklich weg, sie sind einfach unmöglich!"

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Ausstellungen und Biografie

  • In Seebüll sind seit 1. März zwei neue Ausstellungen zu sehen. Unter dem Titel "Emil Nolde - die absolute Ursprünglichkeit" werden mehr als 160 Werke gezeigt. Parallel gibt es im Sonderkabinett die Schau "Noldes Reise in die Südsee 1913/14".
  • In Frankfurt öffnet am 6. März die Ausstellung "Emil Nolde. Retrospektive". Zu sehen sind 140 Arbeiten. Es ist laut Städel die erste umfassende Retrospektive seit 25 Jahren. Katalog "Emil Nolde. Retrospektive", Prestel-Verlag, 300 Seiten, 39,90 Euro. 
  • Kirsten Jüngling, "Emil Nolde: Die Farben sind meine Noten" (Biografie), Propyläen Verlag, 352 Seiten, 22,99 Euro. 

© 2014 Neue Westfälische, Montag 03. März 2014

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Mit Emil Nolde gehe ich als ausgesprochener NS-Gegner bereits seit gut 40 Jahren durchs Leben: Damals habe ich den TV-Film "Deutschstunde" mit Wolfgang Büttner in einer der Hauptrollen gesehen, der als Maler Max Ludwig Nansen dem eigentlichen Emil Nolde nachempfunden wurde ... Und diese mürrisch angelegte Rolle eines eigenbrötlerischen Malgenies, in der "Nansen/Nolde" am "braunen" fahrradfahrenden Dorfgendarme vorbei das ihm gegenüber ausgesprochene Malverbot laufend unterlief - auch mit seinen "Ungemalten Bildern" - heimlich auf Zeichen-, Pergamentpapier- und Leinwand-Reste - hat einen tiefen Eindruck bei mir hinterlassen - ich habe den Lenz-Roman sicherlich schon 5 x gelesen und in Prüfungen bearbeitet - und den TV-Film sicherlich schon 3 x gesehen... - seit diesen Jahren besuche ich das Nolde-Museum in Seebüll bei jedem Nordfriesland-Aufenthalt regelmäßig - fast jährlich  - und in ein paar Wochen erneut... 
Heutzutage muss ich zugeben, dass dieses so gestaltete Nolde-Porträt vom Autor Siegfried Lenz sicherlich etwas blauäugig übermalt war ... - und insgesamt bin ich als echter Nolde-Freak auch durch die jüngsten geschichtlichen Enthüllungen etwas verunsichert - obwohl man ja Einiges schon längst ahnte und Weniges wusste und angedeutet war ... - Aber dass man seine Biografie von antisemitischen "NS-schlüpfrigen Stellen" gesäubert hatte, war mir bis dato unbekannt (nachzulesen in der aktuellen "art"-Ausgabe, März 2014...). Solche "Säuberungen" gehen dann oft nach hinten los - und erinnern mich anders herum an die Korrektur von "Pippi Langstrumpf", wo der Papa kein "Negerkönig" mehr sein darf - sondern ein "Südseekönig" wurde ... 
Aber ob man Nolde nun ebenfalls mit einem posthumen Bildersturm nach 70 Jahren belegen muss, weil er als Nazi-Sympathisant mit seinen von ihm "urgermanisch"-expressionistisch gemeinten Ausdrucksformen beim "Führer" aneckte und damit sowas von zwischen die Stühle geriet - sodass er tatsächlich ab 1941 mit totalem Malverbot belegt wurde (trotz seines Loyalitäts-Briefes von 1938...!!!) - und seine Kunst im 3. Reich ausnahmslos als "entartet" galt - also ihm nun nach Bekanntwerden seiner NS-Verstricktheiten quasi erneut mit "Malverbot" und dem Stempel der "Entartung" zu belegen, kann ja wohl nicht ganz richtig sein: Aber wir werden ihn künftighin schon etwas kritischer bewundern müssen - und seine Götzen- und Götterbilder etwas anders einordnen als bisher ... - und seine arisierten "Jesus"-Ikonographien mit blonden oder roten Haaren ... Seiner Kunst als solcher - in der er als Expressionist sich und sein inneres ureigenes Wahrnehmen und Erleben ("deutsch - stark - herb und innig" - wie er es 1938 nennt ...) nach außen presst - sich ganz unvermittelt "ausdrückt" - und uns noch heute daran teilhaben lässt - tut das keinen Abbruch - seine von uns unterstellten Intentionen verschieben sich vielleicht hier und da ... 
Bei seinen Bildern, die er auf seinen ausgiebigen Reisen anfertigte, hat er die Porträts farbiger  - "nichtarischer" Menschen - jedenfalls keineswegs herabgewürdigt oder karikiert ...

Krim-Krise: Jakob Augstein - und der Gaspreis ...

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Ich möchte mal wieder aus der neuesten Jakob Augstein SPIEGEL-ONLINE-Kolumne "Im Zweifel links" zitieren - die Reihenfolge der einzelnen Abschnitte habe ich nach meinen Lese- und Meinungsprioritäten sinngemäß umgestellt:



Die "FAZ" jubelte noch vor einer Woche: "Außenminister Steinmeier hat schon kurz nach seiner Rückkehr ins Auswärtige Amt seine Autorität unter Beweis gestellt." Das Lob galt dem Abkommen zwischen ukrainischer Regierung und Opposition, an dem Steinmeier mitgewirkt hatte - es war verfrüht. Ganz am Anfang einer neuen deutschen Außenpolitik werden ihr gleich die Grenzen aufgezeigt. Aber Diplomatie ist Wahrnehmungsvermögen, so hat es der Altmeister Kissinger gesagt. Man muss die Welt auch mit den Augen der anderen sehen. Die anderen, das wären hier die Russen gewesen.

Wie sah es wohl für russische Augen aus, als der amerikanische Senator John McCain im Dezember von der Tribüne des Unabhängigkeitsplatzes in Kiew hinabrief: "Ukrainisches Volk! Das ist euer Moment! Die Freie Welt ist mit euch! Amerika ist mit euch!" Und wie sah es für russische Augen aus, als der Boxer Klitschko und die Gas-Oligarchin Timoschenko sofort nach dem Staatsstreich eine Einladung zum bevorstehenden Treffen der Europäischen Volkspartei nach Dublin erhielten?


S!NEDi's Wladimir Putin
Was hat der Westen erwartet? Wladimir Putin ist zwar ein Schurke, aber auf die Krim kann Russlands Präsident nicht verzichten. Kanzlerin Merkel und Außenminister Steinmeier hätten das wissen müssen. Wenn so die neue deutsche Rolle in der Welt aussieht - lieber nicht...

Deutschland ist "zu groß, um die Weltpolitik nur zu kommentieren." Frank-Walter Steinmeier hat das neulich gesagt. Jetzt sehen wir, was der Außenminister meint. In Kiew hat Deutschland nicht nur kommentiert, sondern sich tätig eingemischt. Das Ergebnis ist ein diplomatisches Desaster.

Wir mögen unseren Außenminister, wenn er versichert, es finde um die Ukraine "kein geopolitisches Schachspiel" statt, die Ukrainer sollten selbst ihre Zukunft bestimmen dürfen. Aber Wladimir Putin denkt weder in den Kategorien der demokratischen Selbstbestimmung noch denen der digitalen Globalisierung. Für ihn ist die Ukraine ein Glacis: ein Schutzwall, der die eigene Festung umgibt. Darum hebt hier auch kein "Kalter Krieg" an. Diese Wurzeln gehen tiefer. Das ist "The Great Game", von dem Rudyard Kipling erzählt hat, das Große Spiel über die Vorherrschaft in Zentralasien, das im 19. Jahrhundert Großbritannien und Russland spielten.
[Und schon rudert unser tapfere Frank-Walter - unser lippischer Super-Diplomat - wieder kräftig zurück: "Europa befindet sich ganz ohne Zweifel in der schärfsten Krise seit dem Mauerfall. 25 Jahre nach dem Ende der Blockkonfrontation ist die Gefahr einer erneuten Spaltung Europas real. Täglich spitzt sich die Lage in der Ukraine weiter zu."]
S!NEDi's Frank-Walter Steinmeier
Waren Steinmeier und Kanzlerin Merkel unbedarft, oder wollten sie besonders raffiniert sein? Wollten sie den Ukrainern helfen - oder den Schurken Putin in seine Schranken weisen? Beide Rechnungen werden nicht aufgehen. Spaltung oder Krieg - die Ukrainer werden einen hohen Preis dafür zahlen, dass sie den Verlockungen des Westens erlegen sind. Auch Deutschland trägt dafür Verantwortung.

Was hat man im Kanzleramt und im Auswärtigen Amt von Russland erwartet, als man das Angebot eines EU-Assoziierungsabkommens mit Kiew betrieb? Als man die ukrainische Opposition ermunterte, gegen den - immerhin gewählten - Despoten Janukowitsch aufzustehen? Als man die Putschregierung - so muss man die neuen Herren von Kiew wohl nennen - ohne Zögern anerkannte?

Putin will kein Partner des Westens sein

Putin will kein Partner des Westens sein. Er baut an seinem eurasischen Großreich. Das gegenseitige Misstrauen ist grenzenlos. Mit guten Gründen auf beiden Seiten. Aber hier bricht ein realer Interessenkonflikt auf. Ukraine, das bedeutet Grenze. Sie verläuft hier zwischen Ost und West und sie zerteilt das Land in einen Spalt, der nie geschlossen wurde.

Der amerikanische Geostratege Zbigniew Brzezinski hat im Jahr 1998 geschrieben, die Ukraine mache den Unterschied, ob Russland "im Wesentlichen ein asiatischer imperialer Staat" ist, der sich mit Konflikten in Zentralasien herumschlagen muss - oder ein "mächtiger imperialer Staat, der Europa und Asien umfasst".

Das internationale Recht spielt da eine untergeordnete Rolle - wie es auch bei den amerikanischen Drohnenangriffen an der Grenze zu Pakistan - und darüber hinaus -  der Fall ist, oder bei der israelischen Besetzung des Westjordanlands, oder bei Chinas willkürlichen Grenzziehungen im Südchinesischen Meer. Wenn es um die Verteidigung der eigenen Interessen geht, zeigt sich nicht nur Russland wenig zimperlich.

Aber selbst wenn Putin der "lupenreine Demokrat" wäre, der er nie war - zumindest auf die Krim könnte er gar nicht verzichten. Und gerade die Deutschen sollten das wissen. Es war immerhin eine deutsche Prinzessin, der man später als Zarin Katharina II. den Beinamen "die Große" gab und deren Geliebter Fürst Potjomkin 1783 die Krim in Besitz nahm, "von nun an und für alle Zeiten". Und es war der deutsch-baltische General Eduard Iwanowitsch von Totleben, dem Alexander II. zu verdanken hatte, dass die Feste Sewastopol im Krim-Krieg wenigstens ein Jahr lang dem englisch geführten Angriff widerstand.

Vielleicht hat der Westen es die ganze Zeit auf die Teilung des Landes in eine westliche und eine östliche Hälfte angelegt. Lieber eine halbe Ukraine auf unserer Seite als die ganze auf russischer? Dann wäre die deutsche Außenpolitik deutlich ausgekochter als Steinmeier aussieht. Immerhin, die Welt käme glimpflich davon, wenn diese Krise mit einer Abspaltung der Krim enden würde.

soweit Jakob Augstein ...
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Und schon setzt die Angstmache ein -  und das Hufgescharre geht los - wann wohl auch der Sprit-Preis "re-agiert" ... ????:

"Aktien, Rubel und Öl stürzen ab, die Investoren flüchten in Gold und Staatsanleihen: Der Umbruch in der Ukraine löst Schockwellen auf den Finanzmärkten aus", meldet die sueddeutsche.de

"Die Krim-Krise hat weltweit Schockwellen an den Finanzmärkten ausgelöst: Die Aktienmärkte in Russland und der Ukraine brachen um mehr als zehn Prozent ein, auch der Deutsche Aktienindex (Dax) verlor drei Prozent. Der russische Rubel fiel auf einen historischen Tiefstand. In ihrer Unsicherheit flüchteten die Investoren in sicherere Anlagen wie Gold und deutsche Staatsanleihen. "Wie so häufig in Krisenzeiten setzt nicht die eigentliche Krise den Aktien zu, sondern die Verunsicherung", sagte Aktienhändler Markus Huber vom Brokerhaus Peregrine & Black. Es handle sich um eine nie dagewesene Krise, sagte Analyst Patrick Jacq von der französischen Bank BNP Paribas. Deshalb könnten die Turbulenzen an den Aktienmärkten andauern. Trotzdem erwarten die Experten nicht, dass der Konflikt die Konjunktur weltweit zum Absturz bringt."

"Krim-Krise könnte Gaspreis hochtreiben", meldet die NEUE WESTFÄLISCHE in ihrem Lokalteil Bielefeld ...
"Während die Maschen der Gasnetze nur begrenzt ineinander greifen, ist der Markt eng verwoben. "Käme es zu einer Verknappung, könnten die Preise bundesweit anziehen", sagt Gasmarkt-Experte Holger Mengedodt.

Etwa 70 Prozent der russischen Erdgaslieferungen nach Westeuropa werden durch die Ukraine transportiert. Vor allem Süddeutschland hängt an diesen Leitungen. Das russische Gas, das nach Bielefeld strömt, kommt durch Pipelines, die durch Polen oder die Ostsee führen. "Andere Länder haben zudem die Möglichkeit, ihre Förderung zu erhöhen", meint Mengedodt.

Schon 2012 war es zwischen Russland und der Ukraine zum Streit um Leitungsrechte und Gasrechnungen gekommen. "Seitdem sind in Deutschland drei weitere Gasspeicher in Betrieb genommen worden", so Mengedodt. Insgesamt gebe es 51 Speicher. Und die seien derzeit zu 60 Prozent gefüllt. Deutschland habe die größte Speicherkapazität in der EU - insgesamt 23 Milliarden Kubikmeter. Das reiche, um das Land drei Monate lang zu versorgen. "Auch wenn Gaslieferungen aus Russland als Folge der Krim-Krise komplett ausfallen würden, reichen die derzeitigen Vorräte dafür aus, dass das fast ein halbes Jahr lang ohne Folgen für die Versorgung bleibt", rechnet Mengedodt.

Aber: Der Gasvorrat sei in Folge des warmen Winters auf einem "historischen Höchststand". Im Februar 2013 seien lediglich 41 Prozent der unterirdischen Speicher - etwa alte Bergwerke oder ausgebeutete Gasfelder - gefüllt gewesen."

Quellen: aus: Jakob Augstein | SPIEGEL-ONLINE-Kolumne "Im Zweifel links" | sueddeutsche.de © 2014 Neue Westfälische | Sebastian Kaiser, Dienstag 04. März 2014


Expressionismus | Hermann Stenner - und die Sammlung Bunte | "Das Glück in der Kunst"

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Der Sammler und zwei seiner Bilder: Hermann-Josef Bunte zwischen Hermann Stenners "Heilige von Engeln verehrt" (1913) und "Dame mit Lilje" (r.) aus dem Jahr 1914. Foto: Wolfgang Rudolf | NW


"Stenners Werk fasziniert mich bis heute"

Interview: Der Bielefelder Hermann-Josef Bunte über seine Kunstsammlung und die Bielefelder Kunsthallen-Ausstellung "Das Glück in der Kunst"


Hermann-Josef Bunte ist Rechtsanwalt und Kunstsammler. 950 Bilder umfasst seine Sammlung, die der 72-Jährige seit 1974 zusammengetragen hat. Unter dem Titel "Das Glück in der Kunst" zeigt die Kunsthalle Bielefeld ab dem 21. März 300 Werke von 48 Künstlern aus der Sammlung Bunte. Schwerpunkt der Ausstellung ist das Werk des Bielefelder Malers Hermann Stenner, der am 5. Dezember 1914 an der Ostfront im Alter von 23 Jahren den Tod fand. Stefan Brams hat mit Hermann-Josef Bunte über die Ausstellung und seine Sammlung gesprochen.

Herr Bunte, was hat Sie zum Kunstsammler werden lassen?

Hermann-Josef Bunte: Ich habe mich bereits früh für die Kunst interessiert. Der Auslöser für meine Sammelleidenschaft aber war die Ausstellung "Der Hölzel-Kreis bis 1914", die ich im Jahr 1974 in der Kunsthalle Bielefeld gesehen habe. In der Schau habe ich zum ersten Mal Hermann Stenner als Schüler Adolf Hölzels wahrgenommen und seine Bilder für mich entdeckt. Sie haben mich so sehr fasziniert, dass ich sie einfach sammeln musste - bis heute.

Was hat Sie an Stenners Werken so gereizt?

Bunte: Ich war beeindruckt von seinem großen Talent, seiner rasanten künstlerischen Entwicklung zwischen 1909 und 1914, aber auch der Sicherheit, mit der dieser junge Maler die Farben gesetzt, den Pinsel geführt und immer mehr zu einer eigenen Formsprache gefunden hat. Und wie jeden hat mich auch die Frage fasziniert, wie wäre es mit diesem großen Bielefelder Künstler weitergegangen, wenn er nicht bereits im Alter von 23 Jahren nur wenige Monate nach Beginn des Ersten Weltkriegs als Soldat sein Leben verloren hätte.


Vielschichtiges Werk: Hermann Stenner, der mit nur 23 Jahren am 5. Dezember 1914 als Soldat an der Ostfront starb,
malte 1914 das "Auferstehung" betitelte Bild. Das Werk gehört zur Sammlung Bunte,
die insgesamt 950 Bilder umfasst. Darunter sind rund 400 Werke des Bielefelder Malers. Foto: Sammlung Bunte | NW

Erinnern Sie sich noch an das erste Stenner-Bild, das Sie erworben haben?

Bunte: Ich glaube, es war das "Selbstbildnis im roten Kostüm" von 1913, das ich der Familie Stenner abkaufen konnte. Später hatte ich das große Glück, zugleich größere Werkgruppen erwerben zu können, so dass meine Sammlung zügig wuchs.

Stenners Bilder machen den größten Teil Ihrer Sammlung aus. Wie viele Werke von ihm besitzen Sie?

Bunte: Meine Sammlung umfasst rund 950 Werke - davon sind etwa 400 Arbeiten von Stenner. Damit besitze ich die größte private Stenner-Sammlung überhaupt. Sie bildet das Zentrum meiner Sammlung, die ich aber auch auf Künstler ausgedehnt habe, die zu ihm in Beziehung standen. Werke von 15 westfälischen Künstlern wie zum Beispiel von Peter August Böckstiegel gehören dazu. Darüber hinaus habe ich Werke von Adolf Hölzel, seinem letzten Lehrer, aber auch von 20 seiner Maler-Kollegen aus dem Hölzel-Kreis gesammelt.

Teile Ihrer Sammlung werden nun ab 21. März in der Kunsthalle gezeigt. Wie ist es zu der Zusammenarbeit gekommen?

Bunte: Ich habe - auch als ich in Hamburg gelebt habe - immer Kontakt zur Kunsthalle Bielefeld gehabt. Schon allein durch Leihgaben aus meiner Sammlung, z.B. für die große Stenner-Ausstellung im Jahr 2003 und die Ausstellung zum Westfälischen Expressionismus im Jahr 2007. Als ich nun im September 2012 nach Bielefeld zurückgekehrt bin, kam die Kunsthalle mit der Idee auf mich zu, doch zum 800-jährigen Stadtjubiläum Werke aus meiner Sammlung auszustellen. Aber auch Stenners 100. Todestag und der 100. Jahrestag des Ersten Weltkriegs boten Anlass genug für eine solche Ausstellung. Über das Ansinnen habe ich mich sehr gefreut.

Sie werden ca. 280 Werke von 48 Künstlern aus Ihrer Sammlung in der Kunsthalle zeigen. Nach welchen Kriterien haben Sie sie ausgewählt?

Bunte: Wir wollen schon die besten, die qualitativ hochwertigsten Arbeiten aus meiner Sammlung zeigen. Im Zentrum steht dabei Hermann Stenners Werk. Aber wir zeigen ihn immer wieder in verschiedenen Bezügen und haben die Ausstellung in vier thematische Gruppen geordnet - den Westfälischen Expressionismus, Künstler aus München und Dachau, wo Stenner seine ersten akademischen Lehrer fand, dann Hölzel und seinen Kreis in Stuttgart, dem Stenner ja auch angehörte, und Werke von im Ersten Weltkrieg gefallenen Malern wie Marc, Macke, Morgner und Stenner.

Die Ausstellung trägt den Titel "Das Glück in der Kunst". Warum?

Bunte: Wir hatten nach einem Zitat aus einem Schriftbild Adolf Hölzels gesucht und sind dabei auf das Zitat gestoßen, in dem er beschreibt, wie man das Glück in der Kunst finden kann. Das fanden wir sehr passend, denn dieses Zitat kann man aus verschiedenen Perspektiven betrachten - aus der des Künstlers, des Betrachters und des Sammlers, die alle ihr Glück in der Kunst finden können. Wegen dieser vielfältigen Perspektive fanden wir den Titel sehr passend für unsere Ausstellung.

Was ist für Sie, den Sammler Bunte, das Glück in der Kunst?

Bunte: Das Aufspüren, das Erwerben, das Bewahren und das Zusammenführen von Kunstwerken, die zusammengehören, das ist für mich Glück in der Kunst.

Würden Sie sich ein Museum für Ihre große Sammlung wünschen?

Bunte: Das wäre natürlich ideal. Man möchte ja nicht, dass das, was man über viele Jahre zusammengefügt hat, irgendwann wieder auseinanderfliegt. Und es ist natürlich ein Glück, wenn man das, was man gesammelt hat, der Öffentlichkeit auch an einem festen Ort zeigen kann.

Sie haben lange in Bielefeld gelebt und gearbeitet, waren dann in Hamburg und sind jetzt seit September 2012 wieder hier. Ist es etwas Besonderes für Sie, hier in Bielefeld ausstellen zu können?

Bunte: Die Kunsthalle Bielefeld hat ja international und national einen hervorragenden Ruf, da ist es schon eine große Ehre, dass meine Sammlung hier gezeigt wird. Aber es ist auch schön, dort seine Werke zeigen zu können, wo man 18 Jahre gelebt hat und sehr verwurzelt ist.

Haben Sie ein Lieblingsbild in Ihrer Sammlung?

Bunte: Mein liebstes Bild ist immer das, was ich als nächstes erwerben möchte. Aber davon abgesehen ist mir sicherlich Stenners "Dame mit Lilie", das er nur wenige Monate vor seinem Tod am 5. Dezember 1914 gemalt hat und das ich bestimmt 20 Jahre in meinem Fokus hatte, bevor ich es vor einiger Zeit erwerben konnte, im Moment besonders lieb. Das war schon ein großes Glücksgefühl, als ich es endlich mein Eigen nennen konnte. Sehr angetan bin ich auch vom kürzlich erworbenen Bild Stenners "Skizze eines Selbstbildnisses".

Nach welchem Bild jagen Sie gerade?

Bunte: Das möchte ich nicht sagen.

Haben Sie eigentlich Angst, Fälschungen aufzusitzen?

Bunte: Nach dem Fall Beltracchi bin ich schon vorsichtiger geworden, aber bisher bin ich mit dem Thema "Fälschungen" nicht konfrontiert worden. Weder Adolf Hölzel noch Hermann Stenner sind meines Wissens bisher gefälscht worden. Auch mit dem Thema Raubkunst bin ich bisher persönlich noch nicht in Berührung gekommen.

Sie sind Anwalt und Kunstsammler. Wie verhält sich die Juristerei zum Kunstsammeln?

Bunte: Es gibt einige Juristen, die große Sammler waren. Für mich ist das Kunstsammeln ein schöner Ausgleich zur oft nüchternen Juristerei. Mir geht es darum, Künstler, die aus dem Blick geraten sind, wieder hervorzuholen und Verschollenes mit meiner Sammlung in Zusammenhang zu bringen und zu bewahren.

WIKIPEDIA zu Hermann Stenner


© 2014 Neue Westfälische, Dienstag 04. März 2014

Surrealismus: Edgar Jené - vor 110 Jahren geboren ...

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„Wie sollte nun das Neue also auch Reine entstehen? Aus den entferntesten Bezirken des Geistes mögen Worte und Gestalten kommen, Bilder und Gebärden, traumhaft verschleiert und traumhaft entschleiert, und wenn sie einander begegnen in ihrem rasenden Lauf und der Funken des Wunderbaren geboren wird, da Fremdes Fremdesten vermählt wird, blicke ich der neuen Helligkeit ins Auge. Sie sieht mich seltsam an, denn obwohl ich sie heraufbeschworen habe, lebt sie doch jenseits der Vorstellungen meines wachen Denkens, ihr Licht ist nicht das Licht des Tages, und sie ist von Gestalten bewohnt, die ich nicht wiedererkenne sondern erkenne in einer erstmaligen Schau.“
Paul Celan
Edgar Jené (1904-1984)








Vor 110 Jahren geboren:
Edgar Jené (* 4. März 1904 in Saarbrücken; † 15. Juni 1984 in La Chapelle St. André, Frankreich) war ein deutsch-französischer Maler, Grafiker und bedeutender Surrealist.

1922 – 1924 studierte Edgar Jené an der Akademie der Bildenden Künste München. 1924/25 nahm er ein Studium an der École nationale des beaux-arts, der Académie Julian und der Académie de la Grande Chaumière in Paris auf. Dort lebte er bis zu seiner Rückkehr nach Saarbrücken im Jahr 1928, wo er bis zum Jahr 1935 als freischaffender Künstler arbeitete.


Edgar Jené: Das Vergessen  | Museum Schloss Fellenberg | Repro


1929 heiratete er Charlotte („Coco“) Pfaller, zwei Jahre später wurde der Sohn Tom geboren. 1935 emigrierte er auf Grund der politischen Entwicklung in Deutschland nach Wien, wo er nach geschiedener erster Ehe 1938 Erica Lillegg heiratete.

André Breton, Paul Celan, Max Ernst und andere Vertreter der surrealistischen Bewegung gehören zu Jenés geistigen Weggefährten in Wien und Paris. Besonders mit Celan verband ihn eine enge Freundschaft. Im Wien der Nachkriegszeit (1945–50) wurde er zum Förderer und Vermittler des Surrealismus; dort organisierte er gemeinsam mit Paul Celan und Arnulf Neuwirth die erste Surrealismus-Ausstellung. Weiterhin war er in Wien als Bildredakteur für die Zeitschrift "Plan" und als Mitherausgeber der "Surrealistischen Publikationen" tätig. Mit Albert Paris Gütersloh wurde er zum Spiritus Rector der Wiener Schule des Phantastischen Realismus.

Von 1950–65 lebte Jené in Paris. Dort hatte er enge Kontakte zu den Surrealisten, die sich im Umfeld der Galerie Furstenberg als Künstlerkreis etablierten. In dieser Zeit organisierte er etliche Ausstellungen, u. a. auch im Saarland. Von 1965 bis zu seinem Tod lebte er in Demeulaine, einer mittelalterlichen Mühle in La Chapelle St. André (Burgund).


Edgar Jené: Geburt der Vulkane | Museum Schloss Fellenberg | Repro


Der Wiener Publizist und Journalist Otto Basil schreibt über Edgar Jené: "Jenés Bilder überraschen durch die Unmittelbarkeit der rein malerischen Konzeption. In seinen Werken herrscht ein weises Maßhalten und eine meisterlich ökonomische Farbgebung, die in einem gedämpften Kolorit von Mitteltönen ... harmonisch ausschwingt. Was aber den Bildern eine so magische Anziehungskraft verleiht, ist ihre Unwirklichkeit, ihre seltsame Irrealität, die sie gewissen, nur im Traum oder Wachtraum erlebbaren Seelenzuständen annähert". (WIKIPEDIA)

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7 WOCHEN OHNE - Diesmal: SELBER DENKEN! | Sieben Wochen ohne falsche Gewissheiten

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selbst gedacht ...   

DIE EVANGELISCHE FASTENAKTION „7 WOCHEN OHNE"

Mehr als drei Millionen Menschen lassen sich jährlich mit „7 Wochen Ohne“, der Fastenaktion der evangelischen Kirche, aus dem Trott bringen. Sie verzichten nicht nur auf Schokolade oder Nikotin, sondern folgen der Einladung zum Fasten im Kopf: sieben Wochen lang die Routine es Alltags hinterfragen, eine neue Perspektive einnehmen, entdecken, worauf es ankommt im Leben. Seit mehr als 30 Jahren lädt „7 Wochen Ohne“ dazu ein, die Zeit zwischen Aschermittwoch und Ostern bewusst zu erleben und zu gestalten. Dieses Jahr unter dem Motto: "Selber denken! - Sieben Wochen ohne falsche Gewissheiten“.

Immer auf das Bauchgefühl zu hören, das gilt als unreflektiert. Auf unseren Kopf ­ver­lassen wir uns dagegen ganz gerne. Wer vor dem Reden das Gehirn einschaltet, wie es ein alter Kalauer empfiehlt, weiß, was er sagt und tut.


Das aber ist gar nicht so gewiss: Wie viele ungeprüfte Gemeinplätze lagern da so in ­unserem Oberstübchen? Worauf berufen wir uns, wenn wir bekannte Regeln und ­Argumente zitieren? Bahnfahren ist ökologisch sauberer als Autoverkehr, Kinder ­ver­bringen zu viel Zeit am Bildschirm und von Süßigkeiten bekommt man Pickel – das klingt alles richtig und ist schnell mehrheitsfähig. Aber stimmt das – und wie will ich das selber handhaben?

Selber denken!7 Wochen ohne falsche Gewissheiten – das Motto klingt so selbst­verständlich, erweist sich aber in der Praxis als Herausforderung. Denn wenn wir uns in der Fastenzeit darin üben wollen, geht es nicht um sieben Wochen Vernunftherrschaft. Es kann, im Gegenteil, ganz schön unvernünftig sein, selber zu denken. Das Bild vom „Denken ohne Geländer“ hat Hannah Arendt geprägt. Es kann nämlich durchaus ­gefährlich sein, Denkverbote zu ignorieren und den Chef auf einen Fehler hinzuweisen. Mut braucht es auch, Gewohnheiten und Traditionen infrage zu stellen – im Job, in der Familie oder in der Kirche. Und wer gern nörgelt über zu wenig Grün in der Stadt oder blöde ­Kandidaten zur Wahl, sollte mal den Zuschauerraum verlassen und selber ­etwas auf die Beine stellen. Dafür muss man den eigenen Kopf gebrauchen – und ­zunächst mal einen haben!

Das Geländer vermeintlicher Gewissheiten, kritisch geprüft, erweist sich gelegentlich als morsch – und verzichtbar. Das können wir riskieren, weil wir uns auch freihändig ­gehalten wissen dürfen: Zur Freiheit hat uns Christus befreit! So steht nun fest und lasst euch nicht wieder das Joch der Knechtschaft auflegen!, ruft Paulus seinen Gemeinden  zu (Gal 5,1). In dieser Freiheit können sich nicht nur neue Denkräume öffnen, sondern auch Spielraum für Worte und Taten.

So geht es dabei um einen neuen, eigenen Blick auf die Dinge – um vielleicht denkend sich selber und die Welt neu zu entdecken. In gut aufklärerischer Tradition heißt das: „Ich denke, also bin ich“ (René Descartes). Die Bibel benennt es noch existenzieller: Mehr als auf alles andere achte auf deine Gedanken, denn sie entscheiden über dein Leben (Sprüche 4,23). Wir wünschen Ihnen dafür Entdeckergeist, Ketzermut und viel Freude an eigenen Denk-Abenteuern!

Arnd Brummer, Geschäftsführer der Aktion „7 Wochen Ohne“

SELBER DENKEN ! - siehe dazu auch das verwandte Kirchentagsmotto 2015:"damit wir klug werden" ...




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7 Wochen Ohne - Was ist das ... ???

7 Wochen Ohne ist eine bundesweite Fastenaktion der Evangelischen Kirche in Deutschland, die jedes Jahr in der Passionszeit stattfindet. Sie beginnt stets am Aschermittwoch und endet immer am Ostersonntag. Die Fastenaktion gilt in Deutschland mit jährlich mehr als 2 Millionen Teilnehmern als bekannteste kirchliche Aktion nach Brot für die Welt.

1983 beschloss in Hamburg eine Gruppe von Journalisten und Theologen, sieben Wochen lang – von Aschermittwoch bis Ostern – zu fasten. Auf einen Aufruf in einer Kirchenzeitung der Nordelbischen Evangelisch-Lutherischen Kirche meldeten sich 70 Teilnehmer. Ein Jahr später nahmen 300 Menschen teil. Die Idee breitete sich rasch aus, so dass die Koordination 1992 von der Nordelbischen Evangelisch-Lutherischen Kirche an das bundesweit tätige Gemeinschaftswerk der Evangelischen Publizistik in Frankfurt am Main übertragen wurde. 1989 beteiligten sich bereits rund 500.000 Menschen an der kirchlichen Fastenaktion.

Mittlerweile nehmen laut einer Emnid-Umfrage jährlich mehr als 3 Millionen Menschen in Deutschland an der Fastenaktion „7 Wochen Ohne“ teil, wobei die Gesamtzahl der Bundesbürger, die während der Fastenzeit auf bestimmte Nahrungs- und Genussmittel verzichten wollen, gemäß einer forsa-Umfrage von 2007 für das Magazin stern bei rund 11,5 Millionen Menschen liegt.

Das Gemeinschaftswerk der Evangelischen Publizistik organisiert, betreut und unterstützt die Fastenaktion, zum Beispiel durch Medieninformationen, Fastenkalender, Fastenbegleitbriefe und weitere Materialien sowie durch einen eigenen Internetauftritt. Seit 1983 haben sich in Kirchengemeinden, Schulen und Vereinen Tausende von Fastengruppen gebildet, die sich mit lokalen Angeboten an der Aktion beteiligen. Über die jährliche Fastenaktion wird regelmäßig in den Medien berichtet, wie zum Beispiel in Rundfunk-, Fernseh- und Zeitungsbeiträgen.

Nachdem von den Reformatoren das Fasten ganz oder doch zumindest als gutes Werk (vgl. Rechtfertigung) abgelehnt wurde, war der Brauch in den protestantischen Kirchen über die Jahrhunderte in Vergessenheit geraten. Die Aktion hat die ursprünglich gemeinchristliche Tradition im deutschen Protestantismus wieder populär gemacht.

Ziele

Ziel ist die bewusste Gestaltung der Passionszeit. Die Aktion lädt Menschen ein, Alltagsgewohnheiten zu überdenken: Sie verzichten zum Beispiel auf Genussmittel wie Alkohol, Nikotin oder Süßigkeiten oder andere Bequemlichkeiten wie Fernsehkonsum, Fertiggerichte oder Internet. Dadurch schaffen sie Platz für Veränderungen, entwickeln neue Perspektiven und stellen fest, was Lebensqualität ausmacht. Ein weiteres Motiv ist, durch Konsumverzicht Solidarität mit Benachteiligten zu zeigen. Dabei folgt die Aktion der Einsicht „Weniger ist mehr“ und stellt heraus, „7 Wochen OHNE sind auch 7 Wochen MIT“. Denn wo Verzicht ist, sei auch Platz für Neues.

Unterschiede zur römisch-katholischen Fastentradition

Im Gegensatz zur römisch-katholischen Tradition ist das Fasten in den protestantischen Kirchen nicht mit dem Bußsakrament verbunden. Damit fehlt der Heil stiftende Charakter der Buße und mithin die allgemeine Verpflichtung für die Gemeindemitglieder, am Fasten teilzunehmen. Gleichwohl hat die Passionszeit als Zeit der Besinnung und innerer Einkehr ihre Bedeutung in der protestantischen Welt bis heute behalten.
Die Aktion 7 Wochen Ohne steht in dieser Tradition. Sie unterscheidet sich vom traditionellen römisch-katholischen Fastengebot darin, dass es zum einen keine konkreten (Speise-)Vorschriften und zum anderen keine allgemeine Verpflichtung zur Teilnahme gibt. Der Fastenbegriff ist weiter gefasst und beschränkt sich nicht darauf, auf bestimmte Speisen und Genussmittel zu verzichten (traditionell tierische Produkte wie Fleisch und Milch sowie Speiseöl). Er wird ausgedehnt auf die Enthaltsamkeit von persönlichen Gewohnheiten, auf das Umwerfen der eigenen Ordnung im Alltag, um sich frei zu machen von den Zwängen des Alltags, um das eigene Leben neu auf die eigenen inneren Wertvorstellungen und auf Gott auszurichten. Weil es den einzelnen Gläubigen freigestellt ist zu fasten, ist die Teilnahme an der Fastenaktion freiwillig.

Wirkungsgeschichte

Als Ergänzung zur evangelischen Aktion „7 Wochen ohne“ hat die Selbständige Evangelisch-Lutherische Kirche die dezidiert ökumenisch ausgerichtete Aktion „7 Wochen mit“ gestartet. Diese Aktion versteht sich nicht als Konkurrenz, sondern als Weiterentwicklung der evangelischen Fastenaktion. Ziel der Aktion „7 Wochen mit“ ist es, den Fokus weniger auf den Verzicht, sondern auf den Inhalt der Passion Christi zu lenken. Ähnlich verhält es sich mit der Aktion „7 Wochen anders leben“ des ökumenischen Vereins Andere Zeiten in Hamburg. Er verschickt wöchentliche Fastenbriefe und betreibt jeweils von Aschermittwoch bis Ostern eines der bundesweit größten Internetforen zum Thema Fastenzeit. (WIKIPEDIA)


Aschermittwoch: Die Zahl 40 ...

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aufgezählt
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Zum Aschermittwoch: Die Zahl 40 hat im 
Christentum eine hohe Symbolkraft
Symbol der Buße und des Neubeginns


An Karneval darf getrunken, gegessen und gefeiert werden was das Zeug hält. Am Aschermittwoch beginnt dann die 40-tägige Fastenzeit zur Vorbereitung auf Ostern. Ein Zeitraum, der Buße und Besinnung, aber auch Wende und Neubeginn ermöglicht.

40 Tage dauert die Fastenzeit von Aschermittwoch bis Ostern. Dabei werden die Sonntage nicht mitgezählt, da an ihnen nicht gefastet werden durfte. Die Zahl 40 hat in der jüdischen und christlichen Überlieferung eine hohe Symbolkraft. Immer wieder findet sie sich in den Schriften des Alten und des Neuen Testaments.

So ergoss sich der Regen der Sintflut 40 Tage und 40 Nächte auf die Erde. Auch wartete Noah, nachdem die ersten Berge wieder sichtbar wurden, 40 Tage. Erst dann öffnete er das Fenster der Arche, um den Raben heraus zu lassen. Das Volk Israel wanderte nach dem Auszug aus Ägypten 40 Jahre durch die Wüste und durchlief damit eine Zeit der Läuterung. Moses war Gott auf dem Berg Sinai 40 Tage nahe. Die Stadt Ninive hatte 40 Tage, um ihre Sünden zu bereuen. Und auch Jesus ging 40 Tage in die Wüste, um sich durch Gebet und Fasten auf seine Sendung vorzubereiten. Zwischen seiner Auferstehung und Himmelfahrt lagen laut Lukas-Evangelium 40 Tage.

Die Zahl 40: Symbolkraft seit Jahrhunderten

Für Theologen steht die Zahl 40 damit für einen Zeitraum, der zu Buße und Besinnung auffordert, der Wende und Neubeginn ermöglicht. Sie wird gebildet aus dem Produkt von 4 und 10. Die 4 steht dabei üblicherweise für das Weltumspannende, Irdische und Vergängliche. Sie symbolisiert die Himmelsrichtungen, die Elemente Feuer, Erde, Wasser, Luft, die Lebensphasen Kindheit, Jugend, Erwachsensein, Alter und die menschlichen Temperamente. Die 10 gilt als Zahl des in sich Vollendeten, Ganzen: Sie ist die Summe der ersten vier Ziffern 1 + 2 + 3 + 4, bezeichnet die Zahl der Finger und gilt als Symbol des Kreises. Sie dokumentiert ihren ganzheitlichen Anspruch nicht zuletzt in der biblischen Zahl der Zehn Gebote.

Flüssiges Fleisch

Allerdings beschränkte sich das Fasten der Christen zumindest im Mittelalter nicht auf die 40 Tage vor Ostern: Auch der Advent war eine Buß- und Fastenzeit, dazu fast alle Freitage und je nach Region der Mittwoch oder Samstag sowie die drei Bettage vor Christi Himmelfahrt und die Vorabende der Heiligenfeste. Unterm Strich waren zeitweise an rund 150 Tagen im Jahr nur Fisch und Gemüse erlaubt, teilweise sogar Milch und Eier "als flüssiges Fleisch" verboten.

Zuwiderhandlungen gegen die mittelalterlichen Fastengebote wurden bestraft: Von Stockschlägen über Einsperren bei Wasser und Brot bis zum Ausreißen der Zähne reichte das Spektrum. "Es war damals üblich, den Körperteil, der gesündigt hatte, zu bestrafen", weiß der Kirchenhistoriker Klaus Unterburger. Die armen Leute, die Kraut- und Rübenfresser, wie man sie nannte, dürfte das allerdings weniger gestört haben. Herrenspeisen wie Fleisch oder Wild kamen bei ihnen ohnehin fast nie auf den Tisch.

(KNA | domradio.de)

Beltracchi: Fälschen & Zähneputzen

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aufgesessen


Die Beltracchi-Festspiele
Nach dem "Selbstporträt" kommt der Dokumentarfilm über den Fälscher





Bild: nach www.manfredesser.de / www.beltracchi-project.de



"Malen war bei uns wie Zähneputzen"

VON ANKE GROENEWOLD | NEUE WESTFÄLISCHE

Lange haben andere über den 2011 zu sechs Jahren Haft verurteilten Kunstfälscher Wolfgang Beltracchi geschrieben. Jetzt ist es an dem in Höxter geborenen 62-Jährigen, seine Geschichte zu vermarkten. Der Alt-Hippie arbeitet auf allen medialen Kanälen daran, sich als schlitzohriger Rebell zu verkaufen, der es dem überhitzten Kunstmarkt mal so richtig gezeigt hat. Aber eine Heldengeschichte zu zeichnen, scheint nicht so einfach zu sein, wie einen Max Ernst zu fälschen. 

Die Beltracchi-Festwochen begannen am 16. Januar in der Wochenzeitung Die Zeit und sagenhaften vier Seiten über den "begnadeten Kriminellen" samt Interview und einem Vorabdruck aus dem "Selbstporträt" des Ehepaars Beltracchi. Das 600 Seiten starke Buch brachte der Verlag Rowohlt überraschend einen Tag später heraus. Am 31. Januar saß Beltracchi mit seiner Frau in der Talkshow "3 nach 9". Wo immer sich die beiden präsentieren - sie sind stets gut gelaunt und lachen über ihre eigene Cleverness und die Nachlässigkeit derer, die ihnen auf den Leim gegangen sind und gehen wollten. 

Der Film ist so launig wie sein Protagonist

Dass der kenntnisreiche Autodidakt nicht nur kopiert, sondern handwerklich beachtliche Werke im "Stile von" in die Lücken der Kunstgeschichte hineingemalt hat, trug ihm viel Bewunderung ein. Ein Mann aus armen Verhältnissen, der den entfesselten (Kunst-)Kapitalismus austrickst - das ist ein faszinierendes Schelmenstück, das Beltracchi für manche fast zum Helden werden lässt. Doch sowohl das weitschweifige "Selbstporträt" als auch Arne Birkenstocks erhellend-unterhaltsamer Dokumentarfilm zeigen auf, dass die Sache so einfach nicht ist. 

Der Film ist so launig wie sein Protagonist, temporeich, visuell originell und mit treibender Popmusik unterlegt. Arne Birkenstock gibt dem Paar viel Raum zur Selbstdarstellung. Ein Glücksfall, denn Beltracchi begreift den Film als seine Bühne, auf der er sich großspurig inszeniert. Bereitwillig öffnet das Paar seine Türen, stellt Szenen nach, öffnet das Fotoalbum. 

Beltracchi führt vor, wie man fälscht. Auf dem Flohmarkt spürt er ein wertloses altes Bild auf, entfernt die Farbe, bemalt die Leinwand neu und stopft den Original-Dreck von 1915 wieder in den Rahmen. Der Filmemacher hat das Paar beim Auszug aus der Villa in Freiburg begleitet und dokumentiert ihren Abschied von ihrer Domäne in Südfrankreich, inklusive eines heiteren Abendessens mit französischen Freunden. Einer vergleicht Beltracchi mit Robin Hood. Ein anderer sagt: "Wir bewundern dich." Beltracchi lächelt. 

Stolz wird zum Leitmotiv des amüsanten Porträts, das Chuzpe, aber auch Gier und Skrupellosigkeit aufzeigt. Aufgeflogen ist Beltracchi 2008 mit dem Bild "Rotes Bild mit Pferden". Dass manche die Fälschung als "schönsten Campendonk" rühmten, schmeichelt ihm immer noch. Vergnügt stellen die Beltracchis nach, wie sie ein "historisches" Foto fingierten, das die Echtheit der Fälschungen untermauern sollte. Darauf sei er "bis heute stolz", sagt Beltracchi. Er ist oft stolz. 

Vor laufender Kamera malt er einen Wald à la Max Ernst und schwärmt: "Das wird ein richtig tolles Bild, der schönste Max Ernst, den ich je gemacht habe". Mehr noch: Sein Wald sei sogar schöner als der von Ernst. Der Regisseur mag der Sohn des Beltracchi-Verteidigers sein, aber man kann ihm nicht vorwerfen, die Arbeit seines Vaters mit filmischen Mitteln fortzusetzen. Er verzichtet auf Kommentare, montiert aber entlarvend. So kontrastiert er Beltracchis Aussage "Eine Idee macht noch keine großen Maler" mit einer historischen Filmsequenz. Darin erzählt Max Ernst von kreativen Blockaden und wie er die Eingebung hatte, mit Abrieben zu arbeiten. So etwas ist dem virtuosen Handwerker Beltracchi fremd. Herzblut stecke er in seine Frau und in Kinder, nicht in die Malerei. Die sei schon bei Familie Fischer nichts Besonderes gewesen, sondern so normal "wie Zähneputzen". Die verzweifelte Suche nach Originalität habe ihn nie interessiert, gesteht er im Buch. 

Stolz und Selbstlob treffen bei Beltracchi auf unterentwickeltes Unrechtsbewusstsein. Im Buch legt er dar, dass er den Betrug bereue, nicht aber das Malen der Bilder. Die Fälschungen verklärt er zur aufklärerischen Mission. Sie hätten "die Idee des autonomen Kunstwerks, des Originals und seiner Einmaligkeit in Frage gestellt". Und das sei notwendig gewesen. Dass er Schaden angerichtet hat, davon will er nichts hören. "Sie immer mit Ihrem Schaden. . .", spöttelt er im Film. 

"Illegalität schreckte mich nicht"

Für ihn sei es eine Frage der Moral gewesen, sich den Verlockungen der Kunstszene zu widersetzen, diesem "Schmierentheater", betont er im Buch. "Meine Ablehnung gründete sich auf einem Anarchismus, der vor allem gegen die Kunst-Gesellschaft und ihr Regelwerk gerichtet war. Illegalität schreckte mich nicht. . ." Im Film immer wieder Ausflüchte: "Ich selbst habe ja auch nie ein Bild verkauft, also ich persönlich." 


Bild: nach: SENATOR
Birkenstock lässt weitere Menschen vor die Kamera treten, die den bizarren Kunstmarkt beleuchten. Der hat es dem Fälscher so leicht gemacht, dass man sagen kann, dass er Beltracchi verdient hat. 

Faszinierend ist, wie der Betrüger in der Gier nach Geld und Luxus jenen gleicht, die er verachtet. Denn selbst als er ahnt, dass sich die Schlinge um seinen Hals enger zieht, malt er weiter. "Ich war richtig geil auf einen Palazzo in Venedig." 

In seinem Atelier in Bergisch Gladbach malt Beltracchi jetzt weiter. Seine Strafe verbüßt er im offenen Vollzug. Den Wald im Stil von Max Ernst signiert er legal mit "Ernst Beltracchi". Dafür gebe es einen Markt, glaubt Kunsthistoriker Henry Keazor. Wenig kommerzielle Chancen gibt er einem eigenständigen Gemälde Beltracchis. Es zeigt einen fallenden Engel.



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Kindheit im Kreis Höxter

Geboren 1951 in Höxter, verbrachte Wolfgang Fischer seine ersten sieben Lebensjahre in dem Dorf Altenbergen, heute ein Ortsteil von Marienmünster im Kreis Höxter. 1944 waren seine Mutter und seine vier Geschwister im Selfkant ausgebombt worden. Der Vater geriet in Kriegsgefangenschaft und kam 1948 nach Altenbergen. "Es hielt ihn nicht lange im Dorf", schreibt der Kunstfälscher, der später den Namen seiner Frau Helene Beltracchi annahm. "Er fand eine Arbeit in Paderborn, bei der britischen German Service Organisation auf Schloss Neuhaus restaurierte er die beschädigten Wandmalereien". Da seine Geschwister alle älter gewesen seien, sei er allein aufgewachsen. Die Kinder im Dorf hätten ihn gemieden. "Wegen meines albinohaften Aussehens und meiner Introvertiertheit war ich ihnen suspekt." 

Beltracchi erinnert sich an den Wald, die Gerüche. "Ameisenhügel auf geheimnisvollen Lichtungen wecken in mir noch immer ein Gefühl von Heimat, oder besser: ein Gefühl vom Verlust von Orten, die Heimat hätten werden können." 1957 zog Familie Fischer nach Geilenkirchen, Heimatort der Mutter. (groe)
  • Aus: Helene & Wolfgang Beltracchi: "Selbstporträt", Rowohlt, 608 S., 29,95 €. 
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© 2014 Neue Westfälische, Mittwoch 05. März 2014
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